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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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Terence.
    »Ich hatte den Kutscher gebeten, zu warten«, sagte er und ging die Stufen der Bahnhofstreppe hinunter, aber vor dem Gebäude war nichts zu sehen außer einem scheckigen Hund, der sich faul mit der Hinterpfote am Ohr kratzte. Er nahm keine Notiz von Terence, als dieser an ihm vorbeiging, und mich durchrann eine weitere Woge der Freude, daß ich Jahre um Jahre entfernt war von bösartigen Hunden und herabjagenden Luftwaffenpiloten, in einer ruhigeren, gemütlicheren, anständigeren Zeit.
    »Ungehobelter Kerl«, sagte Terence. »Ich sagte ihm, er solle warten. Jetzt müssen wir uns am Kornmarkt eine Droschke nehmen.«
    Der Hund verlagerte seine Position und begann, an seinen intimen Teilen zu lecken. Na ja. Vielleicht doch nicht ganz so anständig.
    Und auch überhaupt nicht langsam. »Komm jetzt«, sagte Terence. »Wir haben keine Zeit zu verlieren«, und setzte sich im Laufschritt hoch zur Hythe Brigde Street in Bewegung.
    Ich folgte, so schnell es mein Gepäck und der Zustand der Straße, die ungepflastert und von Droschkenrädern ausgefahren war, gestattete. Es verlangte meine ganze Aufmerksamkeit, nicht zu straucheln und gleichzeitig das Gepäck zu jonglieren.
    »Beeil dich«, sagte Terence und blieb kurz oben auf dem Hügel stehen. »Es ist beinahe Mittag.«
    »Komm ja schon«, erwiderte ich, packte den geschlossenen Weidenkorb fester, der mir aus der Hand zu rutschen drohte, und kämpfte mich den Hügel hoch.
    Als ich oben angekommen war, blieb mir der Mund so dämlich offenstehen wie dem neuen Rekruten in der Kathedrale. Ich war am Kornmarkt, an der Kreuzung von St. Aldate’s und High Street, unterhalb dem mittelalterlichen Turm. Hier hatte ich schon Hunderte von Malen gestanden, um eine Lücke im Verkehr abzuwarten. Aber das war im Oxford des einundzwanzigsten Jahrhunderts gewesen, mit seinen Touristenläden und der U-Bahnstation.
    Dies hier war das echte Oxford mit seinen sonnenbeschienenen Türmen, das Oxford von Newman und Lewis Carroll, von Tom Brown. [23] Hier war die High Street, die sich zum Magdalen und Queen’s College hinabwand, und dort die Alte Bodleiana-Bibliothek mit ihren hohen Fenstern und angeketteten Büchern, und daneben das Radcliffe Camery und das Sheldonia-Theater. Und dort unten an der Ecke der Broad Street erhob sich Balliol College in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit. Das Balliol von Matthew Arnold und Gerald Manley Hopkins und Asquith. In diesen Mauern lebte der große Jowett, mit seinem buschigen weißen Haar und seiner machtvollen Stimme, die einem Studenten sagte: »Erklären Sie niemals etwas. Entschuldigen Sie sich nie.«
    Die Uhr im Turm schlug halb zwölf, und alle Glocken Oxfords stimmten ein. St. Mary The Virgin’s und Christ Churchs Großer Tom und das silberne Geläut vom Magdalen College, weit unten auf der High Street.
    Oxford. Und ich war da. In der »Stadt der verlorenen Gefechte«, wo der »letzte Widerhall des Mittelalters« [24] noch in der Luft schwang.
    »›Diese liebliche Stadt mit ihren träumenden Türmen‹«, [25] sagte ich und wurde beinahe von einem pferdelosen Gefährt gerammt.
    »Weg da!« sagte Terence, packte meinen Arm und zog mich fort. »Diese Dinger sind eine absolute Zumutung.« Er schaute dem Gefährt sehnsüchtig hinterher. »In diesem Gewühl finden wir niemals eine Droschke. Am besten, wir gehen gleich zu Fuß.« Sprach’s und stürzte sich kopfüber in ein Gewühl von abgekämpft aussehenden Frauen mit Schürzen und Einkaufskörben, wobei er »Tschuldigung«, murmelte und sich mit dem Proviantkorb an den Hut tippte.
    Ich folgte ihm den Kornmarkt hinunter, durch das Gewühl und an Geschäften und Gemüsehändlern vorbei. Im Schaufenster eines Hutmachers sah ich mein Spiegelbild und blieb wie angewurzelt stehen. Eine Frau mit einem Korb voller Kohlköpfe prallte auf mich und umrundete mich dann murrend, aber ich beachtete sie kaum.
    Im Labor hatte es keine Spiegel gegeben, und ich war mir nur halb der Sachen bewußt gewesen, die Miss Warder mir angezogen hatte. Ich hatte ja keine Ahnung gehabt. Im Schaufenster sah ich das perfekte Abbild eines victorianischen Gentleman, der eine Bootsfahrt vorhatte. Mein steifer Kragen, mein schmucker Blazer, die weißen Flanellhosen. Und oben drauf der Strohhut. Für manche Moden muß man einfach geschaffen sein, und ich war offenbar für diesen Hut geboren. Er war aus dünnem Stroh mit einer blauen Hutschnur und verlieh mir ein forsches, schneidiges Aussehen, das zusammen mit dem

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