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Die Farbe der Liebe

Die Farbe der Liebe

Titel: Die Farbe der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
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gestärkten Hemd zu einem anderen, der sein Zwilling hätte sein können. Beide trugen dunkelblaue Krawatten mit einem Muster aus Herzchen und tanzenden Faunen.
    Aurelia und Siv schlossen sich den beiden Männern an und bogen hinter ihnen in einen anderen Gang ein.
    »Wie krass ist das denn?«, sagte Siv, als sie nach den schier endlosen Korridoren, die sich wohl wie ein Aderngeflecht kreuz und quer durch das Gebäude zogen, schließlich in die Haupthalle traten.
    Der riesige Saal war von einer Kuppel gekrönt. Orangerot fielen die Strahlen der untergehenden Sonne durch die hohen Fenster an einer Seite des Mauerwerks und tauchten die Anwesenden in ein warmes, diffuses Licht, wie es die erlöschenden Flammen eines Lagerfeuers verbreiten. Getragen wurde das gewaltige Gewölbe von zahlreichen eisernen Bogen, die mit Querstreben verstärkt waren, sodass die Deckenkonstruktion einem großen metallenen Spinnennetz glich.
    Sieben Trapeze hingen gleichmäßig verteilt von der Decke, an denen – die Füße nur wenige Zentimeter über dem Boden – sieben blasse, rothaarige Frauen schwangen, die nackt waren bis auf ihre leuchtend violetten Ballettschuhe, deren Satinbänder ihre Beine hinauf bis zu den Hüften überkreuz und um ihre Taille geschlungen waren, um sich dann zwischen den Arsch backen und Schamlippen hindurchzuwinden. Alle Frauen hiel ten mit festem Griff eine Trapezstange umklammert. Sie waren auch mit zarten Silberketten daran gefesselt, die sich von schmalen Armreifen an ihren Handgelenken zu der Stange darüber strafften. Dies beschwor unwillkürlich das Bild von in Ketten gelegten Gefangenen herauf. Auf dem Kopf trugen sie Hauben aus hauchzartem violetten Gewebe, die mit einem silbernen Band um ihren Hals befestigt waren. Das Kinn auf der Brust, schienen sie entspannt zu schlafen; doch die angespannten Pobacken, die wie gemeißelte Beinmuskulatur und ihre perfekt nach unten gestreckten Zehenspitzen straften diesen Eindruck Lügen.
    Ein halbes Dutzend Silberringe an jeder ihrer äußeren Schamlippen war durch das Band um die Oberschenkel gezogen worden und spreizte sie weit auseinander. Wie erregt die Frauen waren, wurde schon allein durch das feuchte Band offensichtlich, das sich von ihrer Scham zu den Arschbacken spannte. Genau über ihrer Klitoris war ein dicker Knoten hineingeknüpft, mit einem langen, dünnen Satinband daran. Ein ähnlich langes war an den größeren Ringen befestigt, die ihre Nippel zierten.
    Auf einem Podest mitten im Raum, ein gutes Stück über den Frauen, aber für das Publikum gut sichtbar, stand ein Mann und hielt all diese Bänder straff in der Hand.
    Walter.
    Er war jetzt ganz nackt bis auf einen violetten Penisbeutel, was bestimmt albern ausgesehen hätte, wäre da nicht die natürliche Aura von Würde gewesen, die ihn umgab.
    »Da ist er wieder«, flüsterte Siv aufgeregt Aurelia ins Ohr. »Ist er nicht ein ganz außergewöhnlicher Anblick?«
    »Aber er ist doch blind«, erwiderte Aurelia, als machte das Wissen um sein Gebrechen diese ganze Szene unmöglich, obwohl sie ja bereits gesehen hatte, dass er trotz seiner Blindheit Skulpturen nach dem Leben schuf.
    »Ich weiß«, seufzte Siv.
    Zuschauer in verschiedenen Stadien der Nacktheit scharten sich um das eigenartige Netz und warteten, was geschehen würde.
    Aurelia stand mit Siv ziemlich weit vorn in der Menge und hatte einen guten Blick auf das, was sich nun ihren Augen bot. Nur ihre guten Manieren verhinderten, dass sie sich entsetzt die Hand vor den Mund schlug. Waren diese Frauen Gefangene? Oder Marionetten? Sie war gewiss nicht prüde und hatte nichts gegen Nacktheit, weder im Allgemeinen noch in der Kunst. Dass die anderen Modelle, die sie hier gesehen hatte, nackt gewesen waren, hatte sie nicht sonderlich schockiert. Doch diese Frauen, die zwar den Kopf verhüllt hatten, aber ihre intimsten Stellen weit gespreizt zur Schau stellten, waren irgendwie nackter als nackt. Insbesondere wenn sie einatmeten und das violette Gewebe sich in ihr Mundinneres wölbte, sah es aus wie ein vielfacher mumifizierter Schrei, und das bei jedem Atemzug. Es lag Gewalt in dieser Szene, so viel mehr noch als in dem Handeln des Mannes, der vorher die dunkelhaarige Ballerina geschlagen hatte. Darin hatte Aurelia noch die öffentlich zur Schau gestellte Marotte zweier Individuen sehen können, die partnerschaftlich bei einer Darstellung agierten, wenn auch in sehr unterschiedlichen Rollen. Doch Walter über den Köpfen dieser Frauen mit ihren

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