Die Farm am Eukalyptushain
tosenden Beifall. »Wie fühlt man sich als Star?«
»Wunderbar«, hauchte sie. Sie schaute ins Publikum und sah, dass ihre Mutter neben Peter in der vordersten Reihe saß. Velda hatte die Hände fest vor der schmalen Brust verschränkt, und sie hatte Tränen in den Augen. Ihr stolzer Gesichtsausdruck sagte mehr als aller Applaus, und auch Catriona spürte, dass ihr die Tränen kamen, denn ohne Veldas Entschlossenheit und deren standhaften Glauben an sie wäre sie niemals so weit gekommen.
In den Monaten vor Catrionas achtzehntem Geburtstag hatten Kriegsgerüchte die Runde gemacht. Wenige Wochen später brachder Krieg in Europa aus. In der Akademie schwirrten immer neue Nachrichten durch die Flure, das Radio lief unaufhörlich, und es ging immer um das Vorrücken der Deutschen und die Rolle, die Australien zu spielen haben würde.
Sie sah, wie eifrig die Jungen den Nachrichten aus Europa lauschten. Sie redeten davon, in den Krieg zu ziehen, zum Militär zu gehen und der Welt zu zeigen, dass Australien ein Land voll tapferer junger Männer sei, die immer bereit seien, für eine gerechte Sache zu kämpfen. Catriona hörte ihnen zu und wagte nicht, ihren Abscheu gegen solche Unterhaltungen auszusprechen. Ihr Dad hatte ihr vom Großen Krieg und von den Blutbädern auf den Schlachtfeldern in Frankreich erzählt. Wie konnte jemand bei etwas so Furchtbarem dabei sein wollen?
»Sie sind noch so jung«, sagte sie an diesem Abend zu Peter. Sie und Velda hatten sich mit ihm zu einem späten Abendessen in einem schicken Restaurant südlich der Sydney Town Hall getroffen. »Bobby ist anscheinend entschlossen, die Musik an den Nagel zu hängen und Soldat zu werden. Ich kann ihn nicht davon abbringen.«
»Er ist ein junger Mann.« Peter legte Messer und Gabel aus der Hand. »Wenn ich nicht so schwach auf der Brust wäre, würde ich auch gehen.« Die beiden sahen ihn überrascht an. »Ich hatte als Kind eine Rippenfellentzündung. Die kleinste Erkältung setzt sich in die Lunge, und ich liege tagelang im Bett.«
»Gott sei Dank«, sagte Catriona leise. »Ich könnte es nicht ertragen, nicht nur Bobby, sondern auch noch Sie zu verlieren.«
Er sah sie nachdenklich an. »Dieser junge Mann scheint dich sehr zu beschäftigen. Ich hoffe, zwischen euch beiden ist nichts Ernstes. Du stehst vor einer großartigen Karriere, und für solchen Unsinn hast du keine Zeit.«
Catriona wurde rot. Am Abend ihres triumphalen ersten Auftritts hatte Bobby sie geküsst. Es war ein milder Abend gewesen; sie hatten draußen vor dem Akademietheater gestanden und dieSterne betrachtet. Sein Kuss hatte sie nicht überrascht – er legte es schon seit einer Ewigkeit darauf an –, aber es hatte sie angenehm berührt, wie zart er gewesen war, wie zögernd. Trotzdem war sie behutsam zurückgewichen, als er sie an sich drücken wollte; für diese Art von Intimität war sie noch nicht wieder bereit.
»Catriona würde nichts tun, was ihrer Karriere schaden könnte.« Velda schob ihren Teller von sich. »Sie hat zu schwer und zu lange dafür gearbeitet. Wir beide haben es getan.«
In Catrionas Ohren klang es wie eine verschleierte Drohung, eine Erinnerung an die Opfer, die sie beide gebracht hatten, um so weit zu kommen. Die warme Luft im Restaurant war plötzlich bedrückend und erstickte die Freude, die ihr der angenehme Abend bereitet hatte. Der Gedanke an ihr Kind machte Catriona zielstrebig, denn wenn sie sich als Sängerin etabliert hätte, würde sie mit der Suche beginnen können. Aber ihr war klar, dass bis dahin noch Jahre vergehen konnten.
Catriona bestand ihr Examen an der Akademie mit Auszeichnung, und Peter stellte ein komplettes Konzertprogramm für sie auf die Beine. Eine internationale Karriere war ihr versperrt, solange in Europa der Krieg wütete, aber er war entschlossen, einstweilen in Australien zu erreichen, was erreichbar war. Es gab keine Theater, die Raum für eine vollständige Operninszenierung boten, und abgesehen von der Town Hall in Sydney und dem Konservatorium waren nur Konzertsäle und Kirchen groß genug für einen Soloauftritt.
Catriona war zutiefst betrübt, als Bobby zum Militär ging. Sie hatte an diesem Morgen ihre Probe ausfallen lassen, damit sie ihm zum Abschied auf dem Bahnsteig zuwinken konnte. Peter fand sie in Tränen aufgelöst. Er legte ihr den Arm um die Schultern, als sie zum Auto zurückgingen. »Er wird wiederkommen«, sagte er.
»Aber er ist mein Freund«, schluchzte sie und betupfte ihr Gesicht mit
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