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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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des Jahres staubte, und Pappy tuckerte dahin, damit die Mexikaner nicht erstickten.
    »Was ist das?«, fragte ich.

    »Sieht aus wie ein Zelt«, sagte Pappy.
    Es stand nahe der Straße, im Hof vor dem Haus, unter einer großen Sumpfeiche, die hundert Jahre alt war, gleich neben der Stelle, wo das Schlagmal hingehörte. Als wir uns dem Briefkasten näherten, wurden wir noch langsamer. Die Spruills hatten die Hälfte unseres Hofs mit Beschlag belegt. Das große Zelt war schmutzig weiß mit einem spitzen Dach und wurde von grob geschnitzten Pflöcken und Metallstangen gehalten.
    Zwei Seiten des Zelts standen offen, und ich sah Schachteln und Decken auf dem Boden. Und ich sah Tally, die im Zelt schlief.
    Ihr Pick-up stand daneben, eine Art Leinwand war über die Ladefläche gespannt und mit Stahlbändern, mit denen auch die Baumwollballen zusammengezurrt wurden, in der Erde verankert, sodass der Wagen nur fahren konnte, wenn er zuerst losgebunden wurde. Der alte Anhänger war teilweise entladen worden, Schachteln und Säcke lagen verstreut im Gras, als hätte ein Wirbelsturm gewütet.
    Mrs Spruill schürte ein Feuer, deswegen hatten wir Rauch gesehen. Aus irgendeinem Grund hatte sie dafür eine nahezu unbewachsene Stelle gewählt, auf der Pappy oder mein Vater jeden Nachmittag in die Knie gingen, um meine schnell geworfenen geraden oder meine Kurvenballe zu fangen. Am liebsten hätte ich geheult. Das würde ich Mrs Spruill nie verzeihen.
    »Du hast ihnen doch gesagt, dass sie das Zelt hinten neben dem Silo aufstellen sollen«, sagte ich.
    »Stimmt«, erwiderte Pappy. Er fuhr nur noch Schritttempo, als er auf unser Haus zusteuerte. Der Silo befand sich hinter dem Haus, in der Nähe der Scheune, in ausreichender Entfernung.
    Die Leute aus den Bergen hatten immer dort kampiert - nie vor dem Haus.
    Er parkte unter einer anderen großen Sumpfeiche, die laut meiner Großmutter erst siebzig Jahre alt war. Es war der kleinste der drei Bäume, die für unser Haus und den Hof Schatten spendeten. Wir parkten nahe dem Haus, in den trockenen Furchen, in denen Pappy seit Jahrzehnten den Pick-up abstellte. Sowohl meine Mutter als auch meine Großmutter erwarteten uns auf der Treppe vor der Küche.
    Ruth, meiner Großmutter, missfiel es, dass die Leute aus den Bergen den Hof vor dem Haus besetzt hatten. Pappy und ich wussten das, noch bevor wir ausgestiegen waren. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt.
    Meine Mutter wollte unbedingt die Mexikaner sehen und mich nach ihren Transportbedingungen ausfragen. Sie sah zu, wie sie aus dem Pick-up sprangen, während sie auf mich zuging und meine Schulter drückte.
    »Zehn«, sagte sie.
    »Ja, Ma’am.«
    Gran fing Pappy vor dem Pick-up ab und sagte ruhig, aber streng: »Warum kampieren diese Leute im Hof vor dem Haus?«
    »Ich habe ihnen gesagt, sie sollen ihr Zelt neben dem Silo aufstellen«, sagte Pappy, der nie klein beigab, nicht einmal bei seiner Frau. »Ich weiß nicht, warum sie sich für diesen Platz entschieden haben.«
    »Kannst du sie bitten, umzuziehen?«
    »Kann ich nicht. Wenn sie packen, werden sie abreisen. Du weißt doch, wie diese Leute sind.«
    Und damit war Grans Frage beantwortet. Sie würden nicht vor mir und zehn Mexikanern streiten. Sie ging zurück ins Haus und schüttelte missbilligend den Kopf. Pappy war es wirklich einerlei, wo die Leute kampierten. Sie schienen kräftig zu sein und willens zu arbeiten, und nur das zählte.
    Ich vermutete, dass auch Gran nicht ernsthaft verärgert war.
    Die Baumwollernte war so entscheidend, dass wir aneinander gekettete Strafgefangene aufgenommen hätten, wenn sie am Tag durchschnittlich dreihundert Pfund Baumwolle pflücken würden.
    Die Mexikaner folgten Pappy zur Scheune, die von der Hintertreppe genau einhundertsieben Meter entfernt war. An den Hühnerställen, an der Wasserpumpe, der Wäscheleine und dem Geräteschuppen und an einem Zuckerahorn vorbei, der sich im Oktober hellrot verfärben würde. Mein Vater hatte mir im letzten Januar dabei geholfen, die genaue Entfernung zu messen. Mir kam es wie eine Meile vor. Vom Schlagmal zur linken Begrenzung des Felds in Sportsman’s Park, wo die Cardinais spielten, waren es genau einhundertsechs Meter, und jedes Mal, wenn Stan Musial einen Homerun schaffte, setzte ich mich am nächsten Tag auf die Treppe und wunderte mich über die Entfernung. Mitte Juli hatte er gegen die Braves einen Ball hundertzwanzig Meter weit geschlagen. Pappy hatte gesagt: »Er hat ihn über die Scheune

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