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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ortes gewöhnlich das endgiltige Wort auszusprechen pflegte, und so ging es gar nicht anders, er mußte sich entschuldigen.
    Die Gäste waren schon alle beisammen; auch Holfert saß an seinem gewohnten Platze.
    »Was, Herr Stadtrath,« meinte der Wirth, »gestiefelt und gespornt! Wo soll denn die Reise hingehen?«
    »Nach Meinsdorf zum Richter. Ich will mir eine Ziege holen. Meine Angora hat sich heute Nacht gehängt.«
    »Die Angora? Gehängt?« Alles lachte. »Aus welchem Grunde denn? Doch aus unglücklicher Liebe!«
    »Jedenfalls! Ich denke mir, sie ist von einem gewissen Buchbinder und Galanteristen angesteckt worden, der seit gestern den Contagius dazu bei sich führt.«
    »Contagium, das Contagium heißt es, Herr Stadtrath!« meinte Holfert, erzürnt über den Hieb, der gegen ihn gerichtet war.
    »Halte Er den Schnabel, und stecke Er Seine Nase lieber in die Grammatik, wo Er sich über den Contagius belehren kann! Ich habe drei Jahrgänge lang das Seminar besucht und den Vertrieb der homöopathischen Hausapotheke des Doctor Nollenheim übernommen und spreche also ein Latein, vor dem sich Seine Kleisterpinselei verkriechen muß.«
    Der alte Herr hegte eine außerordentliche Abneigung gegen den Buchbinder, und das hatte seinen Grund. Alle Welt wußte, daß er das Seminar verlassen hatte, weil seine Begabung nicht hinreichend gewesen war. Holfert hatte die Universität besuchen sollen, aber leider davon absehen müssen, weil mit dem Tode des Vaters ihm die nöthigen Mittel entzogen waren. Nun lag sich die Gelehrsamkeit der beiden Männer in den Haaren, und es hatte hier am Stammtische schon manche heiße Schlacht gegeben, aus welcher Holfert stets als Sieger hervorgegangen war.
    »Warum aber gehst Du denn selbst nach Meinsdorf?« fragte Einer der Anwesenden, der einem etwaigen Streite zuvorkommen wollte. »Du konntest doch Jemanden schicken!«
    »Brauche keinen Makler, der mich über die Ohren haut; bin selber Manns genug, mir eine Ziege zu holen. Wirth, einen Pommeranzen! Früh Ziegenmilch und Abends einige rothe Pommeranzen; merkt Euch das, Ihr Leute; dann ist man sicher vor jeder Krankheit, oder
tutum a morbis,
wie wir Lateiner sagen!«
    »
Tutus a morbo
heißt es, Herr Stadtrath!«
    »Ruhig soll Er sein, Er – Er – Er ist ja selbst ganz
titus amorphium,
und was Seine Klugheit anbelangt, so meckerte meine Angora zehnmal gescheiter als Er. Was hat Er denn auf dem Gymnasium gethan, he? Tag und Nacht gebüffelt, um nur das kleine Einmaleins zu lernen; aber ein flotter Bursche, wie Unsereiner war, pah! Was habe ich nicht als Schüler für herrliche Streiche und Abenteuer ausgeführt! Ich könnte ganze Nächte lang davon erzählen, und Er – Er hat’s zu keinem einzigen gebracht. Wenigstens habe ich noch nie davon gehört!«
    »Streiche? Hm, Herr Stadtrath, Ihretwegen besucht man nicht die Schule; aber ich könnte Ihnen wohl auch so einiges Hübsche erzählen und warne Sie, den Teufel ja nicht an die Wand zu malen, sonst –
lupus in fabula
– könnte ich vielleicht gerade Ihnen einmal beweisen, daß ich –«
    »Er –? Mir –? Er wäre der Rechte! Erstens heißt es nicht
lupus in fabula,
sondern
lupa in famulus,
Er Sprachverderber, und zweitens möchte ich Den sehen, der mich zum Narren halten könnte. Er aber am allerwenigsten!«
    »Hoppsa, Herr Stadtrath! Was gilt die Wette, daß ich Ihnen eine Nase drehe, wie Sie gar keine noch gesehen haben?«
    »Bei Ihm rappelt’s! Aber weil Er es wagt, mit mir anzubinden, so soll Er sich blamiren und Seine Strafe haben. Was hat Er Lust, zu setzen?«
    »Ich setze mein ganzes Hab und Gut gegen die Anna. Topp?«
    »Gegen die Anna? Warum gerade die? Mein Mädchen ist tausendmal mehr werth, als alle Seine Siebensachen!«
    »Aha, wird es Ihnen Angst?«
    »Angst? Sapperlot, das bilde Er sich ja nicht ein! Da will ich Ihm doch gerade beweisen, daß ich mich vor Ihm nicht fürchte. Ich nehme Seine Wette an. Also höre Er: Wir treffen uns morgen Abend wieder hier. Wenn Er bis dahin Seine Nase fertig hat, so bekommt Er das Mädchen, sonst aber gehört Sein Geschäft und Alles, was Er hat, mir, und Er kann sich darauf verlassen, daß ich mir den Gewinn schon übermorgen nehme. Schlägt Er ein?«
    »Ja. Topp!«
    »Topp! Das Mädchen bekommt Er nicht, das weiß ich ganz genau, und ich freue mich nur, daß Er mir endlich einmal die richtige Gelegenheit giebt, Ihm das große Maul zu stopfen. Ich werde Ihm lehren, mit dem Kohlenwerksbesitzer, Hausapotheker und Stadtrath Hampel

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