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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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Armen fest wie an den grünen metallenen Streben von Mertons Fußgängereingang. Fast hatte ich es, und wenn ich mich nicht durch plötzliche Bewegungen oder Störungen ablenken ließ, würde ich das ganze Schema sehen.
    Der Schlupfverlust war zu weit entfernt von uns, und Diskrepanzen traten immer nur in der unmittelbaren Umgebung der Inkonsequenz auf. Und die pelztragende Dame bei Blackwell’s hatte gesagt: »Ich bin froh, daß sie ihn geheiratet hat.« Sie hatte über eine Frau gesprochen, die einen Bauern geheiratet hatte. »Sonst hinge sie auf ewig in Oxford, beschäftigt mit Kirchenausschüssen und Wohltätigkeitsbasaren…«
    »Ned?« fragte Verity.
    »Pscht.«
    »Sie war überzeugt, daß man des Bischofs Vogeltränke gestohlen hatte«, hatte Carruthers gesagt, als er über diese »verbitterte alte Jungfer«, Miss Sharpe, gesprochen hatte, die den Blumenausschuß unter sich hatte.
    Und der Luftschutzhelfer hatte zu der grauhaarigen Frau, die das Westportal bewachte, gesagt: »Kommen Sie, Miss Sharpe.« Die grauhaarige Frau, die mich an jemanden erinnerte und die gesagt hatte: »Ich beabsichtige nicht, irgendwo hin zu gehen. Ich bin Vizevorsitzende der Frauengemeinschaft der Kirche und Vorsitzende des Blumenausschusses.«
    »Miss Sharpe«, hatte er sie genannt.
    Miss Sharpe, die so außer sich gewesen war, daß sie jedermann beschuldigte, im vorhinein von dem Angriff gewußt zu haben. Die einen Brief an den Herausgeber der Lokalzeitung geschrieben hatte.
    Einen Brief, in dem sie behauptete, jemand habe von dem Angriff vorher erfahren.
    In Coventry, wo man von dem Angriff vorher gewußt hatte. Das, im Gegensatz zu Muchings End, kein historischer Hinterhof war, sondern ein Krisenpunkt und zwar wegen Ultra.
    Denn wenn die Nazis herausgefunden hätten, daß wir ihre Enigma-Maschine gefunden hatten, hätte das den Verlauf des Krieges ändern können. Und den Lauf der Geschichte.
    Also mußte der einzige Moment, wo jemand durchs Netz dorthin gebracht werden konnte, Teil einer Selbstkorrektur sein.
    Ich hatte Veritys Arme so fest gepackt, daß es sie schmerzen mußte, aber ich wagte nicht, sie loszulassen. »Diese junge Frau in der Kathedrale«, sagte ich, »wie war gleich ihr Name?«
    »In der Kathedrale?« fragte Verity verblüfft. »Ned, es war niemand in der Kathedrale. Sie stand in Flammen.«
    »Nicht während des Angriffs. An dem Tag, an dem wir mit Tossie dort waren. Die junge Frau, die den Geistlichen sprechen wollte. Wie hieß sie?«
    »Ich weiß nicht… so ein Blumenname glaube ich«, sagte Verity. »Germanium oder so…«
    »Delphinium«, sagte ich. »Nicht ihren Vornamen. Ihren Nachnamen.«
    »Ich… er begann mit S. Sherwood? – nein, Sharpe«, sagte Verity, und die Welt drehte sich um hundertachtzig Grad, und ich war nicht am Tor von Balliol, sondern auf dem Sportgelände von Merton und dort, in Christ Church Meadow, stand die Kathedrale von Coventry, das Zentrum des ganzen Geschehens.
    »Ned«, drängte Verity. »Was ist denn?«
    »Wir haben die Sache ganz falsch herum angepackt«, sagte ich. »Du hast keine Inkonsequenz erzeugt.«
    »Aber – die Zwischenfälle«, stammelte sie. »Und der erhöhte Schlupfverlust im Jahr 2018. Es muß eine Inkonsequenz gegeben haben.«
    »Gab es auch«, sagte ich. »Und, dank meiner erstaunlichen kleinen grauen Zellen, weiß ich jetzt, wann sie geschah. Und wodurch sie verursacht wurde.«
    »Wodurch?«
    »Ganz langsam, mein lieber Watson. Ich gebe dir einen Hinweis. Verschiedene Hinweise, besser gesagt. Ultra. Der Mondstein. Die Schlacht von Waterloo. Feind hört mit.«
    »Feind hört mit? Ned…«
    »Carruthers. Der Hund, der nachts nicht bellte. Federhalterwischer. Tauben. Der am wenigsten Verdächtige. Und Feldmarschall Rommel.«
    »Feldmarschall Rommel?«
    »Die Schlacht in Nordafrika«, sagte ich. »Wir benutzten Ultra, um Rommels Versorgungskonvoi zu orten und zu versenken und schickten vorsichtshalber davor ein Aufklärungsflugzeug los, das von dem Konvoi gesichtet werden konnte, damit die Nazis nicht mißtrauisch wurden.«
    Ich erzählte ihr von dem Nebel und dem Flugzeug, das deshalb den Konvoi nicht fand, dem gleichzeitigen Eintreffen der Royal Air Force und der Flotte und, was Ultra danach getan hatte – das Telegramm, die ausgestreuten Gerüchte, die Nachrichten, die zum Abfangen bestimmt waren. »Wenn die Nazis herausgefunden hätten, daß wir Ultra besaßen, würde das den Ausgang des Krieges verändert haben, also mußte der Geheimdienst ein

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