Die Familie: Roman (German Edition)
ihnen zusammen warten.«
»Ja. Die Feuerwehr wird früher oder später alle rausholen.«
»Es würde mir nichts ausmachen, selbst wenn es einen Tag oder noch länger dauert, solange ich bei Darcy bin.«
»Und wir haben die Schokoriegel«, erinnerte Hank sie.
»Ja. Niemand wird verhungern.«
Chris hatte plötzlich das Gefühl, ein schreckliches Gewicht würde von ihren Schultern genommen. Sie musste sich nicht länger mit dem drohenden Rückweg auseinandersetzen.
Hank und sie würden mit ihren Töchtern und den übrigen Touristen im sicheren Teil der Höhle bleiben und schließlich von der Feuerwehr oder einem anderen Rettungsdienst durch die Aufzugsschächte hochgezogen werden. Sie würde nicht noch einmal zwischen Mordocks Toten wandeln müssen.
»Vielleicht können wir den anderen Zugang finden«, sagte Hank. »Den, den Mordock benutzt hat.«
Ihre Erleichterung begann zu schwinden.
»Ich will nicht auf Erkundungstour gehen – du etwa?«
»Tja …«
»Ich glaube, wir sollten einfach zu den anderen gehen und …«
»Was ist das?« Hank nickte nach rechts.
Chris war sich nicht sicher, ob sie hinsehen wollte.
»Da drüben, bei dem großen Felsbrocken.«
Er klang neugierig, nicht angewidert oder argwöhnisch, deshalb blickte Chris hinüber. Über den Höhlenboden zog sich am Rand des Laternenscheins ein dunkler Schlitz, der parallel zum Fluss zu verlaufen schien.
»Eine Spalte?«, fragte Chris. »Vielleicht die, in die Elizabeth Mordock gefallen ist.«
»Willst du einen Blick hineinwerfen?«
»Nein. Lass uns einfach weitergehen, ja?«
»Vielleicht ist der versteckte Eingang …«
»Einer von uns könnte stürzen. Außerdem interessiert mich der versteckte Eingang nicht. Wenn ich Tageslicht sehe, dann interessiert es mich. Ansonsten sollten wir keine Umwege machen, okay?«
»Ich glaube, du hast recht.«
Sie gingen weiter.
»Seit wann bist du ein Höhlenforscher?«, fragte Chris. »Und was ist eigentlich aus deiner Klaustrophobie geworden?«
»Danke, dass du mich daran erinnerst. Das hatte ich ganz vergessen.«
»Wie kann man Klaustrophobie vergessen?«
»Ich werde meinen Seelenklempner fragen, falls ich jemals zu einem gehen sollte.«
»Spürst du überhaupt keine Symptome mehr?«
»Ganz leicht, allerhöchstens.«
»Der Schreck muss sie vertrieben haben.«
»Könnte sein.«
»Die ganzen schrecklichen Knochen und …«
Sie sah Tageslicht.
»Großer Gott«, flüsterte sie.
Ein fahler, diffuser Schein in der Dunkelheit jenseits der Reichweite der Laterne.
»Kaum zu fassen«, murmelte Hank. »Du hast gesagt, wenn du Tageslicht sehen würdest …«
»Stimmt, das habe ich gesagt. Und ich meinte es ernst. Gott, es wird immer besser.«
Sie folgten weiter dem Flusslauf, doch Chris behielt das ferne Licht im Blick. Es füllte eine Öffnung von der Größe einer Tür aus, die in der Nähe der rechten Höhlenwand lag. Manchmal verschwand es, wenn Felsformationen die Sicht versperrten. Dann tauchte es in geringerer Entfernung wieder auf.
Sie hoffte, dass der Fluss direkt dorthin führte.
Doch als sie auf einer Höhe mit dem schwachen Lichtschein waren, befand er sich immer noch rechts von ihnen. Sie blieben stehen und starrten zur Öffnung.
»Willst du hier warten, während ich es mir ansehe?«, fragte Hank.
»Du machst Witze.«
»Also, dann gehe ich wohl besser vor.« Er ließ den Kopf der Spitzhacke ins Wasser sinken und lehnte den Stiel gegen die Böschung.
Chris gab ihm die Laterne.
Er kletterte am Ufer hinauf. Chris nahm die Spitzhacke, schwang sie sich über die Schulter und folgte ihm. Als er zurückblickte, sagte er: »Ich dachte, wir lassen die Spitzhacke da liegen.«
»So müssen wir sie hinterher nicht suchen«, erklärte sie. »Außerdem …«
»Was?«
»Ich finde einfach, wir sollten sie mitnehmen. Man kann nie wissen.«
»Soll ich sie tragen?«
» Und die Laterne?«
»Hm, wir könnten tauschen.«
»Mir wäre lieber, wenn du vorgehst. Ich komme schon klar mit dem Ding.«
Hank zuckte die Achseln und ging weiter. Chris blieb dicht hinter ihm. Sie schlängelten sich durch die vom Höhlenboden aufragenden Felsformationen, die ihnen den Weg versperrten. Der Schein des blassen Lichts wurde größer. Chris sah, dass es aus einer Öffnung in der Höhlenwand drang.
Hank blieb vor der Öffnung stehen. Als er sich vorbeugte und die Laterne hindurchschwang, spähte Chris über seine Schulter.
Die Kammer vor ihnen hatte einen Durchmesser von ungefähr sechs Metern. Auf dem Boden
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