Die Farbe der Liebe
Schwanz ablenkte, sah er aus den Augenwinkeln einen quecksilbrigen Schatten durchs Wasser flitzen und Gestalt annehmen, als die Schwimmerin langsamer wurde und schließlich innehielt.
Die Frau war entweder eine der größten ihrer Art, oder das Glas verzerrte ihre Proportionen. Und obwohl die vorherigen Wassernixen schon vollkommen gewesen waren, so übertraf diese Erscheinung sie noch. Ihre rote Mähne wallte auf dem Wasser wie Feuerzungen und wirbelte anmutig in den Strudeln, die sie mit stolzer Eleganz, doch zugleich verführerisch durchschwamm. Ihre Alabasterhaut leuchtete von innen heraus, die langen Gliedmaßen schienen nicht enden zu wollen.
Die kohlrabenschwarzen, wissenden Augen ließen ihr schönes, ebenmäßiges Gesicht mit den fein geschwungenen Wangenknochen, Augenbrauen und Lippen nur umso heller erstrahlen. Ihr Körper war die reinste Harmonie, mit Schwanenhals und kleinen, wohlgeformten Brüsten, so fest, dass sie unter dem Wasserdruck nicht nachgaben. Wie eingeschnitten in ihren weichen Bauch, wies der Nabel mit geometrischer Präzision nach unten zu ihrer glatten Scham, als wollte er die Erlesenheit ihrer Spalte betonen.
Sanft umfasste eine Hand seinen Schwanz. Und liebkoste ihn. Eine Frau. Nicht, dass ihm das nicht egal gewesen wäre, so gefesselt war Ange vom Anblick der Schönen im Wasser. Um ihn herum drängten sich Körper, rieb sich Haut an Haut, Hitze steigerte sich zu Feuer, und Ange war nicht länger ein Mensch für sich, sondern wurde Teil eines sich hebenden und senkenden Organismus aus Fleisch, der durch Wollust zum Leben erwacht war.
»Jungfrau?«, flüsterte er.
»Nein«, verbesserte ihn jemand in der Nähe. »Wassermann. Die Jungfrau kommt in der Morgendämmerung.«
Ange war noch dabei, diese Information zu verarbeiten, als man vom Becken ein lautes Platschen hörte. Ein Mann kraulte auf die rothaarige Sirene zu. Sein perfekt gebauter Körper sah aus wie aus Granit gemeißelt und strotzte vor immenser Kraft.
Ein Schauder lief durch das Publikum, die Menschen drängten sich noch enger aneinander. Wäre Ange in Ohnmacht gefallen, er hätte nicht zu Boden sinken können, weil sie ihn aufrecht gehalten hätten.
Da schloss sich ein warmer, nasser Mund um seinen Schwanz. Er bebte am ganzen Körper, als die Lippen sich auf sein Glied legten und eine Zunge über seine empfindliche Eichel fuhr. Dennoch konnte er den Blick nicht von dem Schauspiel vor sich abwenden.
»Der Stier«, stieß jemand atemlos hervor.
Die wunderschöne Frau war jetzt in die Mitte des Beckens geschwommen, schob den Kopf in den Nacken und legte sich zurück, als wäre im Wasser ein Bett. Dann spreizte sie die Beine. Ange richtete seine Aufmerksamkeit auf die porzellanfarbene Blässe ihres flachen Bauchs und die einzige dort sichtbare Unregelmäßigkeit: Genau in der Mitte zwischen Bauchnabel und der dunklen Spalte ihrer Möse prangte eine schwarze »1« auf ihrer Haut.
Nun hatte der schwimmende Stier die Frau erreicht und schmiegte sich in die Öffnung zwischen ihren Schenkeln, die wie für ihn gemacht schien. Sie riss den Mund auf, winzige Bläschen perlten daraus hervor, die nach oben stiegen und an der Wasseroberfläche zerplatzten.
Woher bekommt sie nur Luft?, fragte sich Ange.
Nun fickten die beiden richtig. Ihre Unterleiber prallten aneinander, ein neues Ballett begann.
Wie bei einem Gladiatorenkampf war jede ihrer Bewegungen eine poetische und minutiös einstudierte Geste des Stoßens und des Zurückweichens, der Attacke und der Unterwerfung, der Hinnahme und des gesteigerten Begehrens.
Der Mund, der kundig und gierig an seinem Schwanz saugte, bewegte sich im Einklang mit dem martialischen Liebesakt vor ihnen, und langsam, aber unweigerlich wuchs seine Lust, sein Körper erwachte, seine Sinne vibrierten vor Erregung.
Die Zeit blieb stehen.
Das Paar im Wasser in seinem Kokon aus explosiver Leidenschaft erschauerte in Ekstase. Ihre vereinigten Körper zuckten und wanden sich, dann schossen sie an die Wasseroberfläche, um Luft zu holen. In diesem Moment kam Ange. Während er tief aufseufzte und unter dem Ansturm seine Knie fast nachgaben, richtete er endlich den Blick nach unten, um festzustellen, wer ihm derart versiert zum Orgasmus verholfen hatte. Doch er sah nur einen dunklen Schopf, der zwischen dem Gewirr aus Beinen und Körpern verschwand. Gern hätte er sie zurückgerufen, doch er fand nicht die passenden Worte. Das Bacchanal um ihn herum war nach wie vor in vollem Gange. Er
Weitere Kostenlose Bücher