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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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Amtseinführung im Regen stand, und war einen Monat später an Lungenentzündung gestorben. Peter der Große hatte eine Grippe bekommen, während er nach einem Schiff Ausschau hielt, und hatte binnen einer Woche das Zeitliche gesegnet. Und nicht nur Erkältungen! Nein, Heinrich der Dritte starb an der Ruhr, und als Folge davon verloren die Engländer alles, was sie bei Agincourt gewonnen hatten, und der unbesiegbare Alexander der Große wurde von der Malaria besiegt, was das Antlitz von ganz Asien veränderte. Gar nicht zu reden vom Schwarzen Tod.
    Wetter, Krankheiten, Klimaveränderungen, Bewegungen der Erdkruste – die blinden Naturgewalten von Professor Overforce waren Faktoren, welche die Geschichte beeinflußten, mochte Professor Peddick das zugeben oder nicht.
    Doch hatte auch hier, wie bei den meisten erbitterten Auseinandersetzungen, keiner der beiden Streithähne ganz unrecht. Professor Peddick und Professor Overforce waren lediglich ein Jahrhundert zu früh dran für die Chaostheorie, in der sie bequem beide Theorien hätten unterbringen können. Natürlich lenkten Naturgewalten die Geschichte, genauso aber Persönlichkeiten, Mut, Verrat und Liebe. Und Unfälle und Zufälle. Und Querschläger, Telegramme und Trinkgelder. Und Katzen.
    Aber das System war trotzdem stabil. Ich erinnerte mich dunkel, daß T. J. so etwas gesagt und Dunworthy gemeint hatte, der eventuelle Schaden der Inkonsequenz hätte sich bereits jetzt gezeigt haben müssen, was hieß, daß die Katze an ihren ursprünglichen Platz im Raumzeitgefüge zurückgebracht worden war, bevor ihr Verschwinden langfristige Konsequenzen nach sich ziehen konnte.
    Deshalb würde es nicht regnen. Bei Waterloo hatte es geregnet, was die Wege in abgrundtiefen Morast verwandelte, in dem die Artillerie steckenblieb. In Crecy hatte es ebenfalls geregnet, wodurch die Bogensehnen der Schützen durchweicht wurden. Geregnet hatte es auch in Agincourt.
    Gerade als ich über den Regen bei der Schlacht von Midway nachgrübelte, mußte ich eingeschlafen sein, denn ich erwachte plötzlich im grauen Morgendämmern. Der Regen hatte aufgehört, und die Katze war fort.
    Ich sprang auf die Füße, die nur in Socken steckten, und warf die Decken beiseite, um zu sehen, ob sie sich vielleicht darunter verbarg, wobei ich Cyril störte, der verschlafen grunzte und sich zur Seite rollte.
    »Cyril!« sagte ich. »Die Katze ist fort! Hast du gesehen, wo sie hin ist?«
    Cyril warf mir einen Blick zu, der eindeutig sagte: »Hab ich dir’s nicht gesagt?« und verkroch sich zwischen den Decken.
    »Hilf mir, sie zu suchen!« Ich riß die Decke unter ihm weg.
    »Prinzessin Arjumand?« flüsterte ich verzweifelt, während ich mit den Schnürsenkeln kämpfte. »Prinzessin Arjumand! Wo bist du?«
    Sie stelzte gelassenen Schrittes auf die Lichtung, mit den Pfoten vorsichtig das feuchte Gras berührend.
    »Wo warst du?« fragte ich. »Ich hätte dich in den Korb sperren sollen!«
    Unbeeindruckt ging sie an mir vorbei zu dem zerwühlten Lager, legte sich neben Cyril und schloß die Augen.
    Nun würde ich es nicht noch einmal darauf ankommen lassen. Ich holte die Reisetasche und packte die Hemden und die Schneckenzange aus. Dann nahm ich das Filiermesser aus dem Proviantkorb und hieb damit ein paar tiefe Schnitte in die Seiten der Tasche, wobei ich sorgfältig darauf achtete, daß sie auch das Futter durchdrangen. Daraufhin rollte ich das zu kleine Tweedjackett zu einem weichen Lager auf dem Boden der Tasche zusammen und placierte die Untertasse daneben.
    Prinzessin Arjumand blinzelte nicht einmal, als ich sie in die Reisetasche legte und die Schnallen schloß. Vielleicht litt sie wirklich, wie Verity behauptet hatte, an der Zeitkrankheit. Ich stopfte die Kleidungsstücke in das Portmanteau und rollte alle Decken zusammen bis auf die, auf der Cyril lag.
    »Erhebe dich, Cyril«, sagte ich. »Zeit, aufzustehen! Wir müssen früh los.«
    Cyril öffnete ein Auge und glubschte mich zweifelnd an.
    »Frühstück«, sagte ich und ging mit der Reisetasche zu den Überresten des Lagerfeuers am Flußufer, wo ich Holz sammelte, aufschichtete und so geschickt entzündete, als wäre ich jahrzehntelang Pfadfinder gewesen. Dann durchsuchte ich Terences Gepäck, bis ich eine Landkarte fand, und setzte mich damit neben das Feuer, um den weiteren Verlauf unserer Reise zu planen.
    Bei der Karte handelte es sich um einen Faltplan, der ausgebreitet den gesamten Lauf der Themse zeigte, den ich jedoch nicht hoffte,

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