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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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nehmen und wieder zu dieser Stelle auf die Bahngleise zurückgehen. Falls ich sie wiederfand. Ich hätte sie mit einem Tuch markieren sollen.
    Oder sollte ich zum Fluß gehen? Oder mit einem Boot irgendwohin fahren, um diese Person zu treffen? Ich schloß ganz fest die Augen. Dunworthy hatte etwas vom Jesus College gesagt. Nein, er hatte mit Finch über die Vorbereitungen gesprochen. Er hatte gesagt: »Ich erkläre Ihnen jetzt Ihren Auftrag« und dann etwas über den Fluß und über Crocket und Disraeli und… Ich preßte die Augen ganz fest zu und versuchte, die Erinnerung herbeizuzwingen.
    »Hör mal«, sagte eine Stimme, »es tut mir leid, wenn ich störe, aber…«
    Ich öffnete die Augen. Es war der junge Mann, der das Treffen mit den ältlichen Wittfrauen versäumt hatte.
    »Hör mal«, sagte er wieder, »du willst nicht zufällig etwas auf dem Fluß unternehmen, oder? Sicher doch, wenn ich dich so ansehe, Strohhut, Blazer, Flanell, so wirst du ja kaum zu einer Hinrichtung gehen, was? Und in Oxford selbst ist um diese Jahreszeit nichts los. Als hätte Ockhams Skalpell gewütet, [13] wie Professor Peddick sagen würde. Was ich damit meine, ist, ob du schon Pläne hast, mit Freunden wegzufahren oder zu einer Hausparty zu gehen oder so etwas oder ob du allein etwas unternehmen willst?«
    »Ich…« sagte ich und überlegte, ob er eventuell doch mein Kontaktmann und diese Ansprache so etwas wie ein Geheimcode war.
    »Hör mal«, sagte er, »ich habe das alles falsch angefangen. Wir haben uns ja nicht einmal richtig miteinander bekannt gemacht.« Er nahm seinen Strohhut in die linke Hand und streckte die rechte aus. »Terence St. Trewes.«
    Ich schüttelte seine Hand. »Ned Henry«, sagte ich.
    »Von welchem College bist du?«
    Ich versuchte mich gerade zu erinnern, ob Dunworthy jemanden mit dem Namen Terence St. Trewes erwähnt hatte, und die Frage, so nebenbei gestellt, traf mich völlig überraschend.
    »Balliol«, sagte ich und hoffte auf gut Glück, daß er zum Brasenose College oder zu Keble [14] ging.
    »Ahnte ich’s doch«, sagte er erfreut. »Einen von Balliol erkennt man immer auf den ersten Blick. Das macht der Einfluß von Jowett. Wer ist dein Tutor?«
    Wer war 1888 in Balliol gewesen? Jowett, aber er hatte keine Schüler gehabt. Ruskin? Nein, er lehrte in Christ Church. Ellis? »Ich war dieses Jahr krank«, sagte ich, entschlossen, auf Nummer sicher zu gehen. »Ich fange erst im Herbst wieder an.«
    »Und in der Zwischenzeit hat dir dein Arzt eine Bootsfahrt vorgeschlagen, damit du dich erholst. Frische Luft, Leibesübungen, Ruhe und das ganze Blabla. Und Ruhe, die des Gram’s Gespenst entwirrt.« [15]
    »Ja, genau«, erwiderte ich, verwundert, daß er diesen Satz sagte. Vielleicht war er doch mein Kontaktmann?
    »Mein Arzt schickte mich heute morgen hierher«, sagte ich, für den Fall, daß er es wirklich war und nur auf ein Zeichen von mir wartete. »Von Coventry.«
    »Coventry?« sagte er. »Dort liegt doch Thomas Beckett begraben, nicht wahr? ›Befreit mich denn keiner von diesem elenden Pfaffen‹?« [16]
    »Nein«, sagte ich. »Das ist Canterbury.«
    »Aber da gab es doch auch etwas mit Coventry.« Sein Gesicht erhellte sich. »Lady Godiva«, sagte er. »Und Peeping Tom.« [17]
    Nein, er war nicht mein Kontaktmann. Trotzdem war es nett, in einer Zeit zu sein, wo dies die einzigen Assoziationen mit Coventry waren und nicht die an zerstörte Kathedralen und Lady Schrapnell.
    »Die Sache ist so«, sagte Terence und setzte sich zu mir auf die Bank, »daß Cyril und ich heute morgen einen Bootsausflug machen wollten. Das Boot war bereits gemietet, und wir hatten einen Noinscher dafür hinterlegt und bereits alle unsere Sachen gepackt, als Professorchen mich fragte, ob ich vielleicht seine greise Verwandtschaft abholen könnte, weil er dringend noch etwas über die Schlacht von Salamis schreiben mußte. Na ja, so ’nen Gefallen kann man seinem Tutor ja schlecht abschlagen, selbst wenn man eigentlich keine Zeit hat, und mein Vater wäre auch nicht begeistert davon gewesen, also ließ ich Cyril an der Follybrücke zurück, um auf unsere Sachen aufzupassen und sicherzugehen, daß Jabez nicht wieder einmal das Boot anderweitig vermietet, was nicht das erste Mal gewesen wäre, ob Deposit oder nicht. Ich merkte schon, daß ich spät dran war, also nahm ich mir vom Pembroke Square aus eine Droschke. Das Geld, was ich dafür bezahlt habe, war eigentlich der Rest für das Boot, aber ich dachte, die greise

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