Die Farm am Eukalyptushain
durchgeschlagen.«
»Und dann?« Catriona hatte Mühe, sich vorzustellen, was für ein Leben das gewesen sein musste – ohne Unterstützung, ohne Familie.
»Ich bin den ganzen Krieg hindurch und noch länger in der Fabrik geblieben, bis Ellen alt genug war, um selbst zu arbeiten. Sie ist ein gutes Mädchen, fleißig und geschickt mit den Händen. Sie hat eine gute Anstellung bei einer Modedesignerin gefunden und ist prima vorangekommen – bis die Geschichte sich wiederholte.« Sie runzelte die Stirn.
Catriona seufzte. Das alles klang nur allzu vertraut.
»Ellen hat Michael kennen gelernt und ist schwanger geworden. Aber wenigstens hat er sie geheiratet.« Sie zog eine Grimasse. »Nicht, dass ihr das etwas gebracht hätte. Er ist ein Mistkerl.«
»Das tut mir leid, Poppy.« Catriona seufzte. »Anscheinend hast du es wirklich schwer gehabt.«
»Ja«, sagte sie knapp. »War schwer, aber du kennst mich ja. Nicht aufgeben, das ist mein Motto.«
Catriona hörte die tapferen Worte, sah die Sprödigkeit in dem entschlossenen Lächeln und die Tränen in den Augen, die das heimliche Herzweh ahnen ließen. Poppy wahrte offensichtlich mit Mühe ihren Stolz, und jedes Angebot, ihr zu helfen, würde sie als Almosen zurückweisen. Trotzdem wollte Catriona ihr helfen – ja, sie musste es tun. Poppy war ihre beste Freundin gewesen. »Ist Ellen hier in Sydney?«
Poppy nickte. »Sie hat eine Wohnung unten in King’s Cross, mit ihm und dem Kind. Ist ’ne raue Gegend, Kitty. Nicht besonders gut für ein Kind. Aber mit dem, was er als Schankkellner im Pub verdient, können sie sich was anderes nicht leisten.« Ihr zaghaftes Lächeln reichte nicht bis zu den Augen. »Das meiste von dem, was in den Fässern ist, trinkt er wahrscheinlich selbst. Und wenn er getrunken hat, ist man besser nicht in seiner Nähe.«
»Heißt das, er ist gewalttätig?« Catriona umfasste Poppys Hand. »Sag mir, was ich tun kann, um dir zu helfen.«
»O Gott.« Poppy seufzte. »Bin ich so leicht zu durchschauen?« Als Catriona nicht antwortete, zog sie sanft ihre Hand zurück und griff nach der leeren Tasse. »Ich muss sie da rausholen«, sagte sie leise. »Sonst bringt er sie eines Tages um, das weiß ich.«
Catrionas erster Gedanke war, einen Scheck auszustellen – doch sie wusste, dass Poppys Stolz, so ramponiert er auch sein mochte, ihr nicht erlauben würde, ihn anzunehmen. Und sie wusste auch, dass ein so kaltblütiger Akt ihr selbst keine Befriedigung bringen würde. Poppy brauchte mehr als nur Geld. Sie brauchte Frieden und ein eigenes Heim, brauchte die Gewissheit, dass sie und ihre kleine Familie gut aufgehoben waren.
Schweigend saßen sie da, während der Kellner ihnen frischen Tee brachte. Catriona überlegte fieberhaft. Eine Idee keimte in ihrem Kopf. Als der Kellner gegangen war und Poppy einen belebenden Schluck von dem heißen, duftenden Getränk genommen hatte, fasste sie diese Idee in Worte. »Erinnerst du dich, wie wir durch Drum Creek gereist sind, Poppy? Da muss ich neun oder zehn gewesen sein. Ich habe mich in eine Farm unten im Tal verliebt.«
»Ja. Deine Mam war nicht sehr beeindruckt, das weiß ich noch. Du hast dauernd davon geredet, wie es wäre, das Leben auf der Landstraße aufzugeben und dort unten zu wohnen. Was ist damit?«
»Ich habe sie vor sechs Monaten gekauft.« Sie lächelte, als Poppy große Augen machte und das alte Funkeln zurückkehrte. »Ich hatte noch keine Gelegenheit, wieder hinzufahren und mir alles anzusehen – aber ich erinnere mich daran, als wäre ich erst gestern da gewesen.«
»Ein bisschen riskant, so ein großes Anwesen zu kaufen, ohne einen Blick draufzuwerfen«, meinte Poppy. »Wenn du nicht vorhast, da zu leben, wie willst du es dann führen?«
»Ich habe einen Verwalter eingestellt«, sagte Catriona. »Er ist erfahren und hat ausgezeichnete Referenzen. Er wird es führen, bis er sich zur Ruhe setzt, und dann bin ich wahrscheinlich selbst Rentnerin und kann mich niederlassen.« Sie rührte in ihrem Tee und trank einen kleinen Schluck, und dabei überlegte sie, wie sie ihre Idee formulieren könnte, damit Poppy sie nicht sofort vom Tisch wischte. »Da ist eine Menge Land«, sagte sie. »Das Farmhaus selbst ist wahrscheinlich renovierungsbedürftig, wenn es stimmt, was der Agent geschrieben hat, aber die Nebengebäude sind gut – Schlafbaracke, Kochhaus und die üblichen Scheunen und Schuppen. Am Rand des Geländes, auf dem Weg zur Stadt, steht ein kleines Haus mit einem Garten. Der
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