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Die Farbe der Liebe

Die Farbe der Liebe

Titel: Die Farbe der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
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gefesselten Handgelenken und verhüllten Köpfen … das war etwas ganz anderes. Auch wenn sie wusste, dass es sich um eine Performance handelte und die Frauen eindeutig freiwillig mitspielten. Aurelia konnte nicht genau sagen, warum sie sich auf einmal so unbehaglich fühlte und gleichzeitig so fasziniert war. Ihr Herz raste, so stark pulste die Erregung durch ihren Körper.
    Musik setzte ein. Ein klassisches Stück – etwas, das Aurelia sich nie selbst auflegte, aber hin und wieder mitgehört hatte, wenn ihr Adoptivvater John eine Platte aus seiner Sammlung in voller Lautstärke abspielte.
    »Richard Strauss«, flüsterte ihr Siv ins Ohr. »›Der Tanz der sieben Schleier‹.« Im Grunde ihres Herzens war Siv ein Punk, doch durch ihre Ballettausbildung hatte sie unvermeidlich viel klassische Musik kennengelernt.
    Bei den ersten Klängen erwachten die Tänzerinnen zum Leben. Alle bewegten sich vollkommen synchron im Takt der Musik, auch wenn rasch offensichtlich wurde, dass die Führung bei Walter und nicht bei ihnen lag. Jenseits der dunklen Mauer seiner Blindheit hatte er sie alle im Griff, er zog die Strippen – ein Orchesterdirigent, der von seinem Pult aus durch seine Bewegungen Tempo und Intonation eines Stücks steuerte. Jedes Mal, wenn er an einem Satinband zog, war dies eine Instruktion für die Frau am anderen Ende, die sie dann folgsam ausführte: Sie drehte sich, wirbelte herum oder spreizte die Beine in einem perfekten Luftsprung, der den Zuschauern ihre ohnehin sichtbare Möse – das schmale Satinband, das zwischen ihren Schamlippen rieb, verdeckte kaum etwas – noch offener darbot.
    Manchmal ruckte Walter auch heftiger an einem Band, das an einem Nippel hing, sodass die Tänzerin schmerzgepeinigt den Rücken krümmte, doch ebenso rasch ließ er wieder locker und zupfte an dem Band, das mit dem Knoten verbunden war, der die Klitoris der Frau stimulierte. Obwohl die Gesichter der Frauen vermummt waren, glaubte Aurelia zu erkennen, dass sich ihr Ausdruck mal vor Schmerz, mal vor Lust verzerrte, je nachdem, welcher Faden mit welcher Heftigkeit gezogen wurde. Ihre Begierden und Empfindungen zeigten sich auch durch die Anspannung ihrer Muskeln oder wie sie dem Zug eines Bandes widerstanden oder sich ihm ergaben.
    Während der Performance wirkte Walter höchst konzentriert, als erspürte er die Reaktionen der Tänzerinnen aufs Genaueste. Er war ganz offensichtlich nicht darauf aus, ihnen absichtlich Schmerz zuzufügen.
    Siv kniff Aurelia in den Arm.
    »Schau nur«, zischte sie. »Jetzt lässt er sie kommen.«
    Aurelia wandte den Blick zu den Frauen. Siv hatte recht. Sie bewegten sich noch immer im Einklang mit der Musik, aber nicht mehr synchron. Es war, als spielte der Bildhauer auf je dem Körper eine andere Melodie und schenkte jeder Frau die genau richtige Mischung aus Lust und Schmerz, die sie an den Rand der Ekstase führte, wo er sie bis zu jenem Augenblick hielt, in dem er die Möse einer jeden Tänzerin mit einem letzten Druck bedachte, sodass sie orgiastisch zu zucken begann. Die Frau, die ihnen am nächsten hing, war so nass, dass funkelnde Tropfen ihres Safts bereits eine glänzende Spur auf ihrem Innenschenkel und einen dunklen Fleck auf dem violetten Satinband um ihr Bein hinterließen.
    Nachdem alle Frauen gekommen waren, nahmen sie wieder ihre ursprüngliche Haltung ein – leblos gewordene Aufziehpuppen, die langsam heruntergelassen wurden, bis ihre Füße den Boden berührten. Dann fielen sie Assistenten in die Arme, die ihre Handgelenke von den Ketten befreiten, aber die Gazehauben auf ihren Köpfen beließen. Anschließend wurden sie weggeführt, vermutlich in eine Garderobe. Alle schienen noch so sehr in Trance zu sein, dass sie nicht aus eigenem Antrieb gehen konnten. Ein Helfer im Smoking erschien und half Walter herunter.
    Aurelia war gleichermaßen fasziniert wie entsetzt. Die Vernunft sagte ihr, dass dies das Werk eines Verrückten war; das war keine Kunst, es war Missbrauch. Sie sah sich im Publikum um: Fast alle wirkten erregt, hingerissen oder aber gelangweilt. Kein Einziger schien schockiert. Nach kurzem Applaus, den einige begeistert, andere eher pflichtbewusst spendeten, gingen die Zuschauer plaudernd auseinander.
    Siv war ganz still geworden, und Aurelia fragte sich, welchen Eindruck die Performance wohl bei ihrer Freundin hinterlassen hatte. Jetzt reichte es ihr doch sicherlich mit diesem Walter, oder?
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
    Siv zuckte die Achseln. Sie

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