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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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ausreichend hohe Felsrücken hatte, um den Mast der Lotten zumindest gegen See hin vor neugierigen Blicken zu schützen. Und das schmale, mit Felsen und Untiefen gespickte Innenfahrwasser würde das Schnellboot ohnehin kaum nehmen können.
    Zum Einlaufen in die enge Felsbucht bargen sie die Segel und starteten den Motor. Der schmale Mond warf gerade eben genug von seinem Silber auf die Wasseroberfläche, um ihnen ein paar Felsen zu zeigen, die sie umschiffen mussten, dann fiel der Anker im Heck der Yacht.
    Wieder nutzte Ole den Felshaken, um den Bug an der Schäre zu belegen, und nachdem sie die Segel aufgetucht hatten, holte Lina zwei Gläser und die Flasche Aquavit aus dem Valfångare herauf.
    »Auf Prinzessin Ragnhild!«, sagte sie und ließ ihr Glas gegen das von Ole klicken. »Die dir gestern Abend vermutlich das Leben gerettet hat!«
    »Auf die Segelyacht von Kronprinz Olav«, erwiderte Ole und kippte den Schnaps hinunter.
    Er brannte in der Kehle, aber er wärmte auch und sein scharfer Geruch legte sich gnädig über die letzten Reste Fischgestank, die weniger in Oles Nase als auf der schrecklichen Erinnerung an die Szene im Schuppen klebten.
    Eine Weile saßen sie nebeneinander und betrachteten schweigend das Mondlicht, das silbern auf dem Wasser und den Felsen lag. Kleine Wellen murmelten leise um die Steine am Ufer und die Nachtluft schmeckte kühl und angenehm klar nach Seetang und Salz.
    »Was wirst du tun, wenn das alles hier vorbei ist?«, fragte Lina unvermittelt.
    Ole sah sie überrascht an. Daran hatte er noch keinen einzigen Gedanken verschwendet.
    Er zuckte die Achseln.
    »Keine Ahnung.«
    Die Zukunft schien keinen Raum zu haben in einer Gegenwart, die so voll von Gefahren und Unwägbarkeiten war.
    Oles Gegenwart war Lina, das wurde ihm in dieser Sekunde umso klarer. Nur ihretwegen war er hier. Aber was würde dann kommen? Nach morgen Nacht, wenn die Pläne an Bord des U-Bootes nach England fuhren und diese Gegenwart endete? Konnte es eine gemeinsame Zukunft für sie geben, oder würden sich ihre Wege trennen?
    »Und was ist mit dir?«, fragte er, nur mühsam verbergend, wie klamm ihm mit einem Mal zumute wurde.
    Lina blickte über das Wasser und die Felsen und brauchte lange, bis sie antwortete.
    »Wahrscheinlich gehe ich zurück nach Stockholm, um mein Studium wieder aufzunehmen. Ich war dort an der Uni.«
    »Ich weiß«, murmelte er. »Physik.«
    »Aber andererseits … jetzt, wo Frederik tot ist … Vielleicht fange ich auch einfach irgendwas Neues an, wer weiß?«
    Sie verstummte.
    Ole wartete. Nach einem langen Moment nickte er enttäuscht. Sie hatte nicht gefragt, ob er mitkommen wollte. Ob sie nicht noch ein bisschen mehr Zeit miteinander verbringen könnten. Keinerlei Andeutung, dass das Neue, das sie vielleicht anfangen wollte, etwas mit ihm zu tun haben könnte.
    Dann war es wohl so.
    Plötzlich wurde ihm kalt, und er fühlte sich unendlich müde.
    »Entschuldige«, murmelte er. »Ich glaube, ich muss in die Koje.«
    Er stand auf und kletterte den Niedergang hinunter in die Kajüte.
    Plötzlich fühlte er ihre Hand auf seinem Arm.
    »Ole, warte!«
    Er drehte sich um.
    »Ich habe keine Ahnung, was kommen wird.«
    Sie kam ebenfalls den Niedergang hinunter und stand nun genau vor ihm. Das Grün ihrer Augen war beinahe schwarz und so unergründlich tief wie die See. Ihre Finger strichen über seine Stirn und durch sein Haar.
    »Aber eine Sache weiß ich genau«, flüsterte sie.
    Und küsste ihn sachte auf den Mund. Nur eine federleichte Berührung ihrer Lippen, ein vorsichtiges Tasten, eine Frage.
    Nach einem Moment, in dem er zu verwundert war, um zu reagieren, beantwortete Ole sie mit einem zweiten Kuss. Sehr entschieden und sehr viel länger.
    Als er die Augen wieder öffnete, lag er mit dem Rücken auf der schmalen Sitzbank und sah sie über sich, leicht nach vorne gebeugt, mit offenen Haaren und nackten Schultern. Ole sah das Kleid weiter ihre Arme herabrutschen und ihre Brüste entblößen. Sie standen hoch und fest nach vorne, stolz wie die einer weiblichen Galionsfigur am Bug eines Clippers, und Ole musste sie einfach in seine Hände nehmen und umfassen. Das entfernte Erstaunen, das er dabei über sich selber empfand, löste sich wie von selbst, als er auch ihre Brustwarzen zu liebkosen begann, erst mit den Fingerspitzen, dann mit seinen Lippen. Sie waren klein und hart und schmeckten ein wenig nach Salzwasser, als gehörten sie zu jener Lina, die Ole zuvor bereits einmal im Traum

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