Die Farbe der See (German Edition)
Viktoria Dahlgren.«
»Viktoria?«
»Wehe, du machst jetzt eine blöde Bemerkung!«
Ole dachte gar nicht daran. Viktoria. Die Siegreiche. Er fand, dass der Name hervorragend passte.
Er beugte sich zu ihr herab und küsste sie. Erst auf den Mund, dann den Hals und schließlich auf die Brüste. Sachte nahm er die linke der beiden Knospen zwischen die Zähne. Sie stöhnte leise auf, fuhr mit ihrer Hand über seinen Kopf und griff fest in sein Haar.
Ole spürte, dass er eine Erektion bekam, und schob sich näher an ihre Hüfte heran, um es sie spüren zu lassen.
In diesem Augenblick bemerkte er es.
Ruckartig hob er den Kopf.
»Was ist?«, fragte sie.
»Pssst!«
Jetzt hörten sie es beide. Das gleiche entfernte Wummern, das sie schon einmal hinter sich vernommen hatten, kurz bevor das Schnellboot aufgetaucht war.
Sofort waren sie beide auf den Beinen und liefen den nächsten Felsrücken hinauf, von dem aus sie aufs Meer hinausblicken konnten.
In einiger Entfernung sahen sie es.
Mit langsamer Fahrt kam das Schnellboot aus dem Schärengebiet nordwestlich der Insel Hamburgö heraus.
»Verflucht! Die suchen uns noch immer!«, murmelte Lina und schob sich in Oles Arme, als könne sie dort ihre Nacktheit vor den Blicken der Schnellbootfahrer verbergen. »Werden wir die denn nie los?«
Ole überlegte. Warum suchte Richard hier? Woher wusste er, dass sie nach Norden gefahren waren? Er hatte ihre Spur doch weiter südlich verloren, landeinwärts, am Koljöfjord.
»Vielleicht hat uns jemand gesehen, gestern Nacht, als wir an Smögen vorbeigesegelt sind, und hat ihn hinter uns hergeschickt!«, murmelte er.
Besorgt blickte Lina zur Lotten hinunter.
»Ich hoffe nur, sie kommen nicht auf die Idee, hinter der Insel entlangzufahren.«
Die Felsrücken der Insel Flatskär, die zum offenen Meer hin lagen, waren höher als der Mast der Yacht. Auf der anderen Seite allerdings, wo auch die schmale Einfahrt in ihre Lagune lag, waren sie nicht mal halb so hoch. Selbst wenn der Rumpf der Lotten hinter einer Felsnase verborgen lag, ihre Takelage würde von Osten her auf jeden Fall zu sehen sein.
Welche Richtung das Schnellboot auf seinem Weg nach Süden nehmen würde – den geraden über die offene See, oder den für sie fatalen durch das enge Innenfahrwasser –, würde sich erst in einigen Minuten herausstellen, wenn es die nördlich von ihnen gelegene Insel passierte.
Noch war also Zeit zu reagieren.
»Wir müssen sofort aus der Bucht raus!«, sagte Ole bestimmt. »Hier drin sitzen wir in der Falle!«
Rasch liefen sie den Felsrücken hinunter, sprangen ohne anzuhalten ins Wasser und schwammen, so schnell es ging, zum Schiff zurück.
Ohne sich die Zeit zu nehmen, sich abzutrocknen oder etwas anzuziehen, öffnete Ole die Klappe zum Motor, steckte die Kurbel ein und drehte den Starter. Die Maschine gab nur ein müdes Husten von sich. Ole stöhnte auf. Ausgerechnet jetzt! Er probierte es erneut. Zweimal, dreimal. Wieder ohne Erfolg.
Linas besorgtes Gesicht tauchte über ihm im Niedergang auf.
»Sag nicht, er will nicht!«
»Versuch, etwas Gas zu geben!«
Lina bewegte den Gashebel im Cockpit leicht nach vorne. Ole warf erneut die Kurbel herum, diesmal mit aller Gewalt.
»Komm schon, du Mistviech!«, zischte er zwischen den Zähnen hindurch.
Aber der Motor dachte nicht daran, mehr als ein asthmatisches Husten von sich zu geben.
»Sollen wir’s mit den Segeln versuchen?«, frage Lina.
»Ohne Wind?«, fragte Ole grimmig zurück.
Lina legte unbehaglich die Arme vor die Brust, als sei ihr mit einem Mal unangenehm bewusst geworden, dass sie nichts anhatte.
»Hör zu!«, sagte Ole. »Pack die Schatulle mit den Papieren in den Rucksack. Und unsere Kleider. Für den Fall, dass wir das Boot aufgeben müssen.«
Wie sie mit dem schweren Rucksack von der Insel kommen wollten, darüber hatte er sich noch keine Gedanken gemacht. Ein Versteck gab es auf Flatskär jedenfalls nicht. Weder für die Pläne noch für sie.
»Und vielleicht solltest du dir auch was anziehen.«
Der Gedanke, dass Richard oder irgendwer sonst sie nackt sehen könnte, war ihm unangenehm. Er selber angelte ebenfalls nach seiner Hose, die noch im Salon lag, und schlüpfte hinein. Dann kletterte er an Deck und lief nach vorne.
»Ich geh und behalte das Schnellboot im Auge!«, rief er und sprang an Land.
Eine Minute später stand er oben auf der Klippe, von der aus er an diesem Morgen den Sonnenaufgang beobachtet hatte. Er kam gerade noch rechtzeitig, um
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