Die Farben der Sehnsucht
versuchte es, sie versuchte es wirklich, doch es war sinnlos. Er lenkte sie mit seinen Händen ab, mit seinem Mund, und ihr Widerstand bröckelte.
Ihr Liebesspiel war leidenschaftlich und hemmungslos.
Und es war noch nicht vorbei.
Noch weitere zwei Mal gaben sie sich einander hin …
Am nächsten Nachmittag, als sie schließlich das Hotelzimmer verließen, blieb Colette nur wenig Zeit, um nach Hause zu hetzen, sich zu duschen, ihren Koffer zu schnappen und nach Denver zu fliegen, um ihre Eltern zu treffen.
Es war das schlimmste Weihnachtsfest ihres Lebens.
Am Heiligen Abend sahen sie und ihre Eltern sich das Krippenspiel in der Kirche an – mit echten Tieren und einem neugeborenen Kind. Während des Gottesdienstes rannen Colette unablässig Tränen übers Gesicht. Ihre Eltern nahmen an, dass ihre Tränen Derek galten, den sie nach seinem Tod noch immer so furchtbar vermisste – und das stimmte auch. Doch es steckte noch mehr hinter ihrer Traurigkeit. Sie weinte aus Gründen, die sie selbst noch nicht gänzlich verstanden hatte.
Und noch etwas zehrte an ihren Nerven. Im Rausch der Gefühle und ihrer Gedankenlosigkeit hatten weder sie noch Christian über Verhütung nachgedacht. Colette hatte noch nie zuvor so viel gebetet. Aber ein kurzer Blick auf den Kalender genügte, um ihr bewusst zu machen, dass sie in der Nacht mit Christian möglicherweise schwanger geworden war.
Als sie zur Arbeit zurückkehrte, war es für beide ein peinlicher Moment. Christian behandelte sie, als wäre nichts geschehen, und eine Zeit lang spielte sie dieses Spiel mit.
Doch eines Tages – Christian war nicht im Büro – erhielt sie einen wichtigen Anruf eines Zollmaklers und musste an Christians Computer, um den Service-Code auf einem bestimmten Vertrag zu suchen. Er hatte seinen Rechner heruntergefahren, obwohl er ihn sonst nie ausschaltete. Oft musste sie für ihre Arbeit in älteren Dateien nach Informationen suchen, und deshalb ließ er seinen Computer normalerweise immer laufen. Da sie ihn mittlerweile ziemlich gut kannte, dauerte es nicht lange, bis sie sein Passwort herausgefunden hatte, das er in seinem Rolodex unter P notiert hatte. Sie würde es ihm erklären, wenn er wieder im Büro war. Schnell fand sie die notwendigen Angaben und wollte aufstehen und gehen, als eine Datei mit einem seltsamen fremden Namen ihre Aufmerksamkeit erregte. Der Name bestand aus mehreren chinesischen Wörtern, die ihr allesamt nicht bekannt vorkamen. Christian sprach fließend Mandarin, doch eigentlich betitelte er seine Dateien und Ordner immer auf Englisch. Nicht nur, dass Colette die Wörter nicht bekannt vorkamen, sie deckten sich auch mit keinem Namen ihrer Lieferanten in China.
Warum sie die Datei schließlich öffnete, würde sie sich wahrscheinlich niemals erklären können. Die Beziehung zwischen Christian und ihr war angespannt, und keiner von beiden verlor auch nur ein Wort über jene Nacht. Aus wel chem Grund auch immer – bloße Neugierde oder ein latenter Verdacht –, sie öffnete die Datei …
Seitdem hatte sie sich hundert, nein, tausend Mal gewünscht, es nicht getan zu haben. Denn in jenem Augenblick hatte sie mehr über den Mann, der ihr Arbeitgeber war, gelernt, als sie jemals hatte wissen wollen.
Sie hatte nicht sofort verstanden, was sie dort las, doch irgendwann war es mehr als offensichtlich gewesen: Christian Dempsey war in den Schmuggel von illegalen Einwanderern aus China verwickelt, und seine Importfirma diente als Tarnung.
Zuerst hatte sie sich geweigert, das zu glauben. Doch als sie über sein Verhalten seit Weihnachten nachdachte, wurde ihr einiges klar. Sie hatte geglaubt, dass seine veränderte Haltung ihr gegenüber mit ihrer gemeinsam verbrachten Nacht zusammenhing – aber angesichts der Dinge, die sie über ihn herausgefunden hatte, erschien ihr sein Verhalten nachvollziehbar – und bedrohlich. Er hatte damit begonnen, die Tür zwischen ihren Büros abzuschließen, und sie angewiesen, ihn unter gar keinen Umständen zu stören. Ohne weitere Erklärungen blieb er für längere Zeit weg. Und manchmal, spät am Tag, empfing er Gäste, die von der Zentrale nicht angekündigt worden waren. Gäste, die er auch ihr nicht vorstellte.
Es ergab alles einen schrecklichen Sinn.
Als das neue Jahr dann gerade drei Wochen alt war, wurde Colette klar, dass sie das Offensichtliche nicht länger ignorieren konnte. Ein Schwangerschaftstest aus der Drogerie brachte Gewissheit.
Unter normalen Umständen hätte
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