Die Farm am Eukalyptushain
Outback von Queensland, und hier gab es Arbeit für jeden, der bereit war, die Hitze und die Fliegen zu ertragen und in der gnadenlosen Einsamkeit Pfähle in den Boden zu schlagen und Zäune zu reparieren. Weil es den Winter über viel geregnet hatte, war das Gras saftig und dicht und die Schafe waren fett und hatten eine prächtige Wolle. Nun, im Hochsommer, wurden sie geschoren, und viele Mäuler waren zu füttern. Velda und Catriona übernahmen es, in den vier Wochen, die die Scherer auf dem Anwesen verbringen würden, die riesige Küche zu leiten.
Das Farmhaus war ein lang gestrecktes, flaches Gebäude im Schatten von Bäumen. Die Küche lag neben den Scherbaracken, und die Luft über dem Wellblechdach flimmerte im Hitzedunst. Aus den Baracken drang unaufhörlich Lärm: Schafe blökten,Männer fluchten, und das wütende Summen der elektrischen Scheren dröhnte in der drückenden Hitze. Unbarmherzige Fliegenschwärme hingen wie Wolken in der Luft, und auch nach Sonnenuntergang blieb es so heiß, dass man kaum schlafen konnte.
Catrionas Welt bestand aus Bergen von Kartoffeln und Gemüse, die für den Kochtopf geschält, geputzt und geschnitten werden mussten. Wenn sie damit nicht beschäftigt war, half sie beim Abwaschen. Zwischen den eisernen Gerätschaften der Küche herrschte sengende Hitze, und die Herde glühten von früh bis spät. Drei tägliche Mahlzeiten für über hundert Männer – das war eine Aufgabe, die Veldas Kräfte fast überstieg, aber trotz der langen Arbeitstage in der zermürbenden Hitze überstanden sie den Monat.
»Ihr wart gut«, sagte der Farmer, als er ihnen den Lohn auszahlte. »Bestimmt wollt ihr nächstes Jahr wiederkommen?«
Catriona sah ihre Mutter an, die blass und zerzaust und von den höllischen Temperaturen in der Küche ausgelaugt war. Velda schüttelte den Kopf. »Wir werden wohl nicht wieder in diese Gegend kommen«, sagte sie leise und wandte sich ab. Als sie außer Hörweite waren, nahm sie Catriona bei der Hand. »Ich habe das Gefühl, als wäre ich aus dem Gefängnis entlassen worden«, sagte sie seufzend. »Es muss doch eine leichtere Art geben, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, oder?«
»Wir haben genug Geld, um uns eine Weile über Wasser zu halten«, sagte Catriona.
Velda gab Declan ihren Lohn. »Bewache dieses Geld mit deinem Leben«, knurrte sie. »Ich will so etwas nie wieder tun.«
Langsam rumpelte der Wagen nordwärts, und die Schwüle nahm weiter zu. Noch die leichteste Kleidung hing schwer am Leib und war nach kurzer Zeit nass geschwitzt. Stechende Insekten hinterließen ihre Male an den bloßen Armen und Beinen, und Wolken von Fliegen umschwärmten die Gesichter. Nachts lastetedie Hitze auf ihnen wie eine feuchte Wolldecke, die dicken, hässlichen Aga-Kröten lärmten unablässig, und immer wieder rissen grelle Blitze und dumpfes Donnergrollen sie aus einem unruhigen Schlaf.
Das wellige Grasland blieb hinter ihnen zurück, und sie zogen durch sattgrüne Zuckerrohrfelder, die von den Bergen mit ihren violetten Gipfeln fast bis zum funkelnden Streifen des Meeres am Horizont reichten. Das Zuckerrohr stand mehr als mannshoch in geordneten Reihen, die im heißen Wind wogten. Mit Schauder betrachtete Catriona die verrosteten Gleise der Zuckerbahn nach Bundaberg und zu den qualmenden Schloten der Raffinerien. Das Land hier im Norden erschien ihr wie ein undurchdringlicher Dschungel, finster und unerbittlich und voll von unsichtbaren Raubtieren, die nur darauf warteten, über jeden herzufallen, der nicht auf der Hut war.
Die Männer machten sich auf den Weg zur Raffinerie, wo sie sich nach Arbeit erkundigen wollten, während Velda und Catriona an den menschenleeren Meeresrand wanderten. Flache Dünen reichten bis an den Strand. Der Duft von Kiefern und Eukalyptus überlagerte den süßlichen Geruch des Rauchs, der aus den Schloten der Raffinerie aufstieg, und stachlige Grasbüschel, die im Sand ihr Dasein fristeten, raschelten hier und da im Wind.
Catriona stand staunend auf einer Düne. Das Meer dehnte sich funkelnd vor ihr, ein leuchtendes, klares Blau, wie sie es noch nie gesehen hatte. Boote glitten auf und ab über schäumende Wellen, ihre Segel strahlten im Sonnenschein. Aber was ihr den Atem raubte, war die endlose Weite. In ihren kühnsten Träumen hatte sie sich so etwas nicht vorgestellt. Sie und Velda streiften die Schuhe ab und rannten jauchzend durch den warmen, weichen Sand und auf die Wellen zu, die sich am Ufer brachen.
»Das Wasser
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