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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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schon einen ordentlichen Schluck Blut vergossen, als ihm die Splitter um die Ohren geflogen waren und seinen Oberarm und den Handrücken aufgerissen hatten.
    An diesem Morgen konnte das Rot für Ole jedoch nur eine einzige Bedeutung haben.
    Natürlich war es die Farbe der Liebe!
    Als Lina in seinen Armen eingeschlafen war, ihr Körper noch erhitzt von ihrem letzten Höhepunkt, hatte Ole noch weiter wach gelegen, hatte vor Glück und Staunen einfach nicht einschlafen können. Dann hatte er den ersten schwachen roten Schein am Himmel als spiegelnden, tanzenden Lichtreflex des Wassers unter dem Kajütdach bemerkt. Nach einer Weile wurde er immer kräftiger, und Ole war neugierig geworden. Behutsam hatte er sich von Lina gelöst, war aufgestanden und hinausgeklettert.
    Jetzt stand er auf dem höchsten Punkt der felsigen Insel und betrachtete staunend das Schauspiel von Meer und Himmel. Vielleicht sollte er hinuntergehen und sie wecken, damit sie es auch sehen konnte? Andererseits, hatten sie nicht gemeinsam in der vergangenen Nacht Dinge erlebt, die noch viel staunenswerter gewesen waren als dies? Beim Gedanken daran bekam Ole plötzlich eine Gänsehaut. Und zwar nicht vor Kälte.
    Er drehte sich um und blickte hinunter auf die ankernde Yacht. Im Vorschiff schlief seine Liebe, und am Heck war ein Name aufgemalt, der passender nicht hätte sein können. Schicksal.
    Rasch lief er über die Felsen zurück zu ihr.
    Egal, ob das Rot nur ein einfacher Sonnenaufgang war, der schlechtes Wetter ankündigte, oder ein Vorbote für Kampf und Blutvergießen, in dieser Nacht hatten sie sich geliebt. Verglichen damit war alles, was noch kommen würde, klein und bedeutungslos.
    Sie schliefen bis weit in den Vormittag hinein.
    Inzwischen war der Himmel im Süden bereits bedrohlich dunkel geworden. Über ihnen war er noch blassblau, aber kein Lufthauch regte sich mehr und es war stickig. Die Nadel des Barometers am Schott im Salon zitterte und sackte zwei Strich nach unten, als Ole mit dem Finger gegen das Glas tickte.
    Er trat an den Niedergang und blickte hinaus. Lina schmiegte sich von hinten an ihn und küsste ihn auf die Schulter.
    »Dickes Wetter im Anmarsch«, murmelte Ole.
    »Dann lass uns schwimmen gehen, solange noch die Sonne scheint!«, erwiderte sie aufgeräumt.
    Damit kletterte sie nackt, wie sie war, an ihm vorbei nach oben und sprang kopfüber vom Schiff. Kaum war sie wieder aufgetaucht, spritze sie einen kräftigen Schlag Wasser zum Niedergang hinauf, der Ole im Gesicht erwischte und endgültig aufweckte.
    »Na warte!«, rief er und sprang hinterher.
    Ausgelassen tollten sie eine Weile neben dem Schiff im Wasser herum. Dann schwammen sie durch die Lagune und kletterten auf der gegenüberliegenden Seite an Land. Die mit gelben Flechten bewachsenen Felsen waren angenehm glatt und warm auf der Haut, als sie nebeneinander in der Sonne lagen.
    Ole drehte sich auf die Seite, um sie ansehen zu können.
    Ihre Augen waren geschlossen, und ein kleines, entspanntes Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Eine Hand hatte sie unter den Kopf geschoben, die andere lag auf ihrem Bauch, der sich sanft im Auf und Ab ihrer Atemzüge bewegte. Auf ihren Oberschenkeln und Armen, der Haut über den Rippenbögen und auf ihren Brüsten glitzerten Hunderte Wassertropfen im Licht, und Ole war sich sicher, noch nie im Leben etwas Schöneres gesehen zu haben.
    Linas Lächeln wurde eine Spur breiter und zauberte die Grübchen hervor.
    »Ich weiß genau, dass du mich ansiehst!«, murmelte sie, ohne die Augen zu öffnen.
    »Weißt du noch, was von Wellersdorff gesagt hat, damals, an dem Abend im Club?«, fragte Ole. »Er sagte: Auf das Wohl von Fräulein Sønstebye aus Stockholm! Auf ihre Schönheit und ihre glückliche Hand bei der Wahl des rechten Mannes!«
    Lina öffnete die Augen und sah ihn an. Anholt bei Sonnenschein.
    »Sieht aus, als ob mir der Herr Konteradmiral diesmal den Richtigen geschickt hat«, murmelte sie und streichelte mit der Außenseite der Hand, die auf ihrem Bauch gelegen hatte, sanft seinen Oberarm.
    Plötzlich musste Ole die Stirn runzeln. Besagtes Fräulein Sønstebye aus Stockholm war ja eigentlich nur eine Tarnung gewesen. Er zögerte. Die Frage klang, besonders in dieser Situation, ziemlich hausbacken.
    »Wie heißt du eigentlich? Also richtig, meine ich?«
    Linas Augen blitzten amüsiert und ein kleines bisschen angriffslustig.
    »Musst du das ausgerechnet jetzt fragen?«
    »Ja.«
    »Na schön, Dahlgren … ich heiße Lina Auguste

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