Die Farben des Chaos
ich habe es herausgefunden.«
»Tut mir … so Leid … dass Ihr … verliert …«
Cerryl legte Myral die Hand auf die Schulter. »Es ist alles gut. Macht Euch keine Sorgen.«
»Mache mir trotzdem … Sorgen.«
Cerryl sah zur Tür, dann beugte er sich dicht an Myrals Ohr, um so leise wie möglich zu flüstern. »Man kann das Chaos-Licht abschirmen. Macht Euch keine Sorgen, alter Freund und Mentor.«
»Ja.« Ein Lächeln zog über das Gesicht des alten Magiers, als Cerryl zurückwich. Doch das Lächeln verschwand sofort wieder, als der Magier vom nächsten Hustenanfall geschüttelt wurde.
Cerryl konnte spüren, dass Myrals ganzer Körper im unsichtbaren, zornigen Rot einer Entzündung pulsierte, die mit dem Bauchfluss einherging. Einige wenige dunkle Fäden der Ordnung hielten das Chaos noch zurück. Er hatte diese Fäden vorübergehend verstärkt, aber sie hatten sich fast sofort wieder aufgelöst.
Myral hustete noch einmal, schien sich kurz aufzubäumen und sank in sich zusammen.
Vor Cerryls Augen flammten Funken des Chaos auf und der alte Magier zerfiel zu Staub. Dann schien sich sogar der Staub selbst aufzulösen.
»Vom Chaos her, zum Chaos hin«, murmelte Kinowin. »Daher kommen wir und dahin kehren wir zurück, denn niemand birgt das ewige Licht der ewigen Sonne des Chaos in sich.« Seine Stimme brach bei den letzten Worten. Dann drehte er sich um, schloss das Fenster und zog die Läden vor.
Cerryl stand langsam auf.
Nach einer Weile drehte Kinowin sich wieder zu ihm um.
»Es war am Ende zu viel Chaos in ihm«, meinte Cerryl. »Ich konnte nichts mehr für ihn tun. Ich wusste nicht, wie.«
»Ihr wisst mehr, als Ihr zugebt«, sagte Kinowin leise. »Von der Heilerin?«
»Ich habe ihr zugesehen. Ich muss es außerhalb von mir selbst tun. Das macht es schwieriger und ich konnte nichts erreichen. Wenn sie doch nur hier gewesen wäre … wenn sie nur hier gewesen wäre …«
Der Obermagier schüttelte den Kopf. »Vielleicht hätte er dann noch ein paar Tage länger gelebt, aber nicht viel länger. Auch die besten Schwarzen können den Tod nur hinausschieben. Vielleicht wird es eines Tages anders … vielleicht … aber nicht jetzt.«
»Ich habe es versucht«, fügte Cerryl hinzu. »Ich hab’s versucht.«
»Ich weiß. Was habt Ihr ihm gerade gesagt? Habt Ihr ihm endlich doch noch verraten, dass mehr in Euch steckt, als man Euch ansieht?«, fragte Kinowin.
Cerryl nickte mit brennenden Augen. »Er hat es verdient, es zu wissen …«
»Niemand sonst wird davon erfahren«, beruhigte Kinowin ihn. »Ich bin froh, dass Ihr es ihm gesagt habt.« Der ältere Magier bedeckte den weißen Staub, der Myral gewesen war, mit der schweren weißen Decke. »Ihr könnt hier nichts mehr tun; am besten geht Ihr jetzt. Lasst Euch nicht anmerken, dass Ihr um Myral trauert. Verlasst die Hallen, bis Ihr wieder ruhig seid. Jeslek und Anya würden es gegen Euch verwenden und das würde Myral nicht wollen.«
»Und was ist mit Euch?«
»Ich bin älter und bei mir ist ohnehin bekannt, dass ich ihm nahe stand. Sollen sie meine Trauer ruhig spüren.«
Cerryl sah, dass die Augen des älteren Magiers feucht wurden. Er drehte sich um. »Aber nur, weil er es so haben wollte.«
»Ich weiß.«
Cerryl tupfte sich das Gesicht ab und schaffte es irgendwie, mit unbewegter Miene durch die vordere Halle bis auf die Hauptstraße zu gelangen. Dort, in der frühen Dämmerung, wanderte er nach Norden.
D M hättest mehr Zeit mit ihm verbringen müssen. Er wusste so viel und niemand sonst hat sich um ihn gekümmert, von Kinowin und Leyladin abgesehen. Und Leyladin konnte nicht einmal hier sein. Du hättest öfter nach ihm sehen sollen. Du hast es Leyladin versprochen … aber es kam so überraschend …
Er ging die Straße entlang, ohne zu sehen, was sich um ihn herum abspielte. Nur mit den Sinnen hielt er wie üblich Ausschau, ob irgendwo Chaos oder Gefahr lauerten … Diese Angewohnheit verdankte er dem Anschlag auf ihn im letzten Jahr und den Fähigkeiten, die er beim Dienst in der Stadtwache erworben hatte.
Myral war tot … nicht einmal eine Leiche blieb von ihm zurück, nur funkelnder Staub, der sich vor seinen Augen aufgelöst hatte. Nichts blieb zurück, nichts. Ging es mit allen Weißen Magiern so?
Er wich einer Frau und einem Kind aus, ohne die beiden wirklich zu sehen, und ging weiter.
XLIX
A lle Lebewesen bestehen aus Ordnung und Chaos. So ist es seit dem Anbeginn der Zeit und so wird es immer sein.
So muss denn auch
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