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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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die Krypta gebracht worden, obwohl man das, im nachhinein betrachtet, hätte tun sollen. Und des Bischofs Vogeltränke sah weitaus unzerstörbarer aus als das marmorne Taufbecken.
    Sie war unzerstörbar. Das herunterbrechende Kirchendach würde nicht einmal die pausbäckigen Engel an ihr geritzt haben. Inmitten der Asche hätte sie stehen sollen, sich über den Trümmern erheben, unberührt, unbeschadet, unbe…
    Als ich erwachte, war es heller Tag, und Baine stand mit einer Tasse Tee vor meinem Bett.
    »Guten Morgen, Sir«, sagte er. »Ich habe mir erlaubt, Prinzessin Arjumand ins Zimmer ihrer Besitzerin zu bringen.«
    »Gute Idee.« Ich bemerkte erst jetzt, daß ich ein Kopfkissen und Luft zum Atmen hatte.
    »Ja, Sir. Miß Mering wäre sehr entsetzt gewesen, wenn sie beim Aufwachen Prinzessin Arjumand nicht vorgefunden hätte, obwohl ich die Anhänglichkeit der Katze an Sie ziemlich gut verstehen kann.«
    Ich setzte mich. »Wie spät ist es?«
    »Acht Uhr, Sir.« Er reichte mir die Tasse. »Leider ist es mir nicht gelungen, den Hauptteil des Gepäcks von Mr. St. Trewes, Professor Peddick und Ihnen zu bergen. Ich habe nur das hier gefunden.«
    Er hielt die zu kleine Abendgarderobe hoch, die Finch mir eingepackt hatte. »Was, wie ich befürchte, durch den Aufenthalt im Wasser beträchtlich geschrumpft ist. Ich habe bereits nach Ersatz geschickt und…«
    »Ersatz?« Ich verschüttete beinahe den Tee. »Von woher?«
    »Swan & Edgar’s natürlich«, sagte Baine. »Hier haben wir jedenfalls schon einmal Ihre Bootskleidung.«
    Er hatte mehr getan als sie nur zu bügeln. Das Hemd war gebleicht und durch und durch gestärkt, der Anzug sah aus wie neu. Ich hoffte, ich begriff, wie man ihn anzog. Nachdenklich nippte ich an meinem Tee und versuchte mich daran zu erinnern, wie man den Schlips band.
    »Um neun Uhr ist Frühstück, Sir«, sagte Baine. Er goß aus dem Spender heißes Wasser in die Schüssel und öffnete das Kästchen mit den Rasiermessern.
    Der Schlips war wahrscheinlich unwichtig. Ich würde mir die Kehle beim Rasieren durchschneiden, bevor ich zum Umbinden kam.
    »Mrs. Mering wünscht, daß jedermann pünktlich um neun zum Frühstück erscheint. Es sind noch eine Menge Vorbereitungen für das Kirchfest zu treffen«, sagte Baine und holte die Messer heraus. »Besonders für den Wohltätigkeitsbasar.«
    Der Wohltätigkeitsbasar. Den hatte ich beinahe vergessen oder besser gesagt: erfolgreich verdrängt. Ich schien dazu verdammt zu sein, an Kirchfesten und Wohltätigkeitsbasaren teilzunehmen, ganz gleich, in welchem Jahrhundert ich mich befand.
    »Wann findet es statt?« fragte ich in der Hoffnung, er sage nächsten Monat.
    »Übermorgen.« Baine legte sich ein Handtuch über den Arm.
    Vielleicht waren wir dann schon fort. Professor Peddick würde bestimmt begierig sein, zu der Wiese zu kommen, auf der die Magna Charta unterzeichnet worden war, ganz abgesehen von den exzellenten Barschgründen.
    Terence würde natürlich nicht wegwollen, aber seine Meinung war wahrscheinlich unwichtig. Mrs. Mering hatte beschlossen, ihn nicht zu mögen, und mein Gefühl sagte mir, daß sie ihn würde noch weniger mögen, wenn sie merkte, daß er Absichten hinsichtlich ihrer Tochter hatte. Und keinen Pfennig Geld.
    Möglicherweise jagte sie uns schon gleich nach dem Frühstück aus dem Haus, indem sie die Vorbereitungen für das Fest als Vorwand nahm. Die Inkonsequenz würde beginnen, sich selbst zu korrigieren, und ich konnte auf dem Fluß ein ausgiebiges Schläfchen halten, während Terence ruderte. Wenn ich mich nicht zuvor mit den Rasiermessern umgebracht hatte.
    »Soll ich Sie jetzt rasieren, Sir?« fragte Baine.
    »Ja«, sagte ich und schnellte aus dem Bett.
    Um die Kleidung hätte ich mir ebensowenig Sorgen machen müssen. Baine hatte die Hosenträger sowie den Kragen befestigt, den Schlips vorgeknotet und würde mir auch die Schuhe zugebunden haben, wenn ich ihn gelassen hätte, ob aus Dankbarkeit mir gegenüber oder weil es so üblich war, wußte ich nicht. Ich nahm mir vor, Verity zu fragen.
    »In welchem Raum ist das Frühstück?« fragte ich Baine.
    »Im Frühstückszimmer, Sir«, sagte er. »Die erste Tür links.«
    Beschwingt eilte ich die Treppe hinunter. Ein gutes traditionelles englisches Frühstück, mit Eiern und Speck, Orangenmarmelade, das Ganze von einem Butler serviert, war eine erfreuliche Aussicht, und es war ein wunderbarer Tag. Die Sonnenstrahlen tanzten auf dem polierten Geländer und auf den Porträts.

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