Die Farbe Des Zaubers
sie gerügt oder gar bestraft und mußten sich Anschuldigungen anhören, daß sie sich >in Angelegenheiten außerhalb ihrer Zuständigkeit einmischten<.
Anfangs waren die Höllenhunde zusammengeblieben, hatten weiterhin ihre Waffenübungen abgehalten und beim Wein Pläne geschmiedet, was sie tun würden, wenn die Stiefsöhne und Beysiber in Ungnade fielen und sie selbst wieder in den aktiven Dienst gerufen würden. Daß sie nicht am Krieg am Hexenwall hatten teilnehmen dürfen und schließlich das Attentat auf den Kaiser, hatte den Höllenhunden die letzte Hoffnung geraubt. Die Chance, wieder eingesetzt zu werden, war zunichte. In der Hauptstadt herrschte Chaos, und die Existenz von ein paar Veteranen, die 87 zum Dienst in Freistatt abgestellt worden waren, hatte man zweifellos vergessen. Sie waren unter dem Befehl des Prinzen gestrandet, der sie nicht brauchte.
Sowohl die Waffenübungen als auch die Treffen beim Wein waren immer unregelmäßiger geworden, als die einzelnen Höllenhunde sich bereitwillig in den Schlund von Freistatts Lasterhöhlen ziehen ließen. Für einen Höllenhund gab es Wein und Mädchen immer kostenlos, selbst dann noch, als jeder in der Stadt erkannt hatte, daß sie keine offizielle Macht mehr hatten. Aber allein einen Höllenhund im Haus zu haben war eine Abschreckung für kleine Gauner, so daß Wirte und Puffmütter gern den Preis für ihr Wohlleben bezahlten.
Der Verlust von Ansehen war langsam aber unaufhaltsam gewesen. Das Gespräch der Freudenmädchen, das er mitgehört hatte, schien zu bestätigen, was er bereits einige Zeit vermutete — daß die Höllenhunde nicht nur in Ungnade gefallen waren, sondern sogar von jenen verachtet wurden, auf die sie früher hinabgeschaut hatten. Die einst stolzen Soldaten waren nun eine Meute armseliger Schmarotzer — und das hatte diese Stadt ihnen angetan!
Zalbar schüttelte den Kopf.
Nein, das stimmte nicht. Sein eigener Abstieg hatte angefangen, als er sich mit Jubal gegen Tempus zusammengetan hatte. Es hatte angefangen mit dem Tod von...
»Hilf mir, Zalbar!«
Ausnahmsweise hatte sich Zalbar im Griff. Er drehte sich nicht einmal um.
»Du kommst spät«, sagte er.
»Bitte! Hilf mir! «
Nun wandte sich Zalbar doch seinem Quälgeist zu.
Es war Razkuli. Er war sein bester Freund unter den Höllenhunden, oder vielmehr, er war es gewesen, bis Tempus ihn aus Rache wegen seiner Rolle im Jubal-Kurd-Unsinn getötet hatte. Was ihm gegenüberstand, war im Grunde genommen eine Erscheinung oder ein Geist, wie man es eben nennen wollte. Nach zahllosen Begegnungen wußte Zalbar, auch ohne daß er ihn anschaute, daß er den Boden nicht ganz berührte, wo er stand oder ging.
»Warum tust du mir das an?« fragte er heftig. »Ich dachte, du wärst mein Freund!«
»Du bist mein Freund«, versicherte ihm die Erscheinung mit dumpfer Stimme, die aus weiter Ferne zu kommen schien. »Ich habe sonst niemanden, an den ich mich wenden könnte. Deshalb mußt du mir helfen.«
»Hör zu, wir haben das hundertmal durchgekaut«, antwortete Zalbar und versuchte die Ruhe zu bewahren. »Ich brauche meinen Schlaf. Es geht nicht, daß du jedesmal mit deinem Ächzen und Stöhnen auftauchst, wenn ich die Augen zumache. Es war schlimm genug, als du dich nur hin und wieder hast sehen lassen, aber jetzt erscheinst du schon jede Nacht! Sag mir endlich, wie ich dir helfen kann, was du ja bisher nie getan hast, oder verschwinde und laß mir meine Ruhe!«
»Es ist so kalt, wo ich bin, Zalbar. Da gefällt es mir nicht. Du weißt, wie sehr ich immer gefroren habe.«
»Also hier ist es auch nicht gerade himmlisch«, schnaubte Zalbar und staunte über seine eigene Kühnheit. »Und was die Kälte betrifft - es ist Winter. Das bedeutet, daß es überall kalt ist.«
»Ich brauche deine Hilfe. Ohne deine Hilfe kann ich nicht auf die andere Seite übersetzen. Hilf mir, dann belästige ich dich nie wieder.«
Zalbar horchte auf. Das war mehr, als der Geist seines Freundes je gesagt hatte — aber vielleicht war er auch zu betrunken gewesen, es je mitzukriegen.
»Wohin willst du übersetzen? Wie kann ich dir helfen?«
»Das kann ich dir nicht sagen ...«
»O Vashanka!« entfuhr es Zalbar. Er warf hilflos die Hände hoch. »Wie soll ich dir helfen, wenn du mir nicht sagen willst, was ...«
»Sprich mit Ischade«, unterbrach ihn der Geist. »Sie kann dir sagen, was ich nicht vermag.«
»Mit wem?« Zalbar blinzelte. »Ischade? Meinst du die unheimliche Frau, die in Abwind wohnt? Diese
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