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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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…« Mrs Harris’ neugierige Worte hallten in meinem Kopf nach und zerrissen den schönen Moment. Und als ich meine Habseligkeiten aufsammelte und ins Haus ging, überkam mich wieder dieses dunkle Gefühl tiefer Leere.
     
    »Als du weg warst, hat jemand für dich angerufen.« Mutter tauchte mit entspanntem Gesicht in der Küche auf. Sie summte die eben verklungenen Melodien nach, goss sich ein großes Glas Limo ein und bot mir auch eines an. »Ein Mädchen namens Loretta. Kennen wir sie, Liebling? Sie hörte sich wie eine Afrikaanderin an …«
    »Sie ist ein Mädchen aus der Steunmekaar-Highschool«, antwortete ich schnell und fühlte mich plötzlich wieder fröhlich und leicht. »Hat sie gesagt, wann ich zurückrufen soll?«
    Mutter hielt ihr kaltes Glas an die Wange und fuhr mit dem Finger über die gekachelte Arbeitsplatte. »Ich weiß nicht, Liebes, ob es eine so gute Idee ist, sich mit einem Afrikaander-Mädchen anzufreunden …«
    »Mutter!« Ich knallte mein Glas auf den Tisch. »Du machst Witze, oder?«
    »Leider nein …«, sagte sie, und jedes Wort kam nun langsam und zaghaft. »Sie hassen uns, Ruby, sie beobachten jede unserer Bewegungen.«
    »Sie? Du meinst alle Afrikaander? Nicht nur Polizei und Sicherheitsdienst?« Ich hob ärgerlich die Stimme.
    »Ruby, hör zu … du hast dieses Mädchen doch gerade erst kennengelernt.« Mutter kam zu mir und berührte meine Schulter, aber ich schüttelte ihre Hand ab. »Du weißt nicht, wer ihre Eltern sind, was sie machen …«
    »Sie ist einfach ein Mädchen. Nur eben ein Afrikaander-Mädchen, das ist alles, Mutter.« Ich biss auf meine Unterlippe.
    »Ich weiß, es hört sich unmöglich an, besonders von mir.« Mutter runzelte die Stirn, und zwischen ihren gewölbten Brauen bildeten sich fein verästelte Fältchen. »Aber wir stehen unter so strenger Beobachtung, dass ich gerade jetzt, wo es nur noch ein paar Wochen bis zu Julians Ausstellung sind – falls sie denn je zustande kommt –, dass ich gerade jetzt nicht noch mehr Sorgen brauche, als ich ohnehin habe. Verstehst du das, mein Liebling?« Fragend sah sie mich an.
    Ich spürte jetzt helle Wut in mir, aber was über meine Lippen kam, verblüffte uns beide. Ich lachte. Es war ein unbezähmbares Lachen, das auch nicht verebbte, als mein Vater, frisch geduscht, ins Zimmer kam.
    »Was gibt’s zu lachen, meine Damen?«
    »Sie ist ganz durcheinander«, sagte Mutter.
    »Wohl kaum.«
    »Ist sie doch. Glaub mir. Es ist wegen dieses Mädchens, einer Afrikaanderin.«
    Ich hielt die Luft an, um dieses tief von innen kommende Gelächter zu unterdrücken, und wandte mich Vater zu. »Siehst du das auch so wie Mutter?«
    »Es sind schwere Zeiten, Ruby. Wir müssen eng zusammenrücken und dürfen nicht Fremden unsere Welt öffnen.«
    »Ihr seid Heuchler! Alle beide!« Ich schüttelte den Kopf. »Die einen achtet man, die anderen aber nicht? Was ist mit eurer Maxime‚ alle Menschen sind gleich’?« Ich fuchtelte mit den Armen vor ihnen. »Oder gilt das nur wahlweise? Schwarz und Weiß ja, Englischsprachige und Afrikaanssprachige nein.«
    »Ruby, hör auf!« Vater hob die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen, dann drehte er sich zu Mutter um. »Sie hat recht, Annabel. Das können wir ihr nicht antun. Sie hat eine neue Freundin gefunden. Und wir haben Ruby so erzogen, dass sie nicht auf Rasse, Glaube oder Farbe achtet. Schlimm genug, dass sie nie jemanden mit nach Hause bringen kann.«
    »Ein Spiel mit dem Feuer ist das Letzte, was wir im Moment gebrauchen können …« Mit zitternden Fingern strich sich Mutter über den Nacken. »Aber es stimmt wohl, ich fürchte, wir haben uns verrannt.« Mutter schüttelte den Kopf. »Was habe ich mir nur gedacht? Sie ist ein Schulmädchen, ein ganz normales Schulmädchen. Ich bin in letzter Zeit so vorsichtig und misstrauisch geworden«, sagte sie leise und setzte sich schwerfällig an den Küchentisch. »Vielleicht zu vorsichtig …«
    »Wird die Galerie von der Polizei beobachtet, Mutter?« Ich zog einen Stuhl neben ihren.
    »Ja. Jeden Tag.« Sie seufzte. »Sie hängen dauernd vor der Galerie herum. Kontrollieren sogar unseren Abfall. Manchmal schicken sie einen ihrer Typen in Zivil rein, der gibt sich dann als Kunstliebhaber aus.« Sie schloss die Augen und presste die Hände an die Schläfen, als bereite ihr diese Vorstellung abscheuliche Kopfschmerzen. Eine Weile verharrte sie so, und dann, als hätte sich in ihrem Innern etwas Schweres gehoben, öffnete sie die Augen und sah

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