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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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Vogeltränke mit in die Welt hinaus zu nehmen? Wird sie nicht den Lauf der Geschichte verändern?«
    »Das hat sie bereits«, erwiderte ich. »Und Sie auch. Ihnen ist doch klar, was Sie da getan haben, oder? Dank Ihnen haben wir eine ganze Serie Gegenstände entdeckt, die mit durchs Netz gebracht werden können. Andere Schätze, die durch Feuer vernichtet worden sind. Kunstwerke, Bücher und…«
    »Sir Richard Burtons Briefe«, sagte Mrs. Bittner. Sie schaute zu mir hoch. »Seine Frau verbrannte sie nach seinem Tod. Weil sie ihn liebte.«
    Ich setzte mich aufs Sofa. »Sie möchten nicht, daß wir die Vogeltränke mitnehmen, stimmt’s?«
    »Doch.« Sie schüttelte den weißhaarigen Kopf. »Doch. Sie gehört in die Kathedrale.«
    Ich beugte mich vor und nahm ihre Hände. »Dank Ihnen ist die Vergangenheit nicht mehr so unwiderruflich vorbei, wie wir dachten.«
    »Teile der Vergangenheit«, korrigierte sie leise. »Am besten, Sie bringen jetzt den Rest der Sachen hinunter.«
    Ich nickte und machte mich auf den Weg zum Dachboden. Auf der Hälfte der Treppe prallte ich mit Verity zusammen, die vorsichtig das Bahrtuch aus der Capperschen Kapelle auf den ausgestreckten Armen trug.
    »Wirklich erstaunlich«, sagte ich mit einer äußerst gelungenen Imitation von Mrs. Merings Stimme, »welche Schätze manche Menschen auf ihren Dachböden lagern.« Ich grinste sie an und stieg weiter nach oben. Ich hatte das Kinderkreuz und die Altarplatte bereits zur Haustür hinuntergebracht und war gerade dabei, die Truhe aus dem sechzehnten Jahrhundert nach unten zu schleppen, als Verity die Treppe hochrief: »Das Auto ist da.«
    »Es ist kein Solarauto, oder?«
    »Nein. Ein Leichenwagen.«
    »Ist der Sarg noch drin?«
    »Nein.«
    »Gut. Dann dürfte er groß genug sein.« Ich schleppte die Truhe ins Freie.
    Es handelte sich um einen uralten Diesel, der aussah, als sei er während der Großen Seuche benutzt worden, aber zumindest war er groß und hatte eine hintere Ladeklappe. Der Fahrer starrte auf den Haufen Schätze. »Sie waren auf einem Flohmarkt, oder?«
    »Ja«, sagte ich und schob die Truhe in den Wagen.
    »Das geht nie im Leben alles rein«, sagte der Fahrer.
    Ich schob die Truhe nach vorn, soweit es ging, und nahm den silbernen Kandelaber, den Verity mir reichte. »Doch«, sagte ich. »Ich bin ein alter Hase auf diesem Gebiet. Geben Sie mir das bitte.«
    Es paßte alles hinein, wenn das auch hieß, daß wir die Statue des Heiligen Michael auf den Vordersitz placieren mußten. »Mrs. Bittner kann vorn sitzen«, sagte ich zu Verity, »aber wir beide müssen auf den Rücksitz.«
    »Und des Bischofs Vogeltränke?«
    »Nehme ich auf den Schoß.«
    Ich kehrte ins Wohnzimmer zurück. »Wir haben alles eingeladen«, sagte ich zu Mrs. Bittner. »Sind Sie soweit?« Obwohl ich genau sah, daß sie es nicht war. Sie saß immer noch ruhig auf dem chintzbezogenen Stuhl.
    »Ich werde gar nicht mit Ihnen kommen«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Meine Bronchitis…«
    »Nicht mitkommen?« fragte Verity von der Tür her. »Aber Sie sind doch diejenige, die die ganzen Schätze gerettet hat! Sie müssen kommen und sie in der Kathedrale sehen!«
    »Ich habe sie bereits in der Kathedrale gesehen«, sagte Mrs. Bittner. »Schöner als in jener Nacht in den Flammen können sie nicht aussehen.«
    »Ihr Mann würde wollen, daß Sie mitkommen«, sagte Verity. »Er liebte die Kathedrale.«
    »Sie ist nur ein äußerliches Symbol einer größeren Realität«, erwiderte Mrs. Bittner. »Wie das Kontinuum.«
    Der Fahrer steckte den Kopf zur Tür herein. »Ich dachte, Sie hätten’s eilig.«
    »Wir kommen gleich«, sagte ich über die Schulter.
    »Bitte, kommen Sie mit.« Verity kniete sich neben den Stuhl. »Ohne Sie fehlt was.«
    »Unsinn«, sagte Mrs. Bittner. »Oder haben Sie schon mal gelesen, daß die schuldige Partei Harriet und Lord Peter auf der Hochzeitsreise begleitet hätte? Na, sehen Sie. Die schuldige Partei bleibt zurück, um über ihre Sünden und die Konsequenzen, die sich aus ihrer Handlung ergeben haben, nachzusinnen, und das beabsichtige ich auch. Obwohl in meinem Fall die Konsequenzen nicht ganz die sind, die man erwartet hätte. Da muß man sich erst mal dran gewöhnen, wenn man so lange wie ich in Sack und Asche gegangen ist.«
    Sie schenkte uns ein plötzliches Lächeln, und ich begriff schlagartig, worin sich Jim Dunworthy, Shoji Fujisaki und Bitty Bittner verliebt hatten.
    »Sind Sie ganz sicher?« Verity kämpfte mit den

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