Die Farbe der Gier
Richter.
Wenn sie bis dahin das Original nicht ausgehändigt hat, fällt der Wentworth-Besitz automatisch an Sie; dann können wir den Rest der Sammlung verkaufen, bis die Schulden getilgt sind.
Das könnte allerdings Jahre dauern.«
»Wenn die Krantz ihre Sache morgen Abend ordentlich erledigt, wird die Schuld niemals getilgt«, sagte Fenston.
»Darum habe ich Sie zu mir gerufen. Ich will, dass Sie den Rest der Wentworth-Sammlung zum frühestmöglichen Zeitpunkt unter den Hammer bringen. Teilen Sie die Gemälde zwischen Christie’s, Sotheby’s, Phillips und Bonhams auf und sorgen Sie dafür, dass sie alle zur selben Zeit versteigert werden.«
»Das überflutet den Markt und wird die Preise zweifellos absacken lassen.«
»Genau das ist meine Absicht«, erklärte Fenston. »Wenn ich mich recht erinnere, hat die Petrescu den Wert der Sammlung auf ungefähr 35 Millionen geschätzt, aber ich bin schon froh, wenn wir 15 bis 20 bekommen.«
»Dann fehlen aber immer noch zehn Millionen.«
»Wie schade.« Fenston lächelte. »In diesem Fall habe ich keine andere Wahl, als Wentworth Hall zu verkaufen und alles zu verscherbeln, bis zur letzten Rüstung.« Fenston hielt inne.
»Sorgen Sie dafür, den Besitz den drei angesagtesten Maklern in London vorzulegen. Sagen Sie ihnen, sie dürfen teure Farbprospekte drucken lassen, in allen Hochglanzmagazinen werben und auch in ein oder zwei landesweiten Zeitungen eine halbe Anzeigenseite schalten. Das wird zu weiteren Gerüchten führen. Wenn ich mit Lady Arabella fertig bin, wird sie nicht 370
nur mittellos sein, sondern – wie ich die britische Presse kenne –
auch zutiefst gedemütigt.«
»Und die Petrescu?«
»Es ist ihr Pech, dass sie zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort sein wird.« Fenston konnte sein hämisches Grinsen nicht unterdrücken.
»Dann wird die Krantz also zwei Fliegen mit einer Klappe erledigen«, konstatierte Leapman.
»Darum will ich, dass Sie sich darauf konzentrieren, den Bankrott des Wentworth-Anwesens einzuleiten, damit Lady Arabella einen noch langsameren Tod erleidet.«
»Ich mache mich sofort daran.« Leapman wandte sich zum Gehen. »Viel Glück bei Ihrer Rede, Herr Vorsitzender«, sagte er noch, als er zur Tür kam.
»Rede?«, fragte Fenston.
Leapman sah den Vorsitzenden an. »Ich dachte, Sie sprechen heute Abend auf der Jahresversammlung der Banker im Sherry Netherland.«
»Verdammt, Sie haben Recht. Wo zur Hölle hat Tina meine Rede hin?«
Leapman lächelte, aber erst, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er kehrte in sein Büro zurück, setzte sich an seinen Schreibtisch und ging noch einmal durch, was Fenston ihm soeben mitgeteilt hatte. Sobald das FBI alle Details erfuhr, wo sich die Krantz morgen Abend aufhielt und wer ihr nächstes Opfer war, würde das Büro des Staatsanwalts seine Strafe noch weiter reduzieren, da war er sich sicher. Und wenn er den entscheidenden Beweis liefern konnte, der Fenston mit der Krantz in Verbindung brachte, würden sie seine Strafe womöglich zur Bewährung aussetzen.
Leapman zog die winzige Kamera, die das FBI ihm zur Verfügung gestellt hatte, aus der Innentasche seines Jacketts. Er 371
überlegte, wie viele Dokumente er wohl fotografieren konnte, während Fenston seine Rede bei der Jahresversammlung der Banker hielt.
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48
UM 19 UHR 16schalte Leapman das Licht in seinem Büro aus und trat in den Flur. Er schloss die Tür, verriegelte sie jedoch nicht. Dann ging er zu den Aufzügen. Er war sich bewusst, dass das einzige Büro, in dem noch Licht brannte, das des Vorsitzenden war. Leapman trat in einen leeren Aufzug und wurde rasch zum Erdgeschoss getragen. Langsam ging er zum Empfang und trug sich aus. Es war 19 Uhr 19. Eine Frau, die hinter ihm stand, trat vor und trug sich ebenfalls aus, während Leapman einen Schritt zurück ging, den Blick fest auf die beiden Wachmänner hinter der Theke geheftet. Einer überwachte den steten Fluss an Leuten, die das Gebäude verließen, während der andere sich um ein Paket kümmerte, für dessen Erhalt er unterschreiben musste. Leapman wich immer weiter zurück, bis er den leeren Aufzug erreichte. Er schlüpfte hinein und stellte sich an die Seite, damit die Wachmänner ihn nicht länger sehen konnten. Er drückte den Knopf für das 31.
Stockwerk. Weniger als eine Minute später trat er in einen stillen Korridor.
Er ging zum anderen Ende des Flurs, öffnete die
Notausgangstür und stieg in den 32. Stock hinauf. Dort stieß er die
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