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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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Professor Peddick ist verschwunden • Souvenirs • Das Telegramm wird abgeschickt • Ein später Aufbruch
     
     
    Meine erste Nacht im victorianischen Zeitalter entsprach nicht unbedingt dem, was die Krankenschwester im Sinn gehabt hatte. Oder ich selbst. Sie gestaltete sich ein gutes Stück ungemütlicher als ich mir vorgestellt hatte und weitaus beengter.
    Ich hatte vorgehabt, Prinzessin Arjumand in den Korb zu stecken und den Deckel mit einem starken Schloß und ein paar Steinen zu versehen. Aber als ich die Katze hochhob, gefaßt auf Krallen und plötzliche Bewegungen, kuschelte sie sich gemütlich in meinen Arm. Ich trug sie zum Korb und kniete mich hin, um sie hineinzulegen. Sie schaute mich bittend an und begann zu schnurren.
    In Büchern hatte ich gelesen, daß Katzen schnurrten, aber mir darunter immer eine Art tiefes Grollen oder ein Geräusch wie weißes Rauschen vorgestellt. Dieser Ton hier hatte nichts Unfreundliches oder Elektromagnetisches an sich, und ich ertappte mich dabei, daß ich mich bei dem Tier entschuldigte. »Ich muß dich in den Korb tun«, sagte ich und streichelte es unbeholfen. »Ich kann nicht riskieren, daß du noch einmal wegläufst. Das Schicksal des Universums steht auf dem Spiel.«
    Das Schnurren verstärkte sich, und die Katze legte mit bettelnder Gebärde eine Pfote auf meine Hand. Ich trug sie wieder zum Lager zurück. »Schließlich muß sie morgen den ganzen Tag im Korb verbringen«, sagte ich zu Cyril, der sich in der Mitte der Wolldecken niedergelassen hatte. »Und ich glaube nicht, daß sie noch einmal wegläuft, jetzt, wo sie mich kennt.«
    Cyril sah nicht überzeugt drein.
    »Sie war nur ängstlich«, erklärte ich. »Jetzt ist sie ganz zahm.«
    Er senkte die Lider und hub an zu schnarchen.
    Ich setzte mich auf die Decken und zog meine nassen Schuhe aus, die Katze immer noch fest an mich gedrückt. Dann versuchte ich mich hinzulegen, was leichter gesagt war als getan. Cyril hatte sein Terrain abgesteckt und weigerte sich, zu rücken. »Mach Platz!« sagte ich und ließ die Katze mit einer Hand los, um den Hund zur Seite zu schieben. »Hunde schlafen immer am Fußende des Bettes.«
    Von dieser Regel schien Cyril indes noch nie gehört zu haben. Er rammte mir seinen Körper in den Rücken und schnarchte weiter. Ich zerrte mühsam ein Stück Decke über mich und drehte mich, die Katze im Arm, auf die Seite.
    Prinzessin Arjumand schien ebenfalls noch nie gehört zu haben, wie sich Tiere in Betten benehmen sollten. Unverzüglich wand sie sich aus meinem Arm, umrundete das Lager, tappte über Cyril hinweg, der mit einem leisen »Pfff« reagierte, und fing an, die Pfoten in mein Bein zu krallen.
    Cyril drückte und schob, bis er schließlich die ganze Unterlage mitsamt den Decken für sich allein hatte, und Prinzessin Arjumand legte sich auf quer über meinen Hals, ihr ganzes Gewicht auf meinem Adamsapfel. Cyril drückte weiter.
    Dieses kleine Drama dauerte noch keine Stunde, da fing es richtig zu regnen an, und jeder von uns probierte, unter die Decken zu kriechen, wo der Kampf um die beste Position von vorn losging. Schließlich gaben die beiden vor Erschöpfung auf und schliefen ein, nur ich lag wach und grübelte über den Regen nach und über das, was Verity sagen würde, wenn sie erfuhr, daß ich die Katze gefunden hatte.
    Wenn es nun morgen den ganzen Tag regnete und wir nicht nach Muchings End rudern konnten? Das Wetter hatte im Lauf der Geschichte schon oft die Weichen gestellt, angefangen mit dem stürmischen Wind, dem Kamikaze, der Kublai Khans Flotte zerstört hatte, als er im dreizehnten Jahrhundert in Japan einfallen wollte.
    Heftige Stürme hatten die spanische Flotte vor der britischen Küste zerschmettert, ein Orkan den Ausgang der Schlacht von Towton entschieden, dichter Nebel die Lusitania vor ein deutsches U-Boot gelenkt. Ein Tiefdruckgebiet über den Ardennen hätte den Alliierten beinahe den Sieg bei der Schlacht von Bulge im Zweiten Weltkrieg gekostet.
    Sogar gutes Wetter konnte die Geschichte beeinflussen. Der deutsche Angriff auf Coventry war erfolgreich gewesen, weil es eine sternklare kalte Vollmondnacht gewesen war.
    Ganz abgesehen von den Begleiterscheinungen des Wetters, den Krankheiten! Wenn sich nun Professor Peddick durch den Regen heute nacht eine Erkältung zuzog und deshalb morgen nach Oxford zurücktransportiert werden mußte? William Henry Harrison, Präsident der Vereinigten Staaten, hatte sich eine Erkältung geholt, als er bei seiner

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