Die Farm am Eukalyptushain
und Hüte der Frauen leuchteten in bunten Farben. Trotz der Entfernung drangen das Lachen und die Musik bis hierher auf den Berg.
Nachdem Harriet sich satt gesehen hatte, fuhr sie langsam talwärts, und je näher sie dem Farmhaus kam, desto aufgeregter war sie. Belvedere bezauberte sie immer, aber heute war es, als liege noch ein Hauch Feenstaub über allem. Sie konnte es kaum erwarten, bei all dem dabei zu sein. Sie folgte der Piste bis zur äußerenKoppel und stellte den Wagen auf dem behelfsmäßigen Parkplatz ab. Es war mitten im Winter, aber es war trotzdem heiß; als sie Hut und Handtasche vom Sitz nahm und aus dem klimatisierten Wagen stieg, schlug die Luft ihr entgegen wie ein Hammerschlag. Sie beugte sich über den Kofferraum, um ihr Gepäck herauszunehmen, als eine vertraute Stimme sie zusammenfahren ließ.
»Sieht aus, als brauchtest du ein bisschen Hilfe. Typisch Frau – bringt alles mit bis auf das Spülbecken.«
Sie fuhr herum und lächelte erfreut. »Tom – was machst du denn hier?«
»Man hat mich eingeladen.« Sein Blick war voller Zuneigung. »Und ich konnte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, dich wiederzusehen.« Er lächelte sein entspanntes Lächeln und nahm ihre Hand. »Telefongespräche sind nichts gegen das wirkliche Leben«, sagte er leise. »Es ist schön, dich zu sehen.«
Er sieht nicht übel aus, dachte Harriet, als sie den eleganten Anzug, das frische Hemd und die Seidenkrawatte betrachtete. Röte stieg an ihrem Hals herauf und bis ins Gesicht, und die Berührung seiner Hand elektrisierte sie. »Was die Telefongespräche angeht, muss ich dir zustimmen«, sagte sie leise und mit einem plötzlichen Anfall von Schüchternheit, die so ungewohnt war, dass sie nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte. »Das wirkliche Leben ist wahrscheinlich auch billiger, wenn ich mir meine Telefonrechnung ansehe.«
»Das ist die Strafe, die wir dafür zahlen müssen, dass wir so weit voneinander entfernt wohnen«, sagte er. Sein Blick wanderte langsam über ihre Gesichtszüge, als wolle er sich alles genau einprägen.
Sie standen da und schauten einander an, ohne auf das lärmende Treiben und das Gewimmel der Gäste zu achten. Es war, als wären sie ganz allein und als brauchten sie niemanden sonst. »Ich bin so froh, dass du hier bist«, murmelte sie.
»Das bin ich auch«, sagte er. »Denn jetzt weiß ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.«
Sie legte den Kopf schräg und lachte. »Was für eine Entscheidung?«
»Ich habe den Polizeidienst quittiert.« Er hob ihren Koffer aus dem Wagen und schlug den Kofferraumdeckel zu. »In Sydney erwartet mich ein Job bei einer Sicherheitsfirma. Ich habe noch ein paar Wochen Zeit, um in Brisbane alles zu verkaufen und mir eine neue Bleibe zu suchen, aber in etwa einem Monat dürfte ich unten in deiner Nähe sein.«
Harriets Puls schlug schneller, als sie begriff, was das bedeutete. Der Tonfall ihrer Telefonate hatte sich in den letzten paar Monaten verändert, und sie hatte sich gefragt, ob sie sich nur einbildete, dass ihre Gespräche wärmer und intimer wurden, oder ob es nichts als Wunschdenken war. Jetzt sah es so aus, als empfinde er wie sie, und sie fand keine Worte für ihr Entzücken.
»Du hast doch nichts dagegen, oder?« Er sah sie besorgt an.
»Wie könnte ich etwas dagegen haben?«, fragte sie, und ihre Augen funkelten spitzbübisch. »Wenn ich Telefonkosten sparen kann, ist mir alles recht.«
Er nahm ihre Hand und legte sie in seine Armbeuge. »Dann ist es ja gut.« Er lächelte. »Jetzt komm. Catriona wartet schon den ganzen Morgen auf dich; sie wird langsam ungeduldig.«
Catriona ging mit Archie hinaus auf die hintere Veranda, um dort für ein paar Minuten Zuflucht vor dem lärmenden Treiben zu suchen. Das Haus war zu klein für so viele Leute, und es tat gut, dem Trubel für ein Weilchen zu entkommen. Sie setzte sich in den alten Korbsessel, nahm den schnurrenden Archie auf den Schoß, schloss die Augen und sprach ein kurzes, stilles Dankgebet für die Segnungen, mit denen sie in den letzten paar Monaten überschüttet worden war.
Dimitris Testament, das Tom bei einem Anwalt in Darwin aufgestöbert hatte und das sie als seine Erbin bestimmte, war für Catriona ein zweischneidiges Schwert gewesen. Die freudigeÜberraschung war getrübt durch eine tiefe Trauer darüber, dass sie an ihm gezweifelt und geglaubt hatte, er habe sie im Stich gelassen. Doch als die Monate vergingen, hatte sie erkannt, dass sein
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