Die Farbe Der Leere
mir leid, Detectives, aber ich müsste bald mal abschließen. Ich muss zum Fußballspiel meiner Tochter. Kann ich noch was für Sie tun, bevor ich gehe?«
»Ja, das können Sie tatsächlich«, sagte Russo. »Erzählen Sie mir von dem Lieferwagen, den Mr. Hicks fährt.«
Kesslers Stirn kräuselte sich fragend. Hicks' Miene blieb ausdruckslos.
»Was gibt es da zu erzählen? Wir haben drei davon.«
»Benutzt sonst noch jemand den, mit dem Hicks fährt?«
Kessler zuckte die Achseln. »Wenn es mal nötig ist. Er gehört der Firma. Lamar fährt damit nach Hause und zur Abendschule und zurück. Er muss ja früh hier sein. Im Winter noch bevor es hell wird. Da ist das sinnvoll.«
»Haben Sie was dagegen, wenn wir uns den Lieferwagen mal ansehen?«, fragte Malone.
»Ach wo, warum sollte ich?«
»Entschuldigen Sie uns eine Minute«, sagte Russo und zog Malone am Arm durch die Tür auf den Gehweg vor dem kleinen Büro.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte sie, sowie sie außer Hörweite waren. »Wenn wir den Lieferwagen ohne Hicks' Einwilligung durchsuchen und was finden, können wir es höchstwahrscheinlich vor Gericht nicht verwenden. Unverletzlichkeit der Privatsphäre. Und wir haben nicht genug für einen Durchsuchungsbefehl.«
»Wir haben gar nichts«, sagte Russo. »Also los, wir fragen Hicks jetzt, ob er uns lässt. Vielleicht möchte er sich im Beisein seines Chefs nicht weigern.«
Als sie das Büro wieder betraten, hatte Kessler seine Autoschlüssel in der Hand. »Wie ich schon sagte, ich muss los.«
»Nur noch eine Minute«, sagte Russo mit erhobener Hand und wandte sich an Lamar. »Da Ihr Chef keine Einwände hat, was halten Sie davon, wenn wir einen Blick in Ihren Wagen werfen?«
»Hab ich das zu entscheiden?«, fragte er harmlos.
»Sicher«, sagte Kessler mit einem Achselzucken.
Malone und Russo nickten.
»Wenn es meine Entscheidung ist, sage ich nein.«
»Okay«, sagte Kessler, »ich muss los.« Er öffnete die Tür.
»Warten Sie«, sagte Russo. »Gerade eben waren Sie doch noch einverstanden, dass wir mal nachsehen.«
»Ja, aber wenn Lamar es nicht will«, Kessler winkte ab. »Lamar, vergiss nicht abzuschließen, wenn du gehst.« Und damit verschwand er.
»Macht es Ihnen was aus, uns zu erklären, warum wir nicht in Ihren Lieferwagen gucken dürfen, wenn Sie nichts zu verbergen haben?«, fragte Russo.
»Nein, das macht mir überhaupt nichts aus. Ich hab ein halbes Dutzend Jahre meines Lebens bei Pflegefamilien und in Jugendheimen verbracht. In dieser ganzen Zeit hatte ich nie einen Ort für mich allein. Jedes Mal, wenn ich das Haus verließ, haben Leute alles durchwühlt, was ich nicht bei mir tragen konnte. Ich hab mir immer gesagt, wenn ich eines Tages da rauskomme und etwas Eigenes habe, lasse ich niemanden mehr rein. Es ist nichts Persönliches, verstehen Sie?« Sein Lächeln war selbstsicher und undurchsichtig.
»Ich nehme an, dann denken Sie über Ihre Wohnung genauso, was?«, fragte Russo.
»Jetzt, wo Sie es erwähnen – ja, in der Tat. Ich lasse nie Vertreter rein. Ich lade keine Bekannten ein, und Sie beide lade ich auch nicht ein. Wenn Sie unbedingt meine Wohnung betreten möchten, dann kommen Sie doch mit einem Durchsuchungsbefehl.«
»Vielleicht tun wir das«, sagte Russo. »Komm, Malone, wir sind hier fertig.«
»Es war nett, Sie kennenzulernen, Detective Russo, Detective Malone«, rief Hicks ihnen nach, als sie gingen.
19
Katherine hatte den größten Teil des Tages damit verbracht, sich durch die Berge von Unterlagen zu ackern, die Malone vorbeigebracht hatte. Was sie nicht verstand, war, wie Malone es mit diesem Russo aushielt.
Katherine las unerbittlich weiter, auch noch lange nachdem sich Kopfschmerz einstellte. Sie suchte nach Verbindungen, nach allem, was möglicherweise ein Bindeglied sein konnte. Es musste da etwas geben. Sie war sicher, dass sie es nur übersehen hatte.
Vielleicht dachte sie zu kompliziert. Vielleicht war es etwas ganz Offensichtliches, das direkt vor ihrer Nase lag. Sie versuchte direkt vor ihrer Nase zu gucken und das Offensichtliche zu erkennen. Sie fand immer noch nichts. Sie legte eine Pause ein und rief Mendrinos an. Der besprach sich mit Russo und rief dann zurück. »Ja«, sagte er. »Sie können George Jackson anrufen und ihm ein paar Fragen stellen.«
»Ja, hallo Ms. Katherine. Ich hab die Akten durchgesehen. Ich hab mit allen Sozialarbeitern gesprochen. Zumindest mit denen, die noch für die Agentur arbeiten. Alles, was ich weiß, hab
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