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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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enttäuscht. Dann richtete sich sein Blick auf die Holzkiste.
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    »Ein kleines Geschenk«, sagte Anna lächelnd.
    »Wenn das der Fall ist, dann kann ich es erst öffnen, nachdem Sie gegangen sind, sonst würde ich Sie beleidigen.« Anna nickte, sie war sich dieses Brauches bewusst. »Bitte setzen Sie sich, junge Dame.«
    Anna lächelte.
    »Also, warum sind Sie hier?«, fragte er, lehnte sich auf seinem Sessel zurück und sah sie aufmerksam an.
    »Ich glaube, ich habe ein Gemälde, dem Sie nicht widerstehen können.«
    »So gut wie das Pastellbild von Degas?«, fragte Nakamura und ließ Anzeichen erkennen, dass ihm das Spiel gefiel.
    »Oh ja«, meinte sie ein wenig zu begeistert.
    »Künstler?«
    »Van Gogh.«
    Nakamura lächelte ein nicht zu deutendes Lächeln, das nicht verriet, ob er interessiert war oder nicht.
    »Titel?«
    » Selbstporträt mit abgeschnittenem Ohr. «
    »Mit einem berühmten japanischen Druck an der Wand hinter dem Künstler, wenn ich mich recht entsinne«, sagte Nakamura.
    » Geishas in Landschaft « , bestätigte Anna. »Es offenbart van Goghs großes Interesse an der japanischen Kultur.«
    »Man hätte Sie ›Eva‹ taufen sollen«, meinte Nakamura. »Aber jetzt bin ich an der Reihe.« Anna wirkte überrascht, sagte jedoch nichts. »Ich nehme an, es ist das Wentworth -Selbstporträt, das der fünfte Marquis erstanden hat?«
    »Earl.«
    »Earl. Ach, werde ich bei den englischen Titeln jemals den Durchblick erlangen? Für mich ist und bleibt Earl ein amerikanischer Vorname.«
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    »Der ursprüngliche Besitzer?«, erkundigte sich Anna.
    »Dr. Gachet, van Goghs Freund und Bewunderer.«
    »Und das Datum?«
    »1889«, erwiderte Nakamura, »als van Gogh in Arles wohnte und sich ein Atelier mit Paul Gauguin teilte.«
    »Und wieviel hat Dr. Gachet für das Bild bezahlt?«, fragte Anna. Sie war sich bewusst, dass nur wenige Menschen auf Erden es wagen würden, diesen Mann herauszufordern.
    »Man denkt immer, dass van Gogh in seinem Leben nur ein einziges Bild verkaufte, nämlich Der rote Weinberg. Doch Dr.
    Gachet war nicht nur ein enger Freund, sondern
    unzweifelhaft auch van Goghs Wohltäter und Mäzen. Dem Brief, den er nach Erhalt des Bildes schrieb, fügte er einen Scheck über 600 Francs bei.«
    »800«, korrigierte Anna, öffnete ihren Aktenkoffer und reichte ihm eine Kopie des Briefes. »Meine Auftraggeberin besitzt das Original«, versicherte sie ihm.
    Nakamura las den Brief auf Französisch, sah auf und lächelte.
    »Welche Summe schwebt Ihnen vor?«, fragte er.
    »60 Millionen Dollar«, sagte Anna ohne zu zögern.
    Einen Augenblick lang schien das unergründliche Gesicht verwirrt, aber er sagte lange nichts. »Warum wird so ein anerkanntes Meisterwerk so weit unter Preis verkauft?«, fragte er schließlich. »Da muss es einen Haken geben.«
    »Der Verkauf darf nicht publik gemacht werden«, erwiderte Anna.
    »Das war immer meine Gepflogenheit, wie Sie sehr wohl wissen«, hielt Nakamura dagegen.
    »Und Sie werden das Bild mindestens zehn Jahre lang nicht verkaufen.«
    »Ich kaufe Bilder«, sagte Nakamura, »ich verkaufe Stahl.«
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    »Während dieser Zeit darf das Bild nicht öffentlich ausgestellt werden.«
    »Wen wollen Sie schützen, junge Dame«, fragte Nakamura schonungslos. »Bryce Fenston oder Victoria Wentworth?«
    Anna erwiderte nichts. Sie verstand jetzt, warum der Vorsitzende von Sotheby’s einmal gesagt hatte, dass man diesen Mann nur auf eigene Gefahr unterschätzen dürfe.
    »Es war impertinent von mir, eine solche Frage zu stellen«, räumte Nakamura ein. »Ich entschuldige mich.« Er erhob sich.
    »Vielleicht erlauben Sie mir freundlicherweise, Ihr Angebot zu überschlafen.« Er verneigte sich und zeigte damit an, dass das Gespräch beendet war.
    »Natürlich, Nakamura San.« Sie erwiderte die Verbeugung.
    »Bitte lassen Sie das San weg, Dr. Petrescu. Auf Ihrem Fachgebiet bin ich Ihnen nicht ebenbürtig.«
    Sie wollte sagen, bitte nennen Sie mich Anna; auf Ihrem Fachgebiet weiß ich absolut nichts – aber sie hatte allen Mut verloren.
    Nakamura ging auf sie zu und sah zur Holzkiste. »Ich freue mich schon auf den Inhalt dieser Kiste. Vielleicht können wir uns morgen wiedersehen, Dr. Petrescu? Nachdem ich etwas mehr Zeit gehabt habe, über Ihren Vorschlag nachzudenken.«
    »Danke, Mr. Nakamura.«
    »Sagen wir 10 Uhr? Ich schicke meinen Chauffeur um 9 Uhr 40 zu Ihnen.«
    Anna verneigte sich zum Abschied und Mr.
    Nakamura
    erwiderte das Kompliment. Er begleitete sie zur

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