Die Farm am Eukalyptushain
darüber, dass Connor bei ihrer glorreichen Ehrung nicht dabei sein wollte, aber dem Jungen war im Grunde nicht klar gewesen, was es bedeutete. Und auf eine Reise nach Sydney war er sowieso nicht erpicht.
Lächelnd kehrte Catriona zum Haus zurück, um die letzten Reisevorbereitungen zu treffen. Das lange Stillsitzen bei Arien und Konzerten, bei den Reden und der endlosen höflichen Konversation auf dem anschließenden Empfang würde ihm ganz sicher keinen Spaß bereiten; zwar würde er um ihretwillen sein Bestes tun, um sich interessiert zu zeigen, doch er würde sich zu Tode langweilen und es nicht erwarten können, endlich den feinen Anzug auszuziehen und wieder in den Sattel zu steigen.
Rosa dagegen sprudelte vor Aufregung. Sie hatte ein neues Kleid und neue Schuhe bekommen, und Catriona würde ihr die Perlenkette leihen, die Velda ihr vor so vielen Jahren hinterlassen hatte. Für Rosa war es die erste offizielle Veranstaltung, und Catriona drückte die Daumen, dass sie sich gut benehmen würde.
Der große Tag begann warm und sonnig. Der Circular Quay war ringsum mit Girlanden und Lichterketten geschmückt. Auf dem Fluss wimmelte es von Booten und Schiffen aller Art. Von den Feuerlöschbooten stiegen Wasserstrahlen in hohem Bogen in die Höhe, und die größeren Schiffe ließen ihre Sirenen ertönen. An Fähren und Rundfahrtschiffen flatterten Fahnen, und schon jetzt drängten sich Tausende begeisterter Zuschauer hinter den Absperrungen, während die Royal Australian Air Force Band einen mitreißenden Marsch anstimmte.
Jubelnd und fahnenschwenkend begrüßten die Bewohner vonSydney die königliche Kavalkade, die langsam auf Bennelong Point zuhielt und am Fuße der anmutigen Treppe Halt machte. Ein roter Teppich bedeckte die Treppenstufen zum Haupteingang im Schatten eines der prachtvollen Segel, die das Dach der Oper bildeten.
Catriona stand gefasst in der Reihe der Ehrengäste; Rosa war an ihrer Seite. Die Kleine war blass, aber ihre Augen glänzten. Sie strich die Volants ihres Kleides glatt und trat von einem Fuß auf den anderen. Als Königin Elisabeth vom britischen Botschafter in das mit rotem Teppich ausgelegte Foyer geleitet wurde, riss Rosa die Augen auf. »Sie hat eine richtige Krone mit Diamanten auf«, flüsterte sie. »Schau doch, wie sie funkeln!«
»Pst«, machte Catriona, aber sie verstand, weshalb das Kind so beeindruckt war. Diadem, Halskette, Ohrringe und Brosche Ihrer Majestät blitzten feurig in der Sonne, und die Brillanten funkelten auf dem dunkelblauen Kleid. »Gleich musst du einen Knicks machen«, sagte sie leise. »Und sprich nicht, wenn sie dich nichts fragt.«
Ihre Majestät ging langsam an der Reihe der Gäste entlang, und immer wieder blieb sie stehen und ließ sich die Crème de la Crème der kulturellen Welt vorstellen – Tänzerinnen, Sänger und Musiker, Dutzende von Operndiven, aber auch den Bürgermeister von Sydney und Minister der australischen Regierung.
Catriona hielt den Atem an, als die Queen sich Rosa näherte. Das Kind verneigte sich in einem langsamen und ziemlich eleganten Knicks, wie es ihn monatelang geübt hatte. Die Königin lächelte und sagte: »Sehr schön«, und dann ging sie weiter zu Catriona.
Catriona knickste und hob den Kopf erst, als die Queen fragte, wie ihr der Ruhestand gefalle. »Sehr gut, Majestät.« Die Königin lächelte und nickte. Sie warf noch einen Blick auf Rosa, bevor sie zum Nächsten trat.
Die Reihe löste sich langsam auf, und die Königin wurde in dieExhibition Hall geleitet, wo die Ehrungen stattfinden würden. »Geh mit Clemmie«, sagte Catriona zu Rosa, als deren Freundin aus dem Gedränge der Gäste nach vorn kam. »Ich muss hier warten, bis ich aufgerufen werde.«
Rosa nickte. Dann erhob sie sich auf die Zehenspitzen und küsste sie auf die Wange. »Viel Glück, Mum«, sagte sie, und ihre Augen leuchteten vor Stolz.
Catriona sah ihr nach, als sie mit Clemmie zu ihren Plätzen ging. Sie atmete tief durch, um das nervöse Flattern in ihrem Magen zu beruhigen. Das gedämpfte Geplauder ringsum schwoll immer mehr an, und sie freute sich, so viele alte Freunde wiederzusehen, Baritone, Alt- und Sopransängerinnen, mit denen sie gearbeitet, Dirigenten, mit denen sie gestritten hatte, Intendanten und Regisseure, mit denen sie diskutiert, und Chorsängerinnen, mit denen sie die Garderobe geteilt hatte. Es gefiel ihr, die neuesten Klatschgeschichten zu hören, aber dazu war nur wenig Zeit, denn schon wurden die ersten Namen
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