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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Kapseln sehen. Bislang hatten Sonne, Boden und Regen zusammengearbeitet. Pappy allerdings machte sich Sorgen wegen schrecklicher Regenfälle, die der Bauernkalender vorhersagte.
    »Wir haben letztes Jahr schon eins sechzig gekriegt«, sagte Mr Spruill.
    Lohnverhandlungen interessierten mich nicht, deswegen ging ich den Mittelstreifen entlang, um den Anhänger zu inspizieren. Die Reifen des Anhängers waren noch glatter als die des Pick-ups. Einer war halb platt. Es war gut, dass ihre Reise bald zu Ende war.
    In einer Ecke des Anhängers, die Ellenbogen auf die Seitenklappen gestützt, saß ein überaus hübsches Mädchen. Sie hatte dunkles Haar, das streng nach hinten gebunden war, und große braune Augen. Sie war jünger als meine Mutter, aber wesentlich älter als ich. Ich konnte nicht anders, ich musste sie anstarren.
    »Wie heißt du?«, fragte sie.
    »Luke«, sagte ich und trat nach einem Stein. Sofort brannten meine Backen. »Und du?«
    »Tally. Wie alt bist du?«
    »Sieben. Und du?«
    »Siebzehn.«
    »Wie lange seid ihr unterwegs?«
    »Anderthalb Tage.«
    Sie war barfuß, und ihr Kleid war schmutzig und sehr eng - eng bis zu den Knien. Es war das erste Mal, dass ich ein Mädchen wirklich musterte. Sie beobachtete mich und lächelte wissend.
    Auf einer Kiste neben ihr saß ein kleiner Junge, den Rücken mir zugewandt. Er drehte sich langsam um und sah mich an, als wäre ich nicht da. Er harte grüne Augen und eine hohe Stirn, auf die feuchte schwarze Haare fielen. Sein linker Arm schien zu nichts zu gebrauchen zu sein.
    »Das ist Trot«, sagte sie. »Er ist nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Freut mich, Trot«, sagte ich, aber er blickte weg. Er tat so, als hätte er mich nicht gehört.
    »Wie alt ist er?«, fragte ich sie.
    »Zwölf. Er ist ein Krüppel.«
    Trot wandte sich unvermittelt von mir ab, sein linker Arm hing leblos herunter. Mein Freund Dewayne behauptete, dass Leute aus den Bergen ihre Cousins und Cousinen heirateten und deswegen gäbe es so viele Behinderte in ihren Familien.
    Tally jedoch schien vollkommen. Sie blickte nachdenklich über die Baumwollfelder, und ich bewunderte erneut ihr schmutziges Kleid.
    Ich wusste, dass sich mein Großvater und Mr Spruill geeinigt hatten, denn Mr Spruill ließ den Motor an. Ich ging an dem Mann auf der Heckklappe vorbei, der kurz aufwachte, aber immer noch auf die Straße starrte, und stellte mich neben Pappy. »Neun Meilen geradeaus, an einer abgebrannten Scheune nach links, dann sechs Meilen zum St. Francis River.
    Wir sind die erste Farm nach dem Fluss auf der linken Seite.«
    »Tief gelegenes Land?«, fragte Mr Spruill, als würde er in einen Sumpf geschickt.
    »Teilweise, aber es ist gutes Land.«
    Mr Spruill blickte noch einmal zu seiner Frau, dann wandte er sich wieder uns zu. »Wo sollen wir unser Lager aufschlagen?«
    »Es gibt eine schattige Stelle hinter dem Haus, gleich neben dem Silo. Das ist der beste Platz.«
    Wir sahen ihnen nach, das Getriebe krachte, die Reifen eierten, Kisten, Schachteln und Töpfe hüpften herum.
    »Du magst sie nicht, oder?«, fragte ich.
    »Sie sind gute Leute. Sie sind nur anders.«
    »Wir haben Glück, dass wir sie gefunden haben, oder?«
    »Ja, das haben wir.«
    Je mehr Helfer wir hatten, umso weniger Baumwolle müsste ich pflücken. Während der nächsten zwei Monate würde ich bei Sonnenaufgang auf die Felder gehen, mir einen Sack über die Schulter schlingen und einen Augenblick auf eine endlose Reihe Baumwolle starren, die Sträucher höher als ich, dann würde ich mich hineinstürzen und wäre nicht mehr zu sehen.
    Und ich würde Baumwolle pflücken, die flaumigen Kapseln in gleichmäßigem Tempo von den Zweigen reißen, sie in den schweren Sack stopfen und mich davor fürchten, die Reihe entlang zu blicken und daran erinnert zu werden, wie endlos lang sie war, und ich hätte Angst davor, langsamer zu werden, weil jemand es bemerken würde. Meine Finger würden bluten, mein Nacken wäre verbrannt, mein Rücken würde schmerzen.
    Ja, ich wollte jede Menge Hilfe auf den Feldern. Jede Menge Leute aus den Bergen, jede Menge Mexikaner.

    W enn die Baumwolle wartete, verlor mein Großvater leicht die Geduld. Zwar fuhr er nach wie vor mit der gebotenen Geschwindigkeit, aber dass auf den Feldern entlang der Straße bereits gepflückt wurde und auf unseren nicht, raubte ihm die Ruhe. Unsere Mexikaner waren zwei Tage überfällig. Wieder parkten wir vor dem Laden von Pop und Pearl, und ich begleitete ihn in den Tea Shoppe, wo

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