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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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Wummern der Maschinen wanderte nach Süden aus.
    Einen langen Augenblick hielten sie beide noch die Luft an, dann fielen sie sich im Wasser um den Hals.
    Sie kletterten an Land, liefen den südlichen Rücken der Insel hinauf und legten sich flach auf den Kamm. Ihre Feinde dampften weiter nach Süden. Sie hatten nichts bemerkt.
    Erleichtert stieß Lina die Luft aus und rollte auf den Rücken. Dann begann sie plötzlich schallend zu lachen.
    So witzig wie Lina konnte Ole die ganze Angelegenheit beileibe nicht finden. Motor abgesoffen, Mast abgesägt. Wie sollten sie jetzt rechtzeitig zu den Väder-Inseln hinauskommen? Der Treffpunkt am Leuchtturm lag schließlich gute sieben Meilen vor der Küste, und das U-Boot, das dort um Punkt drei Uhr auftauchen sollte, würde sicher nicht auf sie warten.
    Lina bemerkte Oles finsteres Gesicht und entschuldigte sich aufrichtig für eine Bemerkung, die ihr noch kurz zuvor herausgerutscht war und die etwas mit Phallussymbolen und sexueller Unterwerfung durch Absägen derselben zu tun gehabt hatte.
    Gemeinsam überlegten sie, wie es weitergehen konnte. Und waren erst einmal ratlos.
    Das Naheliegendste wäre gewesen, den Mast komplett zu kappen und unter Maschine hinaus zu den Inseln zu fahren. Nur dass der verdammte, altersschwache Benzinmotor ja ebenso wenig funktionierte. Ole sah ihn sich noch einmal ausgiebig an, ohne einen Grund für seinen Streik zu entdecken. Er schraubte die Zündkerzen heraus, reinigte sie und setzte sie wieder ein, überprüfte alle sichtbaren elektrischen Kontakte und saugte sogar probehalber an der Spritleitung, was ihm jedoch nur einen Mund voller Benzin und die Erkenntnis einbrachte, dass es auch nicht am Spritmangel gelegen haben konnte. Wieder und wieder versuchten sie, den Starter zu drehen, jedoch immer mit dem gleichen Ergebnis: mit keinem.
    Blieb also nur der Mast.
    Aber konnte man eine zersägte Spiere tatsächlich wieder flicken? Und zwar so, dass man auch damit segeln konnte? Von so etwas hatte Ole noch nie gehört.
    Allerdings hatte es zu Hause im Club in Kiel mehrere kleinere Boote gegeben, deren Takelage man einfach hatte umklappen können. Dort, wo der Mast an Deck stand, befand sich eine stabile Zange aus dicken Kanthölzern, zwischen denen das Rundholz um einen massiven Bolzen herumgestellt werden konnte. Mit einem zweiten, durchgesteckten Bolzen konnte der Mast dann in der senkrechten Position arretiert werden.
    »So eine Zange könnten wir vielleicht noch hinbekommen«, murmelte Ole.
    Außer dem rostigen Werkzeug hatte er auch einige massive Kanthölzer und diverse Schrauben von der Werft auf Bassholm ins Schiff gelegt. Falls weitere Reparaturen notwendig wurden. Als Bolzen konnten sie die Felshaken verwenden, mit denen Ole die Lotten festgemacht hatte, die im Grunde genommen nichts anderes waren als lange massive Gewindestangen mit einer aufgeschweißten Öse am Ende.
    »Das Problem dürfte wohl eher das Aufrichten sein.«
    Keines der anderen Boote in Kiel war auch nur annähernd so groß gewesen wie die Lotten, und zum Klappen ihrer Masten hatte der Kran am Club zur Verfügung gestanden. Das abgesägte Maststück der Lotten war etwa vierzehn Meter lang und wog so viel wie Ole.
    »Gib mir einen festen Punkt im Weltall«, sagte Lina leichthin, »und ich hebe dir die Welt aus den Angeln!«
    Ole starrte sie irritiert an.
    »Archimedes, Gesetze der Hebelmechanik!«, grinste sie. »Eine von Frederiks Lieblingsvorlesungen! Wir könnten zum Beispiel den Großbaum als Hebelarm nutzen.«
    Sie machten sich ans Werk.
    Der Stumpf des Mastes ragte noch etwa einen Dreiviertelmeter über Deck. Ole benötigte eine gute Stunde, um eine ausreichend stabile Zangenkonstruktion daran zu befestigen. Eine weitere verbrachten sie damit, Baum, Segel, Wanten und Fallen vom Mast abzubauen. Das derart freigelegte vierzehn Meter lange Rundholz zogen sie zunächst aus dem Wasser an Land, um es dann von dort aus Stück für Stück aufs Vorschiff schieben zu können. Als die Schnittstelle endlich in der Zange lag und Ole sie mit Keilen in die richtige Höhe gebracht hatte, waren sie beide außer Atem vor Anstrengung. Ole bohrte mit dem Zimmermannsbohrer ein Loch durch Zange und Mast und trieb mit dem Hammer einen der großen Felshaken hindurch, bis er auf der anderen Seite wieder hervorkam.
    Aber noch wartete der schwerste Teil der Arbeit, das Stellen. Um den Großbaum als Hebel einsetzen zu können, musste dieser wieder an seinem Beschlag angebaut und dann im

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