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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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warst?«
    »Nein. Was macht Dunworthy in London?«
    »Lady Schrapnell fiel zu guter Letzt noch ein, daß des Bischofs Vogeltränke möglicherweise am selben Ort verstaut sein könnte, wo die Schätze des Britischen Museums während des Blitzkriegs gelagert waren, nämlich in einem unbenutzten Tunnel der Untergrundbahn.«
    »Ist sie aber nicht«, sagte ich. »Ruf ihn an und sag ihm, er soll sofort hierherkommen. T. J. ist doch hoffentlich nicht bei ihm, oder?« Ich schaute auf die aufeinandergetürmten Monitore, auf denen er seine Waterloo-Simulationen hatte laufen lassen.
    »Nein«, erwiderte Carruthers. »Er zieht sich um. Er wird gleich hier sein. Was soll das alles?«
    »Wo ist Lady Schrapnell?« fragte ich.
    »Lady Schrapnell?« Miss Warders Stimme klang, als hätte sie den Namen noch nie gehört.
    »Ja, Lady Schrapnell«, sagte ich. »Die Kathedrale von Coventry. Der Fluch unseres Lebens. Lady Schrapnell.«
    »Ich dachte, du wolltest um keinen Preis mit ihr zusammentreffen«, sagte Carruthers.
    »Ich will auch jetzt nicht mit ihr zusammentreffen. Es kann aber sein, daß ich sie in ein paar Stunden brauche. Weißt du, wo sie steckt?«
    Er wechselte einen Blick mit Miss Warder. »Bei der Kathedrale vermutlich.«
    »Einer von euch muß das herausfinden«, sagte ich. »Fragt sie, wie ihr Terminplan für den Rest des Tages aussieht.«
    »Ihr Terminplan?« wiederholte Carruthers, und Miss Warder sagte gleichzeitig: »Gehen Sie selbst, wenn Sie das wissen wollen.« Es brauchte offenbar mehr als ein paar Locken, um sie freundlich werden zu lassen. »Ich geh’ nicht das Risiko ein, daß sie mir noch mehr Arbeit aufs Auge drückt! Ich mußte für sie bereits die Altartücher bügeln und…«
    »Macht nichts«, sagte ich. Im Augenblick brauchte ich Lady Schrapnell nicht, und es gab andere, wichtige Dinge zu tun. »Ich brauche Kopien vom Coventry Standard und Midlands Daily Telegraph vom fünfzehnten November bis… wann bist du aus Coventry zurückgekommen?« fragte ich Carruthers. »An welchem Tag?«
    »Vor drei Tagen. Am Mittwoch.«
    »An welchem Tag in Coventry?«
    »Zwölfter Dezember.«
    »Vom fünfzehnten November bis zwölften Dezember«, sagte ich zu Miss Warder.
    »Kommt nicht in Frage!« erwiderte sie. »Ich muß die Altartücher bügeln und drei Rendezvous hereinbringen. Und sämtliche Chorgewänder sind zu pressen. Leinen! Als ob es nicht genügend andere Materialien gäbe, in die sie den Chor hätte einkleiden können, die nicht bereits auf dem Weg durchs Kirchenschiff zum Chor knittern! Nein, sie muß Leinen haben! ›Gott steckt im Detail‹, sagte sie. Und nun erwarten Sie von mir, daß ich auch noch Zeitungskopien…«
    »Ich geh’ schon«, sagte Verity. »Brauchst du Seitenfaksimiles oder nur Artikel, Ned?«
    »Faksimiles.«
    Verity nickte. »Die kann ich in der Bodleiana machen. Ich komm’ dann sofort zurück.« Sie schenkte mir eines ihrer strahlenden Naiadenlächeln, und weg war sie.
    »Du mußt für mich nach Coventry gehen«, sagte ich zu Carruthers.
    »Coventry?« Carruthers wich so heftig zurück, daß er mit Miss Warder zusammenprallte. »Da geh’ ich nicht mehr hin. Ich habe das letzte Mal genug Probleme gehabt, wieder heimzukommen.«
    »Du sollst nicht zum Angriff springen«, sagte ich. »Was ich brauche, ist…«
    »Und ich geh’ auch nicht in die Nähe. Hast du das Kürbisfeld vergessen? Und diese verdammten Bluthunde? Ausgeschlossen.«
    »Du sollst nicht in der Zeit zurückgehen«, sagte ich. »Alles, was ich brauche, sind ein paar Sachen aus dem Kirchenarchiv. Du kannst die Untergrundbahn nehmen. Ich möchte, daß du herausfindest…«
    T. J. betrat das Labor. Er war ebenfalls gut angezogen, mit weißem Hemd und seiner kurzen akademischen Robe. Ich überlegte, ob Lady Schrapnell irgendeine Art Kleiderordnung eingeführt hatte.
    »Einen Augenblick noch, Carruthers«, sagte ich »T. J., tun Sie mir einen Gefallen. Sie haben doch die Simulation dieser Inkonsequenz. Verändern Sie den Fokus.«
    »Den Fokus?« fragte er verdutzt.
    »Das Gebiet, wo die Inkonsequenz erschien.«
    »Sagen Sie bloß nicht, es gibt noch eine Inkonsequenz«, sagte Miss Warder. »Das fehlte uns grade noch! Ich habe fünfzig leinene Chorgewänder zu pressen, drei Rendezvous…« Ich ignorierte sie und sagte zu T. J.: »Sie sagten doch, eine Selbstkorrektur könne sich in die Vergangenheit erstrecken, nicht wahr?«
    Er nickte. »Einige der Modelle zeigten vorsorgliche Selbstkorrekturen.«
    »Und Sie sagten auch,

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