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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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auf und beobachtete, wie die beiden Männer einander musterten. Sie waren ungefähr gleich groß, aber Johann war weitaus muskulöser. Johann schien verwirrt und unsicher darüber, wer dieser Schwarze war, der Khakihosen und ein Hemd mit Button-down-Kragen trug und offensichtlich kein Gärtner oder Hausangestellter war. Schnell trat ich auf die beiden zu, umarmte Johann verlegen und zeigte dann von Julian zu den verpackten Bildern hin.
    »Ich bin ein Maler aus Soweto«, sagte Julian langsam.
    Johann nickte und streckte ihm die Hand hin, aber Julian ignorierte die Geste.
    »Ich bin Johann.« Seine Hand blieb unschlüssig in der Luft hängen, nach einer Weile zog er sie zurück und legte sie zärtlich um meine Taille.
    Ich sah, wie Julian ihn von oben bis unten musterte und sein Blick schließlich auf seinen Fingern hängen blieb, die fest auf meiner Hüfte lagen. »Ich weiß, wer Sie sind.« Sein Blick war unverändert starr. »Aber Sie, Sie haben bis zu diesem Augenblick natürlich nichts von mir gewusst. Habe ich recht?«
    » Ja , Ruby hat nicht davon gesprochen, dass …«, fing Johann an, aber Julian fiel ihm ins Wort.
    »Natürlich nicht. Ich bin der Unsichtbare …«
    Ich lief zu Julian, ergriff seinen Arm und schüttelte heftig den Kopf. Er zuckte zusammen und entzog sich meiner Berührung.
    »Ja, Wahrheit tut weh.«
    Johann stand reglos da, ein Ausdruck der Verblüffung huschte über sein Gesicht. »Ich sollte vielleicht besser gehen … Ich wusste nicht, dass ich störe …«
    Da quälte sich ein halb ersticktes »Nein« aus meiner Kehle und verursachte einen schneidenden Schmerz, der mir wie ein Messer durch den Hals fuhr. Ich lief auf Johann zu, auf halbem Weg hielt ich inne. Wie versteinert stand ich zwischen den beiden und spürte meine Beine bleischwer werden, als wären sie festzementiert. Ich blickte von Johann zu Julian und wieder zurück. Ihre Augen waren auf mich gerichtet, abwartend. Aber es war Johann, der einen Schritt auf mich zukam und nach meiner Hand griff.
    »Komm, du siehst ja aus, als würdest du jeden Moment ohnmächtig werden. Wir gehen an die frische Luft …«
    Ich nickte hilflos und drehte mich zu Julian um. Seine Augen waren hart wie zwei Murmeln. »Schon gut, Ruby. Geh.«
    »Es war nett, Sie kennenzulernen …«, sagte Johann höflich.
    »Julian. Mein Name ist Julian.« Seine Stimme war rau. »Mambasa«, hörte ich ihn ergänzen, als Johann schon die Ateliertür hinter uns schloss. Auf einmal verlor ich den Boden unter den Füßen, ich fiel, und die Welt wurde dunkel.
     
    Ich spürte, wie Johanns starke Arme mich aufhoben, und während er mich ins Haus und die Treppe hinauftrug, glitt ich zwischen bewusstlosen und klaren Momenten hin und her, denn Mutters aufgeregte Stimme sickerte zu mir durch. »Sie ist völlig überlastet und erschöpft«, hörte ich wie durch dichten Nebel.
    »Sie wird schon wieder, Mrs. Winters«, antwortete Johanns tiefe ruhige Stimme, und seine Worte klangen verzerrt.
    Warme kleine Hände breiteten eine Decke über mich. Mutters Mandarinenduft hüllte mich ein.
    Wie ich so durch Raum und Zeit schwebte, mal in dieser, mal in jener Welt, hörte ich, wie Johann Mutter nach Julian fragte, aber gerade als sie ihm in ihrem singenden Tonfall vorschwindelte, dass er jeden Abend mit dem Bus zurück nach Soweto fahre, schwand mein Bewusstsein wieder.
     
    »Würde Ruby Winters bitte aufstehen? Die wirkliche Ruby Winters möchte bitte aufstehen und auf die Bühne kommen!« Ich kann die Menschen im Publikum nicht sehen, aber ich höre lauten Beifall, der nach wenigen Sekunden in wütende Buh-Rufe übergeht. Ruuuby Red – Rote Ruby – Rotzige Ruby – Ruby Red! Dann trifft mich etwas Kaltes auf der Brust, und ich falle von der Bühne…
     
    Dr. Jacobs eiskaltes Stethoskop auf meiner Haut weckte mich vollends.
    »Meinst du, du kannst stehen, Ruby? Oder dich vielleicht wenigstens im Bett aufsetzen? Ich muss deine Lunge abhören.«
    Ich brauchte eine Weile, bis ich mich orientiert hatte. Draußen war es dunkel, und jemand hatte das Licht in meinem Zimmer angeschaltet. Ich setzte mich langsam auf, und Dr. Jacobs beugte meinen Oberkörper nach vorn. Mutter ging nervös auf und ab. Ich sah mich nach Johann um, aber er war nicht mehr im Zimmer.
    »Ich denke, sie braucht etwas zur Stärkung, eine Spritze, die sie wieder auf die Beine bringt. Die Probleme in der Schule, der Verlust der besten Freundin und dann noch ihr Freund, der Afrikaander ist – das ist alles zu viel für

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