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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Glaubst du, daß wir dann tief unten die Weltenschildkröte Groß-A'Tuin sehen können?«
    »Hoffentlich nicht«, entgegnete Rincewind. »Das meine ich ernst. Können wir jetzt gehen?«
    Widerstrebend folgte ihm Zweiblum in die Hütte. Der Troll hatte zwei Öllampen angezündet und saß in einem Schaukelstuhl. Als Rincewind und der Tourist hereinkamen, stand er auf, nahm eine große Karaffe und füllte zwei Becher mit grüner Flüssigkeit. Im matten Licht schien er zu phosphoreszieren, wie warme Meere in lauen Sommernächten. Eine weitere Einzelheit seines Erscheinungsbilds gab dem langsam erwachenden Entsetzen des Zauberers einen Stoß in die Rippen: Der Troll schien etwas größer geworden zu sein.
    Die Einrichtung des Zimmers bestand überwiegend aus Kisten. »Äh«, sagte Rincewind. »Hübsches Plätzchen. Nicht übel.« Er benutzte ein Wort, das er von Zweiblum gelernt hatte: »Idyllisch.«
    Dann griff er nach einem der beiden Becher und betrachtete die grüne Flüssigkeit darin. Hoffentlich ist sie trinkbar, dachte er. Ich bin nämlich fest entschlossen, sie zu trinken. Der Zauberer schluckte.
    Der Geschmack erinnerte ihn an das Zeug, das ihm Zweiblum im Boot eingeflößt hatte, aber da er zu jenem Zeitpunkt mit dringenderen Angelegenheiten beschäftigt gewesen war, bekamen Zunge und Gaumen erst jetzt Gelegenheit, die Mysterien dieses neuen Aromas zu erforschen.
    Rincewinds Mundwinkel zuckten. Er wimmerte leise. Das eine Bein zuckte plötzlich hoch und traf ihn an der Brust. Schmerzerfüllt verzog er das Gesicht.
    Zweiblum drehte nachdenklich den Becher, hob ihn dann an die Lippen und trank noch einen zweiten Schluck.
    »Ghlen Livid«, sagte er im Tonfall eines Kenners. »Ein Getränk aus fermentierten Vulnüssen, das man in meiner Heimat kaltdestilliert. Eine gewisse rauchige Qualität… Pikant. Von den westlichen Plantagen der, äh, Rehigreed-Provinz? Und vermutlich die Ernte des nächsten Jahres, wie ich aufgrund der Farbe annehme. Darf ich fragen, wie du dazu gekommen bist?«
    (Die Flora der Scheibenwelt läßt sich in verschiedene Kategorien einteilen. Die sogenannten einjährigen Pflanzen werden in diesem Jahr gesät und gedeihen später im gleichen Jahr. Die zweijährigen sät man jetzt, damit sie im nächsten Jahr heranwachsen. Hinzu kommen die multijährigen Spezies: Sie sät man in diesem Jahr, damit sie irgendwann keimen. Darüber hinaus gibt es die besondere Gattung der rückjährigen beziehungsweise reannuellen Pflanzen. Aufgrund einer besonderen vierdimensionalen Krümmung in ihren Genen sind sie imstande, jetzt gesät zu werden, um im vergangenen Jahr Früchte zu tragen. Die Vulnuß war in diesem Zusammenhang besonders außergewöhnlich, denn sie konnte bis zu acht Jahre vor ihrer Saat blühen. Wein aus Vulnüssen ermöglichte es gewissen Trinkern angeblich, in eine Zukunft zu sehen, die vom Standpunkt der Nuß aus betrachtet längst zur Vergangenheit gehörte. Seltsam, aber wahr.)
    »Ständig geraten viele Dinge in den Umzaun«, erklärte der Troll gnomisch und ließ seinen Stuhl sanft schaukeln. »Meine Aufgabe ist es, das Treibgut zu bergen. Planken. Schiffe. Fässer mit Wein. Stoffballen. Und so weiter.«
    Hinter Rincewinds Stirn strahlte das Licht des Verstehens. »Der Umzaun ist kein Zaun, sondern ein Netz, stimmt's? Am Rand der Scheibenwelt spannt sich ein Netz.«
Der Troll nickte. Kleine Wellen rollten ihm über die Brust. Rincewind blickte nach draußen in die fluoreszierende Dunkelheit und grinste breit.
    »Natürlich!« entfuhr es ihm. Und: »Erstaunlich! Man treibt Pfähle in den Grund oder verankert sie an Riffen, und anschließend… Meine Güte, das Netz muß sehr fest sein!«
    »Das ist es auch«, betonte Tethis.
»Es könnte sich mehrere Meilen weit erstrecken, wenn man genug Felsen und – Dinge findet«, überlegte der Zauberer laut.
»Seine Länge beträgt zehntausend Meilen. Ich kontrolliere nur diesen kleinen Bereich.«
    »Zehntausend Meilen? Ein Drittel des Umfangs der Scheibenwelt?«
    Erneut nickte der Troll, und dabei erklang ein leises Plätschern. Während Rincewind und Zweiblum grünen Wein tranken, erzählte Tethis vom Umzaun und der Mühe, ihn zu bauen. Er berichtete vom uralten und weisen Königreich Krull, das den Umzaun vor einigen Jahrhunderten konstruiert hatte, von den sieben Flotten, die ständig an ihm entlangsegelten, um ihn in Ordnung zu halten und das Bergungsgut in die Heimat zu bringen. Krull… Ein Land, das von klugen Gelehrten regiert wurde, von

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