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Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madison Smartt Bell
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nichts von ihm gehört hatte. In seiner Branche konnte das schnell passieren. Und als ich jetzt auf einmal von ihm hörte, war es, als geriete mein Verstand ins Schlittern. Highway-Hypnose vielleicht. Was, wenn all die toten Sterblichen jetzt wieder zum Leben erwachten? Was für ein Ende würde das nehmen?
    »Du weißt, dass die Waffe heiß war«, sagte Pauley.
    Ja, klar. Das wusste ich. Obwohl wir nie darüber gesprochen hatten.
    »Wo ist das Gewehr, Mae?« Pauleys Stimme war ruhig geworden, schon fast schmeichelnd. »Hast du es jetzt bei dir?«
    Ich riss das Telefon von meinem Kopf weg und starrte auf das kleine leuchtende Display. Ich überlegte, ob ich es aus dem Fenster werfen sollte, aber das war unnötig – das Telefon würde ihm nicht verraten, wo ich war oder wohin ich wollte.
    Ich dachte an den Geruch des Todes an seinen Händen. Für andere war er nicht wahrnehmbar, für alle außer mir. Ein kleines Geheimnis, das wir beide hatten. Diese Wahrnehmung hatte mich das erste Mal mit ihm gehen lassen.
    »Mach dir keine Sorgen um das Gewehr, Pauley«, sagte ich. »Ich passe sehr gut auf dein Gewehr auf.«
    Einen Moment lang hörte ich nur das Rauschen meiner Reifen und den Sog der Nachtluft an der schlechten Dichtung des Fahrerfensters.
    »Ich kenne dich nicht«, sagte Pauley, und dann war seine Stimme weg.

69
    Eine knisternde Angst schwirrte durch das Innere des Fairlane, sprang von einer von uns zur nächsten, wie statische Elektrizität. Wir teilten alles.
    Ich steckte das Buck-Messer in meine Vordertasche, weil es mir eine Delle in den Hintern drückte. Bei dieser Bewegung rückte Laurel von mir ab und rollte sich dann wieder warm gegen mich, als der Wagen um eine Kurve fuhr. Ich umfasste das Messer in der Tasche, spürte, wie sich das Messing durch mein Blut erwärmte. Als wäre die Furcht, die wir teilten, darin enthalten.
    Ted fuhr mit der rechten Hand am Steuer, während seine linke an dem Suchscheinwerfer herumhantierte. Er blendete ein paar entgegenkommende Autos; eines davon schlingerte jäh nach links.
    »Lass den Quatsch«, schrie Stitch. »Die Bullen.«
    Ich sah zu ihr hinüber, über Laurels Kehle hinweg. Laurel hatte den Kopf auf die Rücklehne fallen lassen und starrte die Wagendecke an, aber so, als könnte sie durch sie hindurch bis zu den Sternen sehen. Wenn Stitch mit Ted sprach, hatten ihre Zähne einen leuchtenden blauweißen Glanz, wie Weißes unter Schwarzlicht. Es war, als wären wir stoned, aber ich glaube nicht, dass wir es in jener Nacht waren, zumindest ich nicht.
    Ted kicherte, schaltete aber den Suchscheinwerfer aus.
    »Hübsche Schweinchen-Menschen«, sagte Crunchy mit Singsangstimme, wie ein Kind, das einen sinnlosen Ausdruck im Kopf hat und nicht mehr loswird.
    Der Wagen hielt, und Ted schaltete das Innenlicht an. Er murmelte irgendwas und sah sich um, als suchte er nach etwas – einer Karte? Wir blickten uns beklommen an, die Gesichter blass und ein bisschen verschwitzt, die Augen im grellen gelblichen Deckenlicht von der Stirn beschattet. Ted machte das Licht aus und fuhr weiter. Am Armaturenbrett pappte so ein kleiner Kompass, diese Dinger, die in einer mit Flüssigkeit gefüllten Kugel schweben. Seine Phosphoranzeige hatte Licht von der Deckenlampe absorbiert, und ich sah zu, wie die grünlichen Markierungen allmählich verblassten.
    Jetzt schien Ted zu wissen, wo wir hinmussten, zielstrebig kurvte er durch die Schluchten nördlich des Santa Monica Boulevard. Als der Wagen das nächste Mal hielt, hatte es etwas Endgültiges an sich. Ein kurzes knirschendes Geräusch war zu hören, als Ted die Handbremse zog.
    Stitch stieg aus, dämpfte das Geräusch der sich schließenden Tür mit der flachen Hand und verschwand die dunkle gewundene Einfahrt hinauf.
    Das Anschwellen der Furcht: Ich spürte sie flattern wie Mottenflügel oder wie einen Frosch in der Kehle.
    Ted kramte herum, holte irgendwelche Dinge aus seinen Taschen hervor. In der Hand hielt er eine kleine Pistole, nicht beängstigender als ein Spielzeugrevolver, und ich weiß noch, dass ich dachte, wie belanglos sie wirkte, genau wie Ted, der auch belanglos war. Doch wenige Minuten später half uns diese Pistole, durch die Tür zu kommen.
    Aber danach suchte Ted im Moment nicht. Er fand eine Drahtschere, stieg aus dem Auto und blinzelte zu einem Telefonmast hoch, der auf der anderen Seite des Straßengrabens stand, hinter einem Briefkasten und irgendwelchen stacheligen Büschen.
    Ein trockener Westwind ließ die

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