Die Farm am Eukalyptushain
Unterlagen. Catriona hatte Belvedere vor zehn Jahren auf Rosa und ihren Bruder überschrieben, um die Erbschaftssteuer zu sparen. »Wissen die beiden, dass ihnen die Farm gehört?«, fragte sie.
Catriona schüttelte den Kopf. »Mein Steuerberater hat es mir empfohlen, aber das brauchen sie erst zu wissen, wenn ich tot bin.«
Harriet las die restlichen Papiere durch. Mit großen Augen nahm sie die lange Liste von Immobilien, Aktien und Wertpapieren zur Kenntnis, die Catriona in ihrem Portefeuille hatte, und ihre Augen wurden noch größer, als sie die Aufzählung der Juwelenschätze sah, die sie zusammengetragen hatte. »Ich hoffe, dieser Schmuck ist irgendwo an einem sicheren Ort«, flüsterte sie. »Das ist ja ein Vermögen.«
»Das meiste liegt in einem Banksafe in Sydney. Da müsste ein Bestätigungsschreiben der Bank dabei sein, in dem steht, dass dieser Schmuck treuhänderisch für Rosas und Connors Kinder aufbewahrt wird – falls sie jemals welche bekommen sollten. Und die Gemälde befinden sich als Dauerleihgaben in der Victorian Art Gallery in Melbourne.«
Harriet blickte sie bewundernd an. Catriona war eine kluge und erfindungsreiche Frau. Sie hatte ihre Angelegenheiten tadellos geordnet; an den klebrigen Händen des Finanzamts würde nur wenig hängen bleiben. Das letzte Dokument war das Testament, und Harriet las es schnell. Es war vor zwanzig Jahren verfasst und von zwei Vorstandsmitgliedern einer bekannten Bank per Unterschrift bezeugt worden. Es gab nur einen einzigen Zusatz, der fünf Jahre später angefügt worden war. Sie las ihn, las ihn noch einmal, las ihn ein drittes Mal. Sie sah Catriona an. »Dieser Zusatz«, begann sie. Ihre Stimme war heiser, und ihre Hände zitterten. »Bist du sicher …?«
Catriona wedelte ihre Zweifel beiseite. »Du bist wie eine Tochter für mich, Harriet. Und wenn ich dir eine Kleinigkeit hinterlassen möchte, dann werde ich es auch tun.«
»Drei Apartmenthäuser sind keine Kleinigkeit«, protestierte Harriet. »Jedes einzelne muss mehr als eine Million Dollar wert sein.«
DREIUNDZWANZIG
C atriona machte sich über ihr Frühstück her und aß den ganzen Teller leer. Als sie fertig war, trank sie den Tee aus und trug das Geschirr in die Küche. »Ich gehe jetzt zu Billys Frau hinüber. Sie und ein paar andere Frauen müssen hier beim Frühjahrsputz helfen, damit alles sauber ist, bevor die Horden hier einfallen.« Harriet und Rosa wollten ihre Hilfe anbieten, aber sie winkte ab. »Ihr habt Ferien, und wenn ich meinen Haushalt selbst nicht in Ordnung halte, weiß ich nicht, warum ihr es tun solltet.«
»Es macht uns nichts aus«, beteuerte Harriet.
»Aber mir«, erwiderte Catriona. »Geht und sucht euch eine nette Beschäftigung für den Rest des Tages. Man soll seine Jugend nicht mit Hausarbeit verschwenden.«
Sie stürmte durch die Fliegentür hinaus. Ihre Stiefelabsätze auf den Verandadielen dröhnten wie ein Trommelwirbel, und sie hörten, wie sie einem der Männer zurief, er solle sich an die Arbeit machen und nicht auf dem Hof herumlungern.
»Nachdem er sie erschaffen hatte, hat der liebe Gott die Form zerschlagen«, meinte Harriet. »Sie ist ein Einzelstück.«
»Sie ist eine Nervensäge«, brummte Rosa. »Lässt sich von niemandem helfen und ist störrisch wie ein Maulesel.« Sie zündete sich eine Zigarette an und blies eine Rauchwolke an die Decke. »Dir ist natürlich klar, dass sie gelogen hat, als sie uns von dem Liebhaber und der Erpressung erzählt hat, oder?«
»Ja«, sagte Harriet. »Sie ist dem Thema ausgewichen. Wir werden sie durch die Mangel drehen müssen, wenn wir erfahren wollen, was sie wirklich bedrückt.«
»Worum ging’s denn vorhin? Weshalb wollte sie dich sprechen?«
Harriet nagte an der Unterlippe. Catrionas Anliegen war vertraulich gewesen. »Sie wollte nur, dass ich ein paar Unterlagen durchsehe«, sagte sie schließlich.
»Was für Unterlagen?«
»Nur ihr Testament und ein paar Urkunden und solche Sachen.« Harriet zögerte. »Mach dir keine Sorgen, Rosa. Es ist alles in Ordnung.«
Rosa drückte ihre Zigarette aus. »Hoffen wir, dass es noch sehr lange dauert, bis diese Unterlagen das Tageslicht wiedersehen müssen«, sagte sie und schüttelte den Kopf, als wolle sie diese trübseligen Gedanken beiseite wischen. »Wie wär’s – wollen wir uns einen kalten Lunch einpacken und zu unserem Lieblingsplatz reiten?«
Sie arbeiteten in geselligem Schweigen, und plötzlich fing Rosa an, laut zu lachen. »Kein Wunder,
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