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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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empfand jähe Traurigkeit. Warum hatte Tante Cat sie aufbewahrt?
    Ihre Hand verharrte über den Briefen. Einige waren mit Bändern zusammengeschnürt, andere steckten in großen braunen Umschlägen mit der Aufschrift »FANPOST«. Sie legte sie beiseite, warf einen Blick zur Tür und nahm nach kurzem Zögern den letzten Stapel Briefe heraus. Mit zitternden Fingern schnürte sie das rosarote Band auf. Catrionas Anwesenheit erfüllte plötzlich das Zimmer – fast hörte Rosa ihre warnende Stimme, die ihr verbot, hier herumzuschnüffeln.
    Sie warf die Briefe hastig wieder in die Truhe, als könne sie die mahnende Stimme in ihrem Kopf dadurch zum Schweigen bringen. Tante Cat vertraute ihr. Sie würde sehr wütend werden, wenn sie herausfände, was hier geschah. Rosa fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. Es war fast, als stehe Catriona hinter ihr. Ängstlich sah sie sich um; sie war allein, aber Catrionas Leben vor Belvedere lag überall um die Truhe herum verstreut. Als Rosas Blick auf das Ölgemälde über dem Kamin fiel, hätte sie schwören können, dass die veilchenblauen Augen sie anstarrten. Das rätselhafte Lächeln war starr, der Blick fest und vorwurfsvoll.
    Aber Rosa konnte nicht länger widerstehen; obwohl sie sich beobachtet fühlte, nahm sie die Briefe wieder heraus. Es war ein dünner Stapel, sauber adressiert. Mit unbeholfenen Fingern zupfte Rosa das Blatt aus dem einzigen Umschlag, der geöffnet worden war. Der Brief war ein paar Jahre alt, und als Rosa ihn gelesen hatte, verstand sie, warum Tante Cat geweint hatte.
    Sie kämpfte selbst mit den Tränen. Hastig ordnete sie alles wieder in die Truhe und verschloss sie. Sie schob den Schlüssel hinter die Kaminuhr, überprüfte noch einmal, ob ihre mitternächtliche Suche vielleicht irgendwelche Spuren hinterlassen hatte, und eilte auf Zehenspitzen zurück in ihr Zimmer. Sie schaute durch das Fenster hinaus in die Nacht, wo der Mond über den Himmel wanderte, und haderte noch lange mit dem, was sie da entdeckt hatte.

ACHTZEHN

    S t. Helen’s High School war eine Privatschule für die Töchter reicher Großgrundbesitzer und der Großstadtelite. Nach der Wirtschaftskrise hatten zwei unternehmungslustige alte Jungfern die einstige Prachtvilla billig gekauft und in eine Schule umgewandelt. Die Gründerinnen waren längst verstorben, aber ihr Vermächtnis lebte weiter – in neuen Gebäuden, Stallungen und Koppeln, in einer gut ausgestatteten Bibliothek und hübschen Klassenzimmern. Ein dankbarer Vater hatte eine riesige Turnhalle gestiftet, und dank der großzügigen Spenden anderer waren auch die Schlafräume komfortabel und anheimelnd. Es gab sogar ein großes Schwimmbecken, durch Sonnensegel vor der Hitze geschützt.
    Das Hauptgebäude hatte einen quadratischen Grundriss und einen weißen Säulengang auf der steinernen Freitreppe vor dem Eingang. Das Backsteingemäuer war fast verschwunden unter wildem Wein, der sich im Herbst prachtvoll rot färbte. Eine von Bäumen gesäumte, kiesbedeckte Zufahrt reichte bis an die Treppe, wo sie im Kreis um einen Springbrunnen herumführte. Als Catriona das alles vom Taxi aus sah, fühlte sie sich machtvoll an das Hotel in Atherton erinnert.
    »Was ist los?«, fragte Pat. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«
    Catriona schüttelte die Erinnerungen ab und konzentrierte sich auf andere Dinge. »Ich hoffe, ich habe alles eingepackt«, sagte sie. »Die Liste war ja endlos.«
    Pat lachte. »Wenn wir etwas vergessen haben, ist es jetzt zu spät.«
    Sie stiegen aus dem Wagen, und ein Mann kam von der Seite des Hauses her zu ihnen herüber. Er warf einen Blick auf seine Liste, lud das Gepäck auf einen kleinen Wagen und brachte es fort. Belinda und Rosa waren ungewöhnlich still, aber Catriona erinnerte sich gut an ihren ersten Tag an der Akademie und wusste, wie den beiden zumute war. Am liebsten hätte sie Rosa in den Arm genommen und wieder nach Hause gebracht. Die Schule war so groß, und hier waren so viele Menschen. Was, wenn sie sich hier nicht wohl fühlte?
    »Das wird schon werden«, sagte Pat leise. »Sieh doch, sie haben schon jemanden gefunden, den sie kennen. Sie werden nicht lange Heimweh haben.«
    Catriona beobachtete, wie die Mädchen ihre Freundinnen begrüßten und wie noch andere dazukamen. Die meisten kannte sie. »Anscheinend ist das halbe Outback hier«, stellte sie fest.
    »Da ist auf jeden Fall eine Menge Geld versammelt«, meinte Pat und deutete mit dem Kopf auf ein Auto mit

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