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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Philosophen und Forschern, die nach Wissen strebten. Ständig versuchten sie, über alle sonderbaren Dinge des wundervoll komplexen Universums Aufschluß zu gewinnen, was sie natürlich nicht daran hinderte, aus dem Umzaun gerettete schiffbrüchige Seeleute zu versklaven und ihnen die Zunge herauszuschneiden.
    An dieser Stelle beantwortete Tethis einige Zwischenfragen seiner beiden Zuhörer und wies dann darauf hin, wie sinnlos Fluchtversuche seien. Um eine der anderen dreihundertachtzig Inseln zwischen diesem Eiland und Krull zu erreichen, benötigte man ein Boot, und nur ein Selbstmörder wäre bereit gewesen, über den Rand zu springen. Außerdem ließ Tethis keinen Zweifel daran, daß erzwungenes Schweigen dem Tod in jedem Fall vorzuziehen sei.
    Stille folgte diesen Ausführungen, und durch das von der Nacht gedämpfte Donnern des Randfalls bekam sie noch mehr Gewicht. Dann knarrte wieder der Schaukelstuhl des Trolls. Während seines Monologs schien er noch mehr gewachsen zu sein.
    »Natürlich ist das alles nicht persönlich gemeint«, fügte er hinzu. »Ich bin ebenfalls ein Sklave. Wenn ihr mich zu überwältigen versucht, muß ich euch leider töten, aber daran fände ich keinen Gefallen.«
    Rincewind betrachtete die glänzenden Fäuste im Schoß des Trolls. Wahrscheinlich konnten sie mit der unbarmherzigen Wucht eines Tsunamis zuschlagen.
    »Du verstehst nicht ganz«, sagte Zweiblum. »Ich bin Bürger des Goldenen Reiches. Krull möchte sich bestimmt nicht den Unwillen des Kaisers zuziehen.«
    »Wie soll der Kaiser davon erfahren?« hielt ihm der Troll entgegen. »Glaubst du vielleicht, du bist der einzige Mann aus dem Reich, der in den Umzaun geriet?«
    »Ich will kein Sklave sein!« rief Rincewind. »Eher… eher springe ich über den Rand!« Er war überrascht vom Klang seiner Stimme.
    »Ach, tatsächlich?« erwiderte Tethis. Der Schaukelstuhl flog plötzlich zur Wand, und ein blauer Arm schlang sich um die Taille des Zauberers. Einige Sekunden später trug der Troll Rincewind nach draußen.
    Er blieb erst am randwärtigen Ufer der Insel stehen. Rincewind zappelte.
    »Hör auf damit, wenn du nicht über den Rand fallen willst«, gluckerte der Troll. »Ich halte dich fest, oder? Sieh dir das an!«
Rincewind hob vorsichtig die Lider.
    Er sah eine samtschwarze Nacht, in der dunstumhüllte Sterne friedlich glänzten. Doch eine unwiderstehliche Faszination lockte seinen Blick nach unten.
    Es war Mitternacht auf der Scheibenwelt, und das bedeutete: Die Sonne befand sich tief unten, glühte nun unter dem gewaltigen eisbedeckten Brustbein Groß-A'Tuins. Rincewind versuchte, sich auf die Stiefelspitzen zu konzentrieren, die einige Zentimeter weit über den Felssims hinausragten, doch dann streifte sein Blick die Fesseln der Panik ab.
    Rechts und links strömten die Fluten des Runden Meers über den Rand und formten zwei glitzernde Vorhänge aus Wasser, die sich in der Tiefe vereinten. Hundert Meter weiter unten sah Rincewind den größten Lachs seines Lebens: Mit einem letzten hoffnungslosen Sprung bemühte sich der Fisch, nach oben zurückzukehren. Dann fiel er und drehte sich im goldenen Unterweltlicht um die eigene Achse.
    Riesige Schatten wuchsen aus jenem Licht, wie Säulen, die das Dach des Universums trugen. Hunderte von Meilen unter der Scheibenwelt bemerkte der Zauberer einen Schatten, eine undeutliche Gestalt…
    Rincewind hatte manchmal die Wolken betrachtet und plötzlich seltsame Muster in ihnen erkannt. Jetzt erlebte er ein ähnliches Phänomen. Die Perspektive verschob sich plötzlich und gewann einen ganz neuen, erschreckenden Aspekt. Der Zauberer sah jetzt den Kopf eines Elefanten, so groß wie einen mittleren Kontinent. Ein mächtiger Stoßzahn ragte wie ein Berg durchs goldene Licht und projizierte einen breiten Schatten zu den Sternen. Der Schädel war ein wenig zur Seite geneigt, und ein immenses rubinfarbenes Auge wirkte wie ein roter Superriese, dem es gelang, auch mittags zu leuchten.
    Unter dem Elefanten…
Rincewind schluckte und trachtete danach, seine Vorstellungskraft im Zaum zu halten.
    Unter dem Elefanten glänzte nur die ferne Sonne. Doch daneben zeichnete sich etwas ab, das trotz stadtgroßer Schuppen, pockennarbiger Krater und einer zerklüfteten mondartigen Landschaft der Paddelfuß einer Schildkröte sein mußte.
    »Soll ich dich loslassen?« fragte der Troll.
»Gnarrgh«, erwiderte Rincewind und versuchte, sich in leerer Luft nach hinten zu ziehen.
    »Seit fünf Jahren lebe ich

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