Die Farbe der Gier
oder ihre Familien bereits in Rumänien Kontakt? Und drittens, war Anna Petrescu die Auftragsmörderin?
Ohne darauf zu warten, dass Leapman seinen Kaffee ausgetrunken hatte, kritzelte Fenston seine Unterschrift auf die Frühstücksrechnung, stand auf und marschierte aus dem Restaurant. Er trat in den Aufzug und wartete, dass Leapman den Knopf zum 83. Stockwerk drückte. Eine Gruppe Japaner in dunkelblauen Anzügen und schlichten Seidenkrawatten stieg mit ein. Sie hatten ebenfalls im Windows on the World gefrühstückt.
Fenston sprach in Aufzugskabinen niemals über geschäftliche Angelegenheiten; ihm war sehr wohl bewusst, dass mehrere Konkurrenten in den Stockwerken über und unter ihm residierten.
Als sich die Aufzugstüren im 83. Stock öffneten, folgte Leapman seinem Herrn und Meister aus der Kabine, entfernte sich jedoch dann zur anderen Seite und begab sich direkt zu Petrescus Büro. Er öffnete ihre Tür ohne anzuklopfen und stieß auf Annas Assistentin Rebecca. Sie bereitete gerade die Akten vor, die Anna für ihr Treffen mit dem Vorsitzenden benötigen würde. Leapman bellte eine Reihe von Anweisungen, die keine Fragen zuließen. Rebecca legte sofort die Akten auf Annas Schreibtisch ab und machte sich auf die Suche nach einem großen Pappkarton.
36
Leapman kehrte in den Flur zurück und marschierte in das Büro des Vorsitzenden, um die Taktik für den Showdown mit Anna durchzugehen. Obwohl sie dieselbe Prozedur in den vergangenen acht Jahren bereits drei Mal durchgezogen hatten, warnte Leapman den Vorsitzenden, dass es dieses Mal anders laufen könnte.
»Wie meinen Sie das?«, fragte Fenston.
»Ich denke nicht, dass die Petrescu einfach kampflos gehen wird«, erklärte Leapman.
»Ich kann es kaum erwarten.« Fenston rieb sich die Hände.
»Herr Vorsitzender, unter den gegebenen Umständen wäre es vielleicht vernünftiger, wenn ich …«
Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihr Gespräch. Fenston sah Barry Steadman, den Sicherheitschef der Bank, in der Tür stehen.
»Tut mir Leid, Sie zu stören, Herr Vorsitzender, aber da ist ein FedEx-Kurier, der behauptet, ein Päckchen für Sie zu haben, für das niemand anderes zeichnen darf.«
Fenston winkte den Kurier herein und setzte in dem kleinen, länglichen Gerät wortlos seine Unterschrift neben seinen Namen. Leapman sah zu, doch keiner von ihnen sprach, solange der Kurier nicht gegangen war und Barry die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Ist es das, was ich glaube?«, fragte Leapman leise.
»Das werden wir gleich feststellen.« Fenston riss das Päckchen auf und leerte den Inhalt auf den Schreibtisch.
Sie starrten beide auf das linke Ohr von Victoria Wentworth.
»Sorgen Sie dafür, dass die Krantz die andere halbe Million erhält«, ordnete Fenston an. Leapman nickte. »Wie passend«, meinte Fenston und betrachtete den wertvollen Diamantohrring.
37
Anna war kurz nach sieben mit dem Packen fertig. Sie stellte ihren Koffer in den Flur, um ihn nach der Arbeit auf dem Weg zum Flughafen gleich mitnehmen zu können. Ihr Flug nach London ging um 17 Uhr 40 und sollte am folgenden Tag kurz vor Sonnenaufgang in Heathrow eintreffen. Anna zog den Nachtflug vor, bei dem sie schlafen konnte und immer noch genug Zeit hatte, um sich herzurichten, bevor sie sich zum Mittagessen mit Victoria in Wentworth Hall traf. Sie hoffte nur, dass Victoria ihren Bericht gelesen hatte und einsah, dass ein Verkauf des van Gogh eine simple Lösung für all ihre Probleme darstellte.
Anna verließ ihr Apartmentgebäude kurz nach 7 Uhr 20 zum zweiten Mal an diesem Morgen. Sie rief sich ein Taxi – eine Extravaganz, aber gerechtfertigt, da sie für den Vorsitzenden so gut wie möglich aussehen wollte. Sie setzte sich in den Fond und prüfte im Schminkspiegel ihr Aussehen. Ihr vor kurzem erstandenes Anand Jon-Kostüm und die weiße Seidenbluse verdrehten sicher einigen die Köpfe. Obwohl manch einer über ihre schwarzen Turnschuhe staunen würde.
Das Taxi bog auf den FDR-Drive und legte an
Geschwindigkeit zu. Anna holte ihr Handy hervor. Es gab drei Nachrichten, um die sie sich aber erst nach dem Treffen kümmern würde: eine von ihrer Sekretärin Rebecca, die dringend mit ihr sprechen wollte, was Anna überraschte, da sie einander doch in wenigen Minuten sehen würden; eine Bestätigung ihres Fluges durch British Airways und eine Einladung zum Abendessen von Robert Brooks, dem neuen Vorsitzenden von Bonhams.
20 Minuten später hielt ihr Taxi vor dem Eingang zum
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