Die Farm am Eukalyptushain
einem Taschentuch. »Er wird mir schrecklich fehlen.«
»Oje«, seufzte er. »So sieht’s also aus.«
»Wie meinen Sie das?«
Er nahm ihr das Taschentuch aus der Hand und wischte ihr sanft die Tränen ab, die immer noch über ihre Wangen rollten. »Die erste Liebe ist immer die schwerste«, sagte er leise.
Sie sah ihn erstaunt an. »Ich liebe ihn nicht. Er ist ein Freund, ein sehr lieber Freund. Ich kann nicht fassen, dass er so dumm war, auf die alte Propaganda und Kriegsverherrlichung hereinzufallen.«
Er startete den Motor nicht, sondern lehnte sich zurück und sah sie an.
»Was ist denn?« Allmählich wurde ihr unbehaglich.
»Ich frage mich, was du wohl für mich empfindest«, sagte er.
Catriona errötete unter seinem prüfenden Blick. Sie betete ihn an. Er war ihr Mentor, ihr väterlicher Freund. Seine dunklen Augen und seine irische Mundart erinnerten sie an ihren Dad, und auch wenn er zwanzig Jahre älter als sie war, konnte sie sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. »Ich glaube, das wissen Sie«, flüsterte sie.
Er strich mit dem Finger über die Konturen ihrer Wangenknochen und hinunter zu dem Grübchen an ihrem Kinn. »Ich liebe dich, seit ich dich in dieser lächerlichen Cocktailbar das erste Mal gesehen habe. Damals warst du schön – aber jetzt bist du eine unvergleichlich wunderbare Frau.«
Ihr war, als ertrinke sie in seinen Augen.
»Willst du mich heiraten, Catriona?«
»Da musst du Mam fragen«, flüsterte sie.
Er warf den Kopf zurück und lachte laut. »Natürlich«, sagte er dann. »Ich habe vergessen, wie jung du noch bist.« Er wurde wieder ernst. »Du wirkst weit über deine Jahre hinaus reif, und doch bist du manchmal wie ein Kind. Bist du sicher, dass du einen alten Mann wie mich heiraten kannst, Kitty? Ich werde bald vierzig, und ich bin nicht der Gesündeste. Du könntest unter allen Männern Australiens wählen –«
Sie legte ihm einen Finger an den Mund und brachte ihn zum Schweigen. »Dann wähle ich dich«, sagte sie leise.
Er drückte sie an sich und küsste sie, und sie erwiderte den Kuss. Diesem Mann würde sie bereitwillig ihr Leben anvertrauen, ihre Karriere – ihr Herz.
Velda gab ihre Einwilligung, und sie heirateten in der katholischen Kirche in der Macquarie Street. Catrionas Brautkleid war ein zarter Traum aus Seide und Spitze, und sie trug einen Strauß von blassgelben Rosen. Aber für Flitterwochen war keine Zeit; ihr dicht gedrängtes Auftrittsprogramm ließ sie nicht zu, und Peter musste mit einem anderen Klienten nach Melbourne. Trotzdem war Catriona so glücklich und zufrieden wie seit Jahren nicht mehr. Sie hatten ja noch ein ganzes gemeinsames Leben vor sich, und bald, sehr bald, würde sie anfangen, nach ihrem Kind zu suchen.
Der Gedanke an das Kind, das sie weggegeben hatte, war der einzige Schatten über ihrem Leben. Sie hätte Peter schon längst davon erzählen sollen; eigentlich hätte sie es tun müssen, als er ihr den Heiratsantrag machte. Aber immer wieder war ihr der Augenblick für ein solches Geständnis unpassend erschienen, und insgeheim vermutete sie, dass sie aus Angst vor seiner Reaktion geschwiegen hatte. Jetzt, nach sechs Monaten glücklicher Ehe, nahm sie sich vor, es ihm zu sagen. Sie würde Mut dazu brauchen, aber sie vertraute auf Peters Liebe zu ihr. Sicher würde er sie verstehen.
Ihre Mietwohnung lag im Erdgeschoss einer eleganten viktorianischen Villa am Rande des Hyde Park, nur einen Katzensprung vom Einkaufsviertel Sydneys entfernt. Die Zimmer waren groß und hoch, und die Sonne schien durch Erkerfenster herein. Catriona hatte es großen Spaß bereitet, Vorhänge und Möbel zu kaufen. Sie war glücklich. Ihre Karriere blühte auf, ihre Ehe war erfolgreich, ihr Mann ein sanfter und geduldiger Liebhaber. Eswar, als verstehe er ihre Angst, obwohl sie niemals davon gesprochen hatte. Er ging behutsam mit ihr um.
Eilig lief sie jetzt von der Probe nach Hause, um sich umzuziehen und ein besonders gutes Abendessen vorzubereiten. Peters Agentur war gewachsen, und er genoss einen ausgezeichneten Ruf, denn er vertrat einige der besten Künstler Australiens. Auch ihre Karriere kam zusehends in Schwung, und sie fühlte sich selbstbewusst genug, um auszusprechen, was sie auf dem Herzen hatte. Es war an der Zeit, Peter von ihrem Kind zu erzählen.
»Es wird schon gut gehen«, sagte sie sich, während sie den Tisch deckte und Kerzen anzündete. »Peter liebt mich. Er wird mich verstehen, und er wird mir helfen, meine Tochter
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