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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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fünfmal zur Kathedrale?«
    Mrs. Bittner nickte. »Ich hatte nur wenig Zeit zwischen dem Moment, wo die Brandwache das Kirchenschiff verließ und dem Augenblick, wo das Feuer außer Kontrolle geriet, und durch den Schlupfverlust kam ich auch noch immer etwas zu spät durch. Mehr als fünfmal schaffte ich es nicht.«
    Verity schaute mich ungläubig an.
    »Geben Sie mir die Schachtel«, bat Mrs. Bittner. »Das zweite Mal wäre ich fast geschnappt worden.«
    »Das war ich«, sagte ich. »Ich sah Sie zum Allerheiligsten laufen.«
    »Sie waren das?« Sie lachte, die Hand auf der Brust. »Ich dachte, es wäre Probst Howard, und ich würde wegen Plündern verhaftet.«
    Verity gab ihr die Schachtel, und Mrs. Bittner öffnete sie und suchte etwas zwischen den Lagen Papier. »Des Bischofs Vogeltränke nahm ich erst beim letzten Sprung mit. Ich wollte die Smithsche Kapelle erreichen, aber sie stand bereits in Flammen. Deshalb rannte ich zur Dyerschen Kapelle und nahm die bronzenen Kerzenleuchter vom Altar, aber sie waren zu heiß. Ich ließ einen fallen, und er rollte unter eine der Bänke.«
    Wo ich ihn fand, dachte ich und annahm, er sei vom Luftdruck dorthin geschleudert worden.
    »Ich suchte ihn«, fuhr Mrs. Bittner fort und durchwühlte nüchtern das Papier, »doch die Dachsparren stürzten bereits herunter, also rannte ich ins Kirchenschiff zurück, wo ich sah, daß die Orgel bereits Feuer gefangen hatte und alles andere auch – die Holzschnitzereien, der hohe Chor und das Allerheiligste, alles in dieser schönen, schönen Kathedrale, und daß ich nichts davon retten konnte. Ich überlegte nicht, sondern griff nach dem nächstbesten, das ich in die Finger bekam, und rannte zum Netz, Wasser verspritzend und Chrysanthemen in alle Richtungen verstreuend.« Sie nahm eine Lage Seidenpapier heraus und wickelte einen bronzenen Kerzenleuchter aus. »Deshalb habe ich nur einen davon.«
    Dunworthy hatte gesagt, daß sie absolut furchtlos sei, und das hatte sie auch sein müssen, um so zwischen herunterbrechenden Balken, fallenden Brandbomben und einem Netz hin- und herzuschießen, das sich Gott-weiß-wann öffnete, ohne Gewißheit, daß es das überhaupt tun würde, ohne Gewißheit, daß das Dach nicht einstürzen würde. Ich schaute Mrs. Bittner ehrfurchtsvoll an.
    »Ned«, befahl sie, »bringen Sie mir jenes Bild. Das unter dem Bettlaken.«
    Ich holte es, und sie zog das Laken von einem Gemälde, das Christus mit dem verlorenen Lamm auf dem Arm zeigte. Verity, die neben mir stand, packte meine Hand.
    »Der Rest der Sachen liegt dort drüben«, sagte Mrs. Bittner. »Unter der Plastikplane.«
    Und dort lagen sie. Das bestickte Altartuch aus der Smithschen Kapelle, ein ziselierter Abendmahlskelch aus Zinn. Eine Holztruhe aus dem sechzehnten Jahrhundert, eine Statuette des Heiligen Michael. Eine mittelalterliche Monstranz mit Einlegarbeiten aus Email, ein silberner Leuchter, in dem noch die Kerzen steckten. Eine Misericordie, in die die sieben Taten der Barmherzigkeit eingeschnitzt waren, und das Bahrtuch aus der Capperschen Kapelle. Ein Altartablett aus georgianischer Zeit. Und das hölzerne Kreuz aus der Girdlerschen Kapelle, an dessen Fuß ein Kind kniete.
    Die ganzen Schätze aus der Kathedrale von Coventry.

»Harris meinte, es sei ein sehr schönes Labyrinth, soweit er es beurteilen könne – und wir kamen überein, auf unserem Rückweg George hineinzulocken.«
    »Drei Mann in einem Boot«
Jerome K. Jerome
     
28. Kapitel
     
     
    Auslieferungen • Finch läßt sich etwas einfallen • Lady Schrapnell ist verschwunden • Begreifen, was das bedeutet • Ein Brief • Das Rätsel um Prinzessin Arjumand wird gelöst • Ein Heiratsantrag in Englisch • Gründe, um zu heiraten • Das Rätsel um Finchs Auftrag wird gelöst • Ein neues Rätsel • Lady Schrapnell sieht des Bischofs Vogeltränke • Das Erdbeben von San Francisco • Schicksal … • Ein glückliches Ende
     
     
    Verity erholte sich zuerst von dem Schock. »Noch fünfundvierzig Minuten bis zur Einweihung«, sagte sie mit einem Blick auf ihre Uhr. »Das schaffen wir nie.«
    »Doch.« Ich schnappte mein Handy und rief Dunworthy an.
    »Wir haben sie«, sagte ich. »Sie müssen uns helfen, nach Oxford zurückzukommen. Können Sie uns einen Helikopter schicken?«
    »Prinzessin Victoria kommt zur Einweihung«, erwiderte er, was mir nicht die rechte Antwort auf meine Frage erschien.
    »Sicherheitsvorkehrungen«, erklärte Verity. »Keine Helis, keine Flugzeuge oder

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