Die Farm am Eukalyptushain
in ihrem Luxusapartment auf und ab gegangen.
»Ich habe dir gesagt, du sollst dich nicht mit dieser Familie einlassen.« Jeanette zündete sich eine Zigarette an und sog den Rauch tief in die Lunge.
»Es war ein höllischer Schock«, sagte Harriet. »Und es wird dich freuen zu hören, dass Rosa und ich einen Riesenkrach deshalb hatten.« Sie holte tief Luft. Sie wollte sich jetzt nicht streiten. »Aber ich hatte ein Recht darauf, zu wissen, wer ich bin und woher ich komme. Das verstehst du doch, oder?«
Mit blitzenden Augen fuhr Jeanette herum. »Ein Recht!«, fauchte sie. »Und was ist mit meinem Recht, Harriet? Zählen meine Gefühle überhaupt nicht?«
»Aber natürlich, Mum.« Harriet streckte die Hand aus, aberihre Mutter ignorierte sie. »Bitte, Mum. Gib mir doch Gelegenheit, dir zu erklären, warum Grandma dich abgeben musste. Dann wirst du vielleicht einsehen, dass sie es nicht leichtfertig oder freiwillig getan hat.«
Jeanette verzog höhnisch den Mund. »Wie ich sehe, hat sie dir schon den Kopf verdreht. ›Grandma.‹ Sonst noch was?« Sie wandte sich ab und starrte aus dem Fenster auf den Circular Quay hinunter. Mit abweisend starren Schultern rauchte sie stumm ihre Zigarette.
Harriet war ratlos. Die Barriere, die Jeanette zwischen ihnen errichtet hatte, war so unüberwindlich wie die Chinesische Mauer. Aber sie musste sie durchbrechen, wenn die Beziehung zwischen ihnen überleben sollte. Sie begann zu erzählen, erst zögernd, dann immer flüssiger, je weiter sie kam. Sie wusste, dass es schmerzlich für ihre Mutter sein musste, aber dieser Augenblick durfte nicht ungenutzt verstreichen.
Jeanette schwieg die ganze Zeit und hielt die Arme fest um ihre schmale Taille geschlungen. Harriet fragte sich irgendwann, ob sie überhaupt noch zuhörte, denn sie zeigte keinerlei Reaktion, und die Anspannung in ihren Schultern löste sich nicht.
»Catriona hat ein Leben lang nach dir gesucht«, endete sie. »Und als sie dich gefunden hatte, hast du sie abgewiesen, ohne ihr die Chance zu geben, dir alles zu erklären. Sie will ihren Frieden mit dir machen, bevor es zu spät ist, Mum. Bringst du es nicht übers Herz, zu akzeptieren, was geschehen ist, und ihr zu verzeihen?«
Jeanette wandte sich vom Fenster ab. Sie war aschgrau im Gesicht, und in ihren Augen funkelten Tränen. »Es ist ein bisschen zu spät, um noch die glückliche Familie zu spielen«, sagte sie.
»Es geht doch nicht darum, dass ihr auf der Stelle eine Kuschelbeziehung miteinander beginnt«, sagte Harriet. »Das erwarte ich nicht, und ich glaube, Catriona erwartet es auch nicht. Aber ein Anruf oder ein Brief würde ihr unendlich viel bedeuten.«
Schatten wehten über Jeanettes Gesicht, und ihre Gedanken blieben hinter einer Maske der Gleichgültigkeit verborgen. »Es ist offenkundig, wem deine Zuneigung gehört«, sagte sie eisig. »Aber was kann ich nach diesem Verrat anderes erwarten?«
»Ich werde Catriona nicht aus meinem Leben verbannen, nur weil du nicht bereit bist, ihr eine Brücke zu bauen«, erwiderte Harriet. »Sie ist meine Großmutter, und ich liebe und bewundere sie.« Sie unterdrückte die aufsteigende Ungeduld und umfasste die teilnahmslosen Hände ihrer Mutter. »Aber das heißt nicht, dass ich dich nicht liebe oder schlecht von dir denke. Du bist meine Mutter. Ich werde dich immer lieben.«
»Wie kannst du das, wenn du doch eine neue Familie hast?«, fragte Jeanette. »Wenn dieses Biest dich in den Klauen hat, wirst du nichts mehr mit mir zu tun haben wollen.« Ihren grausamen Worten zum Trotz verlor Jeanette doch die Fassung. Sie ließ sich auf das weiche Sofa fallen und vergrub schluchzend das Gesicht in den Händen. »Ich kann ihr nicht verzeihen«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme. »Ich kann es einfach nicht. Und jetzt werde ich dich auch noch verlieren.«
Harriet setzte sich zu ihr, und es brach ihr das Herz, als ihre Mutter schluchzend den Kopf an ihre Schulter sinken ließ. Wie konnte sie ihr begreiflich machen, dass es so viel Grund zur Freude gab und wie leicht es war, diese Brücke zu bauen, vor der sie solche Angst hatte? In diesem Augenblick konnte sie ihre Mutter nur beruhigen, trösten und aufmuntern – diese Frau, die immer so stark und selbstsicher gewesen war.
Viel später, als der Aufruhr der Gefühle sich gelegt hatte und die Tränen getrocknet waren, schlief Jeanette erschöpft ein. Harriet küsste sie sanft auf die Wange und deckte sie mit einer leichten Decke zu, bevor sie hinausging. In
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