Die Farm am Eukalyptushain
Catriona Summers, das hat schon was. Meinen Glückwunsch! Lässt du mich jetzt weiterschlafen? Ich ruf dich morgen früh an.«
Catriona trennte die Verbindung. Sie war aufgeregt, nervös und entzückt über die Neuigkeit – aber ihre Freude war von einer tiefen Traurigkeit getrübt. Ihre Tochter würde diesen Augenblick nicht mit ihr teilen können. Sie würde nie erfahren, wie sehr sie geliebt und vermisst wurde. Catriona nahm die Briefe, drückte sie an die Brust und brach in Tränen aus.
Rosa spähte in die Schatten, die das Mondlicht ins Zimmer warf. Irgendetwas hatte sie geweckt, aber sie wusste nicht, was es war. Hellwach lag sie da und lauschte. Wahrscheinlich ein Opossum auf dem Dach, dachte sie nach einer Weile. Aber es war ärgerlich, denn jetzt war sie wach und musste zur Toilette. Sie schlug die Decke zurück und stand auf.
Als sie die Tür öffnete, hörte sie ein Geräusch, das sie nicht sofort erkannte. Sie sah sich nach Belinda um. Ihre Freundin lag unter ihrer Bettdecke begraben und atmete tief und gleichmäßig. Auf Zehenspitzen ging Rosa zur Tür hinaus und den Korridor hinunter. Durch die offene Wohnzimmertür fiel Licht. Von dort war das Geräusch gekommen.
Sie schlich sich an der Wand entlang und warf einen verstohlenen Blick ins Zimmer. Was sie da sah, erschreckte sie. Fast hätte sie aufgeschrien und wäre ins Zimmer gestürzt, um Catriona zu trösten – aber etwas an der Art, wie sie weinte, ließ Rosa innehalten. Die Tränen strömten ihr über das Gesicht, aber sie gab kaum einen Laut von sich; sie drückte ein paar Briefe an sich und wiegte sich vor und zurück, als seien sie etwas, was sie beschützen müsse. Was hatte das zu bedeuten? Rosa biss sich auf die Lippe. Sie durfte hier nicht sein. Durfte nicht spionieren. Aber sie konnte sich nicht von der Stelle rühren, denn sie war fasziniert von dem, was Catriona nun tat.
Die alte Blechtruhe stand neben dem Schreibtisch, seit sie in dieses Haus gezogen waren. Es war eine Schatztruhe voller Kleider, Schuhe und Handschuhe, und Catriona hatte ihr und Belinda schon erlaubt, die Sachen anzuprobieren. Auch Programme waren in der Truhe, Notenblätter, Fanbriefe und Fotos von Catriona in den Rollen, die sie gesungen hatte. Rosa hatte niemals allein an die Truhe gehen dürfen, und jetzt verstand sie, warum. Hier hielt Catriona ihre privatesten Dinge verborgen.
An dem Schatten hinter der Tür erkannte Rosa, dass Catriona die Truhe aufschloss und die Briefe sorgfältig ganz unten hineinlegte. Und mit angehaltenem Atem sah sie, wie der Schlüssel dann hinter der großen Uhr auf dem Kamin versteckt wurde. Dann musste sie sich schleunigst zurück in ihr Zimmer flüchten, denn Catriona drehte sich um und kam auf die Tür zu. Rosa sprang in ihr Bett, zog die Decke über sich und stellte sich schlafend, aber sie hatte Herzklopfen, und es fiel ihr schwer, leise zu atmen. Sie hörte Catrionas Schritte im Korridor, hörte, wie sie vor der Tür, die sie nicht mehr hatte schließen können, innehielten. Es war lange still, und sie war sicher, dass Catriona sie ertappt hatte, aber dann wurde die Tür leise geschlossen, und die Schritte entfernten sich in Richtung Küche.
Rosa war zu aufgeregt, um wieder einzuschlafen. Doch die Zeit dehnte sich endlos, während sie darauf wartete, dass Catriona ins Bett ging. Belinda schlief immer noch, und Rosa hatte gute Lust, sie zu wecken. Sie teilten alles miteinander, und dies war ein richtiges Geheimnis. Sie wollte ihrer Freundin einen Stoß geben, aber dann ließ sie es doch bleiben. Es war Catrionas Privatangelegenheit, und ihr Geheimnis musste gehütet werden.
Leise stand sie wieder auf und öffnete die Tür. In Catrionas Schlafzimmer brannte kein Licht mehr, aber am besten wartete sie noch ein Weilchen, um sicherzugehen, dass Catriona wirklich schlief. Sie war ein bisschen ängstlich, denn wenn Tante Cat sie dabei ertappte, wie sie sich an ihrer Truhe zu schaffen machte, würde es wirklich ein Donnerwetter geben. Aber in ihre Angst mischte sich eine Portion Abenteuerlust. Schnell ging sie zur Toilette, und dann kehrte sie in ihr Bett zurück und wartete.
Die Zeit verging langsam, und als die Uhr im Flur elf schlug, entschied Rosa, dass Catriona jetzt eingeschlafen sein musste. Auf Zehenspitzen schlich sie durch den Flur und legte ein Ohr an die Schlafzimmertür. Sie hörte gleichmäßiges Atmen. Mit pochendem Herzen und zugeschnürter Kehle schlich sie ins Wohnzimmer und stieg auf einen Stuhl, um den
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