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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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kitschige Bild einer Schwarzwaldlandschaft, das bei Tante Elfi in Kiel über dem Sofa gehangen hatte. Als gegen Mitternacht die kurze Dunkelheit über sie hereinbrach, befanden sie sich bereits auf westlichem Kurs im offenen Wasser des Gullmarnfjords und nutzten den aufgekommenen Landwind, um die Segel zu setzen und den Motor zu stoppen. Lautlos, unbeleuchtet und unbemerkt passierten sie den Hafen und die Stadt Lysekil und bogen nach Norden in das leidlich gut befeuerte Schärenfahrwasser ein. Sie passierten die Inseln Kornö und Malmö, und als das erste Tageslicht zurückkehrte und die nächtliche Brise einzuschlafen begann, hatten sie ihr Tagesziel erreicht.
    Zu diesem hatten sie eine einsame, etwa drei Seemeilen östlich von Smögen gelegene Bucht namens Klevekilen erkoren, wo sie die Yacht verstecken und zu Fuß nach Smögen gelangen konnten. Denn inzwischen hatte Korfmann vermutlich dafür gesorgt, dass in jeder Polizeistation in diesem Küstenabschnitt eine Beschreibung der Lotten aushing, und von daher verbot es sich, direkt nach Smögen hineinzusegeln.
    Im nördlichsten Zipfel der in viele Nebenarme verästelten Klevekilen-Bucht fanden sie einen schmalen Einschnitt in den Felsen, der in der Karte mit dem Namen Orvik verzeichnet war. Dieser Teil der Bucht war gänzlich unbewohnt und ringsum von hohen Ufern geschützt. Die Straße nach Smögen war, obwohl nur einen knappen Kilometer entfernt, hinter einem dichten Wald aus Kiefern und jungen Birken verborgen. Ein ideales Versteck für die Lotten .
    Als der Anker Grund gefasst hatte, belegte Ole die Kette nicht wie üblich vorne, sondern hinten am Heck und ließ die Yacht mit dem flachen Bug bis dicht an die Felsen herantreiben. Dann sprang er hinüber, rammte einen Metallhaken, den er in der Backskiste gefunden hatte, in einen der zahllosen Risse im Felsen und belegte daran die Vorleine. Ole hatte diese typisch schwedische Art des Festmachens an in den Fels getriebenen Haken bereits auf Käringön gesehen, und der Sinn hatte ihm sofort eingeleuchtet. Man lag sicher vor Anker und konnte trotzdem trockenen Fußes an Land und wieder zurück aufs Schiff gelangen.
    Zum Frühstück aßen sie die Reste ihrer Vorräte auf. Danach legten sie sich hin, Lina im Vorschiff und Ole in der Lotskojen im Salon, um eine Portion Schlaf der durchsegelten Nacht nachzuholen.
    *
    Erst am späten Nachmittag machten sie sich auf den Weg.
    »Unser Kontaktmann heißt Carl-Petter Askildsen«, erklärte Lina, als sie über die Felsen zum Waldrand kletterten. »Wir treffen ihn um Punkt acht in einer Kneipe am Hafen.«
    Als sie das Ende der schmalen Bucht erreicht hatten, blieb Ole stehen und drehte sich noch einmal zur Lotten um. Sie lag ruhig und sicher und würde bis zum Abend nicht bemerkt werden. Was ihre eigene Sicherheit anging, war Ole weniger überzeugt.
    »Kennst du diesen Askildsen denn?«, fragte er.
    Er erinnerte sich, dass Lina gesagt hatte, nur der Professor und Tore hätten mit diesem Mann zusammengearbeitet. Beide waren tot.
    »Nein, aber es gibt ein Losungswort. Eigentlich sogar drei. Eins für uns, damit er uns erkennt, und eins, das er sagen muss. Damit wir nicht aus Versehen jemand anderem streng geheime Unterlagen in die Hand drücken, der das vielleicht gar nicht richtig zu würdigen wüsste.«
    Lina klopfte mit der Hand gegen die Schatulle mit den Plänen, die Ole im Rucksack bei sich trug. Ihr Satz hatte aufmunternd und locker klingen sollen, aber die geladene Pistole, die Lina zur Sicherheit mit eingepackt hatte und deren eckige Form Ole deutlich zwischen seinen Schulterblättern spürte, zeigte ihm, dass ihr Ausflug alles andere als ein Spaziergang war.
    »Und das dritte Losungswort?«, fragte er.
    »Das ist für den Notfall. Eine Art Generalschlüssel der Widerstandsbewegung.«
    Ole fragte nicht, wie es lautete. Auch Losungsworte und Notfallpläne konnten seine generelle Sorge nicht zerstreuen.
    »Was ist, wenn Korfmann von dem Treffen erfahren hat und wir in eine Falle laufen?«
    »Woher sollte er davon wissen?«
    »Von Sigur?«
    Linas Gesicht verdüsterte sich schlagartig.
    »Sigur wusste, dass wir die Pläne weiterleiten wollten«, antwortete sie kühl. »Aber nicht, wo und an wen. Das hat Frederik nur mir gesagt. Genauso wie die Losungsworte.«
    Damit wandte sie sich um und verschwand zwischen den Bäumen. Wenn er sie brüskiert hatte, tat es Ole leid, und eigentlich hatte er sich und ihr die Erinnerung an Sigurs Verrat auch ersparen wollen. Aber ihre Idee,

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