Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)
Mansardenfensters über der Garage wahrnahm oder um es herum und über ihm die Fontänen aus Kudzu, die die Bäume erstickten, zu Tode würgten.
Aber mit Laurel war es anders, froher und kraftvoller, denn wir schwangen uns von unserer Albernheit bis in eine Trance und hin zu έησταση, hinauf zu der scharfen Stahlsichel des Mondes, zwischen dessen Hörnern ein einzelner Stern hing.
Ijuih!
Da, die Stimme von D.s ergebenen Frauen, die über den bleichen Boden der nächtlichen Wüste liefen, ihr wildes Geschrei mal verhallend, mal näher kommend – oder es war Laurels Stimme, die sich mit meiner verschwistert hatte, ohne dass eine von uns wusste, welchen Sinn diese Silben ergaben, die durch ihre eigene freie Lebenskraft aus unseren Kehlen drangen.
Ijuih! Ijuiiiiiih!
Ein Schauer wie von Furcht, wenn wir dieses Kreischen hörten, obwohl wir selbst es waren, die es hervorbrachten. Oder weniger Furcht als vielmehr Ehrfurcht vor dem immerwährenden Leben, das durch den Tod hindurchfiel und wieder auftauchte,
Zoë
in seinem Kreislauf ewiger Wiederkehr.
Dann Stille, nur noch das Knarzen der Ranken, das Rauschen unseres aufgeregten Atems, das Pfeifen der Sterne am tintenschwarzen Himmel. Ein Satz, der sich selbst flüsterte, in Gestalt eines kleinen weißen Steins:
…
ich bin eure Liebe
…
D.s Denken hatte sich schon längst mit den Stimmen in meinem Kopf vermählt, und in meinem und in Laurels Kopf war jetzt ein und derselbe Satz, und trotz allem war da im dunkelsten Teil dieser Nächte eine seltsame Zärtlichkeit für D., als wäre er am Ende derjenige, der von uns gerissen, von uns abgerissen würde wie Fleisch von Knochen.
Blut, das auf den Sand vergossen wurde, sprang grün und biegsam wieder auf, und aus seinen Trauben strömte Wein.
74
Ich möchte sagen, dass möglicherweise nichts von dem, was ich nun erzähle, wahr ist. Vielleicht ist es nur eine Version, die ich der faden Wirklichkeit vorziehe, in der meine Sippe noch immer ihr Leben fristet: Mutter und Vater und die beiden Kinder, nicht mehr klein, keine echten Kinder mehr, noch immer am selben Ort, wo sie sich niedergelassen haben, oder vielleicht woanders, an irgendeinem gesichtslosen Ort, unmerklich in der Banalität sterblicher Existenz versinkend, wie Fleisch, das langsam in einem Eintopf zerfällt. Falls dem so ist, habe ich sie mit einer Geschichte aus meinen Gedanken gelöscht, so wie man Sterne mit der flachen Hand verschwinden lassen kann.
Falls dem so ist, hat es keine Gräber gegeben oder nur die Gräber von Fremden.
In der dritten Nacht, vielleicht war es auch die vierte, fuhr ich über den Fluss im Norden der Stadt, hielt an und schaute zurück. Eine friedliche Aussicht, könnte man sagen. In den frühen Morgenstunden waren die Fenster der Häuser dunkel. Einige Außenlampen brannten aus Furcht vor unliebsamen Besuchern.
In der Luft lag der stark säuerliche Geruch von gärendem Zellstoffbrei aus der Papiermühle. Flussabwärts glitzerte und summte die Fabrik, stieß große wattige Wolken aus gelblichem Qualm aus, die sich ausbreiteten und im Nachthimmel verloren.
Schließ die Augen und denk an das Shawnee-Dorf. Aber das war ja nicht mal genau hier gewesen.
Der Friedhof lag an einer Biegung des Flusses, der sich trübe weiter nach Süden wand. Es war kalt hier, viel kälter als in Nevada um diese Jahreszeit, und ich hatte nicht daran gedacht, richtige Wintersachen zu kaufen.
Ich blickte in den mit Sternen gesprenkelten Himmel, dann wieder nach unten auf den Friedhof, die grauen Grabsteine wie schiefe Zahnreihen. Die Kälte war durchdringend. Ich stieg ins Auto, drehte die Heizung auf und überquerte den Fluss auf einer anderen Brücke, fuhr zurück ins Ortszentrum. Die Namen erfüllten alle Erwartungen, die man bei einer Kleinstadt wie Chillicothe hat. Bridge Street. Main Street. Terrells Haus hatte in der Nähe der Water Street gelegen, an einer kurzen kleinen Stichstraße, die am Zaun eines Golfplatzes endete. Der Weg zum Fluss war dadurch von der Stadtmitte aus versperrt.
Ich rollte im Leerlauf vorbei, stellte dann den Motor ab. Das Haus war unscheinbar, ein kleiner einstöckiger Ziegelbau. Es schien jetzt bewohnt zu sein, doch noch lange danach hatte niemand dort einziehen wollen. Im Sternenlicht konnte ich Spielzeug auf dem kümmerlichen Rasen ausmachen, ein Fußball und ein buntes Plastikdreirad. In einem der Schlafzimmerfenster schimmerten ein Nachtlicht und einer von diesen runden Aufklebern, die der Feuerwehr verraten,
Weitere Kostenlose Bücher