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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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als das tatenlose Warten in der Walfisch-Kaschemme.
    »Warum?«
    »Geh rein und frag ihn«, antwortete Lina gereizt.
    Damit schulterte sie den Rucksack und wollte sich auf den Weg zum Hafen machen.
    »Warte!«, sagte Ole und hielt sie zurück. »Das stinkt doch zum Himmel!«
    »Vielleicht. Aber hast du eine bessere Idee? Wenn wir Askildsen nicht finden, sind diese Pläne nichts wert. Es sei denn, du willst sie selber rüber nach England bringen!«
    Ole zuckte die Achseln. Mit einer anständigen Brise wäre das kein Problem. Wenn nur dieser elende Krieg nicht wäre.
    Noch immer war der Himmel hell. Aber der hinterste Teil des Hafens, dort wo die steile Granitwand des Felsens sich hoch über die Fischerhütten erhob, lag bereits im tiefen Schatten. Vom vorherigen Trubel des Ortes war hier um diese Zeit nichts mehr zu verspüren. Die Stege waren leer und still. Sie waren allein.
    Der Schuppen, den der Wirt Lina beschrieben hatte, war eine von fünf eng nebeneinanderstehenden, zweigeschossigen Holzhütten und sollte als Erkennungszeichen eine brennende Laterne an der Tür hängen haben. Als Ole den matten Schimmer der Ölfunzel auf der anderen Seite des Hafenbeckens entdeckte, verstärkte sich sein ungutes Gefühl. Abermals hielt er Lina am Arm fest und zog sie in die Schatten zwischen zwei Hütten.
    »Lass uns wenigstens die Pläne verstecken, bevor wir nachsehen«, flüsterte er. »Falls es doch eine Falle ist.«
    »Na schön. Und wo?«
    Ole sah sich um. In dem engen Raum zwischen den Hütten befand sich allerlei Unrat, darunter auch ein Stückchen Schnur. Es war fest und lang genug, um es zweimal um die wasserfeste Schachtel mit den Plänen winden und diese daran ins schwarze Wasser des Hafenbeckens unter der Hütte hängen zu können.
    Als Ole das Ende der Schnur an einem hervorstehenden Nagel in der Seitenwand der Hütte festgeknotet hatte und sich wieder aufrichtete, sah er, dass Lina die Pistole aus dem Rucksack genommen hatte.
    »Wie du schon sagtest … Falls es eine Falle ist.«
    Damit lud sie die Waffe durch und ließ sie unter ihrer Strickjacke verschwinden.
    Als sie den hölzernen Lagerschuppen mit der Öllampe erreicht hatten, klopfte Lina an der Tür. Die kleinen Fenster zum Innenraum waren dunkel. Nichts rührte sich. Alles in Ole schrie, dass sie sich aus dem Staub machen sollten. Aber Lina schien entschlossen. Sie warf Ole einen Blick zu, dann zog sie die Pistole unter der Jacke hervor, nahm die Öllampe vom Haken und trat ein. Ole folgte ihr.
    Der ebenerdige Raum des Schuppens war voll mit Netzen, Reusen und leeren, aufeinandergestapelten Fischkisten. Die Rückwand schien vom nackten Fels gebildet zu werden, und linker Hand ging eine steile Treppe zum Lagerboden im ersten Stock. Mehr konnte Ole nicht erkennen, denn der schwache, flackernde Schein der Lampe drang kaum bis in die dunklen Winkel vor.
    »Carl Askildsen?«, rief Lina. »Frederik Sønstebye skickar oss. Den slogan lyder: Om välbefinnande i Prince Harald!«
    Einen Augenblick war es totenstill. Dann knackte es irgendwo über ihnen. Lina wich erschrocken zurück, bis sie gegen Ole stieß und nach seinem Arm tastete.
    Beide hielten sie die Luft an und starrten angestrengt in die Finsternis. Dort war jemand. Aber das verdammte Öllicht blendete sie mehr, als dass es ihnen nutzte. Vor allem zeigte es den anderen genau, wo sie waren.
    »Askildsen? Kommer ut!«, sagte Lina und diesmal klang ihre Stimme nicht mehr so fest.
    Wieder blieb es still.
    Lina stellte die Öllampe auf den Boden.
    »Nichts wie raus hier!«, wisperte sie und zog Ole mit sich zur Tür.
    Dann ging alles gedankenschnell.
    Bevor sie die Tür erreicht hatten, wurde diese mit lautem Knall zugeschlagen. In derselben Sekunde wurde eine Plane oder etwas Ähnliches über die Öllampe geworfen. Schlagartig war es stockdunkel. Schritte von mehreren Personen polterten aus unterschiedlichen Richtungen auf sie zu. Lina stieß einen Schrei aus. Ole spürte ihren Griff fester werden und wollte schützend seinen Arm um sie legen. Aber schon im nächsten Augenblick traf ihn ein schmerzhafter Schlag am Kopf, der ihn zu Boden warf. Sofort waren zwei oder drei Mann über ihm, drückten sein Gesicht auf den Boden und drehten ihm reichlich brutal die Hände auf den Rücken, was umso schmerzhafter war, da sein linker Arm ja noch verletzt war. Ein greller Schmerz durchzuckte ihn, und er konnte förmlich spüren, wie es an den frischen Nähten zerrte und riss.
    Abermals hörte er Lina schreien. Dann

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