Die Farbe der Gier
von van Gogh neben ihr auf das Laken fiel, ohne dass ein Tropfen Blut vergossen wurde. Als die Krantz sich zurücklehnte, um ihren Triumph zu genießen, stieß Anna den schweren Rahmen auf ihren Kopf zu, aber die Krantz war schneller, als Anna gedacht hatte, und konnte sich rasch umdrehen, einen Arm heben und den Schlag mit der linken Schulter abwehren. Anna sprang vom Bett, während die Krantz den Rahmen zur Seite stieß und sich vom Bett stemmte. Anna brachte sogar einen Schritt in Richtung Tür zustande, bevor die Krantz vom Bett herunter auf sie sprang und ihr die Spitze der Klinge ins Bein rammte, als Anna gerade zum zweiten Schritt ansetzen wollte. Anna stolperte und fiel, nur wenige Zentimeter von der Tür entfernt. Blut spritzte in alle Richtungen. Die Krantz war nur einen Schritt hinter ihr, als Anna den Türknauf berührte, aber bevor sie ihn umdrehen konnte, hatte die Krantz sie an den Haaren gepackt und Anna zu Boden gezerrt. Die Krantz hob das Messer über ihren Kopf und die letzten Worte, die Anna sie sagen hörte, lauteten: »Dieses Mal ist es etwas Persönliches.«
Die Krantz wollte gerade den rituellen Schnitt durchführen, als die Schlafzimmertür aufgestoßen wurde. Nicht von einem Butler, der eine Tasse heiße Schokolade brachte, sondern von einer Frau mit einer Schrotflinte unter dem rechten Arm. Ihre Hände und das schimmernde Seidenkleid waren blutgetränkt.
Die Krantz war vorübergehend wie erstarrt, als sie zu Lady Victoria Wentworth aufsah. Hatte sie diese Frau nicht schon umgebracht? Sah sie einen Geist vor sich? Die Krantz zögerte, wie hypnotisiert, während die Erscheinung auf sie zukam. Die 435
Krantz konnte den Blick nicht von Arabella wenden, während sie gleichzeitig noch das Messer vor Annas Hals hielt, die Klinge nur Zentimeter von Annas Haut entfernt.
Arabella hob die Flinte, während die Krantz langsam nach hinten trat und dabei ihre Beute über den Boden zum geöffneten Fenster mit sich zerrte. Arabella entsicherte die Waffe. »Noch ein einziger Tropfen Blut«, sagte sie, »und ich puste Sie in Ihre Einzelteile. Mit Ihren Beinen fange ich an und die zweite Ladung hebe ich mir für Ihren Bauch auf. Aber ich werde Sie nicht gleich töten. Nein, ich verspreche Ihnen einen langsamen, schmerzhaften Tod und ich werde erst den Notarzt rufen, wenn ich davon überzeugt bin, dass er nichts mehr tun kann, um Sie zu retten.« Arabella senkte die Waffe langsam. Die Krantz zögerte. »Lassen Sie sie los«, sagte Arabella, »dann schieße ich nicht.« Arabella brach den Lauf der Flinte und wartete. Es überraschte sie, wie viel Angst die Krantz hatte, während Anna bemerkenswert gefasst blieb.
Ohne Vorwarnung ließ die Krantz Annas Haare los und warf sich seitlich aus dem offenen Fenster, wobei sie auf dem Balkon landete. Arabella ließ die Flinte wieder einschnappen, hob sie und feuerte – alles in einer einzigen, fließenden Bewegung. Das Fenster explodierte und übrig blieb nur ein klaffendes Loch.
Arabella lief hinüber und brüllte: »Jetzt, Andrews!«, als ob sie einen Schießbefehl bei der Fasanenjagd erteilte. Eine Sekunde später wurde die Sicherheitsbeleuchtung des Rasens eingeschaltet, so dass er wie ein Fußballfeld aussah, auf dem ein einziger Spieler in Richtung Tor lief.
Arabellas Blick erfasste die winzige, schwarze Gestalt, die im Zickzack über den Rasen lief. Arabella hob die Flinte ein zweites Mal, presste den Kolben fest gegen ihre Schulter, zielte, holte tief Luft und drückte ab. Einen Augenblick später fiel die Krantz zu Boden, brachte es aber dennoch irgendwie fertig, weiter auf die Mauer zuzukriechen.
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»Verdammt«, fluchte Arabella. »Nur ein Streifschuss!« Sie rannte aus dem Zimmer, die Treppe hinunter und rief, lange bevor sie unten ankam: »Noch zwei Patronen, Andrews.«
Andrews öffnete mit der Rechten die Eingangstür und reichte ihrer Ladyschaft mit der Linken zwei weitere Patronen. Arabella lud rasch nach, lief dabei die Stufen hinunter. Sie konnte gerade noch eine winzige, schwarze Gestalt ausmachen, die zum geöffneten Tor lief, aber Arabella gewann mit jedem Schritt an Boden. Sobald die Krantz in Schussweite war, blieb Arabella mitten auf dem Rasen stehen, hob die Flinte und presste sie gegen ihre Schulter. Sie wollte gerade abdrücken, als aus dem Nichts drei Streifenwagen und ein Krankenwagen durch die Pforten donnerten. Die Scheinwerfer blendeten Arabella und sie konnte ihre Beute nicht länger sehen.
Der erste Wagen blieb mit
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