Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
Stückchen weiter zu sehen ist.«
»Du hast recht.« Mark verschränkte die Arme über der Brust. »Da gehen viele ein und aus, vermute ich mal … «
»Vermute ich auch … aber – wer hat das mal gesagt? – der Anfang einer jeden Katastrophe ist eine beschissene Vermutung … «, überlegte Ronnie laut, und sie rief sich dabei wieder ins Gedächtnis zurück, was sie an jenem Tag erfahren hatte. »Soweit ich mich erinnern kann, klang es, als hätte unser leitender Special Agent Kilgore den Raum mehr oder weniger zu seinem Büro gemacht. Ich glaube, da draußen in seinem Wohnwagen hat es ihm nicht gefallen, und er wollte damit angeben, dass er ein Büro im Weißen Haus hat.«
»Der Chef des Secret Service im Weißen Haus ist also ein Spanner?«
»Das finde ich nicht so schlimm wie die Tatsache, dass er diesem ungehörigen Verhalten kein Ende gesetzt hat«, erwiderte Ronnie.
»Und vor allem, dass er uns kein Wörtchen von dem Vorfall erzählt hat. Er kann das auf keinen Fall vergessen haben, denn das war doch gerade erst eine Woche her.«
Ronnie überprüfte das Datum auf dem Foto. »Ja, genau.« Warum also hatte Kilgore nichts gesagt?
»Was ist denn das für ein Special Agent, der nicht angibt, dass ein Mordopfer eine heimliche Affäre mit einem Kollegen im Dienst hatte?«
»Ein ziemlich beschissener«, erwiderte Ronnie. »Oder einer, der nicht darüber reden wollte, weil seine eigenen Geheimnisse dadurch ans Licht hätten kommen können.«
»Zum Beispiel?«
»Keine Ahnung. Kann doch sein, dass er mit seinem Wissen irgendwas angefangen hat. Vielleicht hat er versucht, es zu nutzen, um Leanne damit rumzukriegen?«
»Igitt.«
Oh je, Ronnie hoffte bloß, dass Leanne sich Kilgores Schweigen nicht mit den gleichen Liebesdiensten erkauft hatte, mit denen sie ihren heimlichen Liebhaber befriedigte. So eine Sexszene wollte sie sich auf keinen Fall ansehen. »Könnte ja sein, dass es doch nicht Kilgore war«, räumte sie ein, »aber ich muss ihn jedenfalls danach fragen.«
»Ja, prima. Er steht auf dich, das hab ich gleich gemerkt.«
Ronnie prustete. »Okay, dann sprich du ihn doch darauf an.«
»Ich kann’s kaum erwarten.« Mark streckte seine langen Beine vor sich aus und schlug die Füße übereinander. »Ich glaube, jetzt können wir zu unserem Möchtegern-Pornostar zurückkehren.«
Ronnie notierte die Zeit und die Nummer des Bildes. Dann ließ sie die Diashow in langsamer Geschwindigkeit weiterlaufen. Sie beobachteten, wie die Hände Leannes Augen bedeckten und wie sie rückwärts ging.
Plötzlich befand das Paar sich in einem vollgestellten Lagerraum. Leanne stieß die Tür zu. Sie drehte den Schlüssel im Schloss – ganz ohne Zwang. Ihre Hand hob sich und knipste den Lichtschalter aus. Dunkelheit. Sie wandte sich zu ihm um, zu einer schattenhaften männlichen Gestalt. Aber es war so dunkel, dass der Mann nicht zu erkennen war.
»Verdammt«, flüsterte Ronnie.
»Ganz ruhig. Das wird gleich heller, das weißt du doch.«
Ja, das wusste sie … sie hatte das beste Stück dieses Unbekannten vorhin viel besser sehen können, als sie gewollt hatte. Sie hoffte bloß, das Licht würde besser werden, bevor die Phase mit dem Hinknien kam, denn sie wollte das Gesicht des Mannes sehen und ihn identifizieren, bevor sie sich wieder seine Genitalien anschauen musste.
Das Paar bewegte sich offenbar. Leanne drehte sich um, ging weiter in den Raum hinein, dicht an ein Fenster ohne Vorhänge. Sie schaute zurück, auf ihre eigene Hand, die eine Männerhand gefasst hielt. Sie zog den Mann mit sich, von der Tür fort, in einen Winkel. Dabei schob sie einige Kartons aus dem Weg.
Das Fenster war jetzt gut zu sehen. Draußen war es dunkel. Warum hat sie so spät noch gearbeitet? Aber von irgendwoher kam Licht – so viel, dass es die Ecke des Raumes, in die das Paar sich zurückgezogen hatte, erhellte. Vielleicht war es die Baustellenbeleuchtung für die Arbeiter, die in letzter Zeit rund um die Uhr geschuftet hatten?
Leanne blieb stehen, drehte sich um und betrachtete den schattenhaften Mann, der sich auf sie zubewegte. Sie schaute seinen Körper an, starrte lustvoll auf den ausgebeulten Schritt seiner Hose, beobachtete, wie er die Hände hob und sein Hemd aufzuknöpfen begann.
Er kam näher. Sie half ihm bei den Knöpfen, ihre blassen Finger im Kontrast zu seinem … grünen Hemd. Er trug ein grünes Hemd. Ein dunkelgrünes Hemd.
Irgendwie fühlte Ronnie sich an etwas erinnert. Ein Verdacht keimte in ihr auf, aber
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