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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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zu sehen, wie das Schnellboot den Kurs vom offenen Wasser landeinwärts wechselte. Jetzt war es grausame Gewissheit. Richard wollte das innen liegende Fahrwasser absuchen!
    Ole fluchte laut.
    Ihre Feinde waren noch ein paar Meilen entfernt und würden in dem schmalen, gewundenen Fahrwasser hinter den Inseln nicht schnell fahren können. Ole schätzte, dass sie in etwa 15 Minuten die Rückseite ihrer Schäre passieren mussten.
    »Sie kommen!«, schrie er und rannte zur Lotten zurück.
    Als er sie erreicht hatte, entdeckte er Lina. Noch immer nackt stand sie auf dem Vorschiff am Mast, ohne Rucksack, dafür mit der rostigen alten Säge in der Hand, die Ole auf Bassholm gefunden hatte.
    Ole glaubte seinen Augen nicht. Sie war tatsächlich im Begriff, den Mast abzusägen!
    »He, was machst du da?«, entfuhr es ihm fassungslos.
    »Das siehst du doch!«, schnaufte sie ärgerlich zurück. »Steh nicht dumm rum! Komm an Bord und hilf mir lieber!«
    Ole sprang an Deck, noch immer hellauf entsetzt. Sie hatte bereits einen gut drei Finger tiefen Schnitt in den Mast gesägt.
    »Hör auf! Warum tust du das?«
    »Herrgott, Ole Storm, bist du schwer von Begriff! Sie werden nur den Mast sehen, nicht den Rumpf! Der ist von den Felsen verdeckt. Wenn sie keinen Mast sehen, werden sie auch nicht anhalten, sondern vorbeifahren!«
    Ole stutzte. Zwei Sekunden später hatte er eingesehen, dass sie recht hatte. Außerdem war es jetzt völlig egal, was mit dem Mast passierte. Wenn Richard sie entdeckte, war das Boot ohnehin verloren. Und sie dazu. Mit grimmiger Entschlossenheit nahm er ihr die Säge aus der Hand und begann wie ein Besessener zu sägen.
    Wenn mich jetzt jemand aus dem Segelclub sehen könnte, schoss es ihm dabei durch den Kopf. Ole Storm, der halbnackt mit einer rostigen alten Säge versuchte, den Mast vom eigenen Schiff zu fällen!
    Lina kam soeben aus dem Cockpit zurück. Sie hatte ihr Kleid übergeworfen.
    »Tut mir leid«, sagte sie, »das mit dem Schwer-von-Begriff eben.«
    »Schon gut«, antwortete er keuchend. »Mach die Wanten an Steuerbord los! Damit er kippen kann!«
    Lina nickte und begann, die Splinte und Bolzen der beiden Wantenspanner an der rechten Schiffsseite zu lösen.
    Als Ole noch nicht einmal die Hälfte des Mastes durchgesägt hatte, ging es plötzlich merklich schwerer. Natürlich, das Gewicht der Takelage begann nun auf das Sägeblatt zu drücken.
    Lina hatte die Verstagung an Steuerbord gelöst.
    »Häng dich an Backbord ins Want!«, rief er ihr zu. »Um den Schnitt zu entlasten!«
    Als er über die Hälfte des Querschnittes hinweg war, hörten sie bereits das Motorengeräusch des Schnellbootes.
    »Wie weit bist du?«, rief Lina vom Want aus.
    Ole antwortete nicht, sondern erhöhte die Schlagzahl, mit der er das Sägeblatt hin und her riss.
    Das Dröhnen der Motoren kam näher. Wie weit mochte es noch entfernt sein?
    »Kannst du sie sehen?«, stieß er schnaufend hervor.
    Lina drehte sich um, ohne ihre Position im Want zu verlassen.
    »Ja, die Rauchfahne hinter der Nachbarinsel. Sie kommen gleich um die Ecke!«
    Auch die nördliche Nachbarinsel war noch hoch genug, um sie von den Blicken der Feinde abzuschirmen. Aber das war nur noch eine winzige Galgenfrist. Ole schnaufte und ackerte, was seine Muskeln hergaben. In seinem verletzten Arm begann es vor Schmerzen heftig zu pochen. Das Sägeblatt sprang aus dem Schnitt. Er fluchte, setzte erneut an, machte weiter.
    »Gleich ist es da! Zehn, neun …«, zählte Lina. »O Gott, fünf, vier, dr…«
    Weiter kam sie nicht, weil in diesem Augenblick der Mast mit einem fürchterlichen, berstenden Geräusch zu ihrer Seite kippte und samt Lina, die noch im Backbordwant gehangen hatte, ins Wasser klatschte.
    Instinktiv sprang Ole hinterher, in der Sorge, sie könnte im Wasser vom Mast getroffen worden sein.
    »Ich bin in Ordnung!«, japste sie, als sie auftauchte.
    Ole streckte den Arm aus und zog sie an sich heran. Gemeinsam klammerten sie sich an das Holz des Großbaumes, der samt Großsegel ebenfalls über Bord gegangen war. Angespannt und schwer atmend lauschten sie auf das Stampfen der Motoren. Als das Schnellboot die Einfahrt der Lagune erreichte, wurde es abrupt lauter, und sie konnten sogar die Umdrehungen der Schrauben unter Wasser spüren.
    Aber sie wurden nicht langsamer. Kein wütendes Aufheulen der Maschinen, das ein Aufstoppen angezeigt hätte. Das Schnellboot fuhr weiter!
    Dann wurde das Schraubengeräusch wieder leiser und erstarb, das dumpfe

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