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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schob er sich hinauf in seine Stube, fuhr in das bekannte Nachthabit und legte sich schlafen.
    »Papa,« rief am anderen Morgen Anna, »steh’ auf; die Stube ist warm!«
    Er stand auf und trat zum Kalender.
    »Wer regiert heute? Ah, der heilige Vollrad; das ist ein guter Kerl, und ich kann meine Milch ohne Sorgen trinken. Heute komme ich nicht aus dem Hause, und da möchte ich wissen, wie mir der Kleisterfranz seine Nase drehen will!«
    Er trat in die Stube. Die Tochter war nicht allein, denn Sophie hatte sich schon vorsorglich eingefunden.
    »Wo ist meine Milch?«
    »Ich habe keine, Papa!«
    »Warum nicht, he? Hast du gemolken, Sophie?«
    »Nein, ich kann nicht.«
    »Weshalb nicht? Giebt die Ziege etwa nichts?«
    »Nein, denn die Ziege ist – ist – ist ja ein Bock!«
    »Ein B– was, ein Bock? Heiliger Lucifer! Bist Du verrückt?«
    »Nein, Herr Stadtrath; aber Sie haben einen Bock gekauft. Wo soll da die Milch herkommen?«
    »Ja, Papa, ich habe mich überzeugt, es ist ein Bock!«
    »Ein Bock? Meine Ziege, die ich angesehen, eigenhändig untersucht, gekauft und nach Hause geschleppt habe, ein Bock? Ihr habt alle Beide den Verstand verloren! Hinunter in den Stall, rasch, sofort; ich werde Euch lehren, eine Ziege für einen Bock zu halten!«
    Hier galt keine Einrede. Er schritt, mit seinen ewigen Beinen mehrere Stufen zugleich nehmend, voran, riß die Stallthür auf und sah hinein.
    »Nun, da steht sie ja, ganz wie ich sie gekauft und – Sapperl–!«
    Das Wort blieb ihm stecken. Die schmale Linie unter seiner vor Schreck kreideweißen Riesennase spaltete sich zu einem Loche, als wolle er den Bock sammt dem ganzen Stalle verschlingen.
    »Wahrhaftig, ein – ein B– ein Bock! Da ist – da ist der erste October schuld, an dem der Teufel vom Him–«
    Er warf die Stallthür zu, daß es krachte, und sprang die Treppe hinauf, als komme der vom Himmel geworfene Gottseibeiuns hinter ihm dreingesaust.
    Als Anna nach einiger Zeit in seine Stube blickte, sah sie die Spitze der Nachtmütze unter der weit emporgezogenen Bettdecke hervorragen. Der Schreck hatte ihn vollständig überwältigt und in die Federn getrieben.
    Dort lag er bis zur Abenddämmerung, ohne zu essen, zu trinken und ein Wort hören zu lassen. Dann rappelte er sich auf und kam in die Wohnstube. Er hatte seine Ruhe wiedergewonnen und sich das Ereigniß zurechtgelegt.
    »Warum hat die Sophie nicht gleich gestern Abends etwas gesagt?« fragte er Anna.
    »Sie hat das Thier ja gar nicht ansehen können, so bösartig ist es gewesen. Du nimmst die Mütze? Wo willst Du hin?«
    »Nach Meinsdorf. Ich schaffe den Racker wieder hinaus und muß mein Geld zurückbekommen!«
    Sie ließ ihn ruhig gehen. Er hatte den lächelnden Zug, welcher um ihren Mund lag, nicht bemerkt, und kaum war er mit dem Bocke durch die Gartenpforte verschwunden, so verließ Sophie eilig das Haus, um eine Botschaft ihrer jungen Herrin auszurichten. Als er an die Wiesenschenke kam, stand der Wirth unter der Thür.
    »Herr Stadtrath, schon wieder? Wo hinaus?«
    »Heda, sehen Sie sich einmal hier das Viehzeug an! Was ist’s, eine Ziege oder ein Bock?«
    »Hm, ein Bock natürlich! Aber ich denke –«
    »Kommen Sie herein; ich muß Ihnen etwas ganz Außerordentliches erzählen!«
    Er hing den Bock an den Zaun und trat hinein. Sofort kam eine Gestalt um die Zaunecke und bewerkstelligte eine zweite Umwechselung. Als er wieder aus dem Hause trat und die Ziege abband, bat der Wirth:
    »Sprechen Sie auf dem Rückwege wieder vor, Herr Stadtrath. Ich muß wissen, was der Richter zu der Sache sagen wird!«
    Er versprach es und machte sich mit dem vermeintlichen Ziegenbocke von dannen. In Meinsdorf angekommen, zog er das Thier in den Hof de Richters, welcher ihm erstaunt entgegenkam.
    »Was ist denn das, Herr Hampel? Warum bringen Sie die Ziege wieder?«
    »Warum –? Die Ziege –? Seht sie Euch doch einmal an! Ist das eine Ziege, he?«
    Der Mann nahm einer Magd die Stalllaterne aus der Hand, um besser zu sehen.
    »Nun, was denn sonst? Oder soll es vielleicht ein Kameel oder Trampelthier sein?«
    »So? Da guckt doch her! Ist das etwa –« Jetzt riß er den Mund noch weiter auf als heute Morgen, hatte sich aber sofort wieder gefaßt, nahm den Strick rasch auf und war im nächsten Augenblicke mit sammt der Ziege zum Thore hinaus. Erst draußen vor dem Dorfe hielt er inne.
    »Tausendsapperlot, ist das ein Abenteuer! Ja, der heilige Vollrad ist ein guter Kerl; er macht stets wieder gut, was am ersten

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