Die Fastnachtsnarren. Humoresken
Wind geht über die Stoppeln. Und wenn das arme Herz dabei – – –«
»Brrrrr!« unterbrach er sie plötzlich, indem er aus der Rauchwolke hervor-und auf sie zutrat. »Ich will Sie bestoppeln, daß Ihr armes Herz auch mit dem Winde geht! Wird Sie nun endlich einmal den Kaffee auf den Tisch setzen und darnach sich zum Kukuk scheeren, Sie alte Wimmerliese?«
Sofort stand das Service, welches sie hereingebracht hatte, an seinem Platze, und im nächsten Augenblicke war sie verschwunden. Der Prinz rauchte die Pfeife vollends leer, legte sie dann bei Seite und ließ sich nieder, um das Frühstück zu beginnen. Kaum aber hatte er den ersten Schluck Kaffee genommen, so zog er mit einer höchst überraschten Miene die Tasse vom Munde, prüfte ihren Inhalt mit dem Auge und kostete dann mit immer mehr sich zusammenziehenden Brauen die auf dem Brette stehende Milch. Als hätte er Rhabarber oder Aloë genossen, sprudelte er die wenigen Tropfen, welche seine Zunge berührt hatten, wieder von sich und rief mit dröhnender Stimme, zugleich die Glocke in Bewegung setzend:
»Heinz!«
Im Augenblicke öffnete sich der Eingang, und der Gerufene erschien. Er war Leibdiener und Mann für Alles bei dem Prinzen, hatte mit demselben die Befreiungskriege mitgemacht und dabei das rechte Bein verloren. Als einfaches Dorfkind geboren und erzogen, hatte er in seinen jetzigen Dienst keine der äußeren Eigenschaften mitgebracht, welche mit der Livree gewöhnlich in Verbindung zu stehen pflegen; dagegen besaß er einen inneren Werth, welcher ihn seinem Herrn lieb und unentbehrlich gemacht hatte, so daß er sich gegen denselben Dinge erlauben durfte, die ein Anderer ungestraft niemals hätte wagen können. Ein einziges Mal während seiner ganzen langen Domestikenzeit nur war es ihm in den Sinn gekommen, daß er als Diener eines so hohen Herrn doch eigentlich sich etwas mehr Exterieur aneignen müsse, und er hatte sich vorgenommen, sich weiter auszubilden und zunächst bei der Sprache anzufangen. Aber das war so unglücklich abgelaufen, daß er sofort auf alle Fortbildung verzichtet hatte. Er war nämlich in eine so heillose, sprachliche Verwirrung hineingerathen, daß es ihm trotz aller Anstrengung niemals gelingen wollte, sich wieder heraus zu finden. Und dieser Umstand war der Grund, daß er von Jedermann nie anders als der »Confusionsheinrich« genannt wurde.
»Heinz!« rief der Prinz noch einmal, indem er sich erhob.
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Koste einmal!« befahl der Zornige, indem er auf die Milch deutete.
»Ja wie so denn, Dorchlaucht?«
»Kosten sollst Du, habe ich Dir befohlen!«
»Ach so! Also trotzdem werde ich es machen!«
Mit der Rechten das Gefäß ergreifend, schob er mit der Linken den struppigen, graumelirten Schnurrbart in die Höhe und goß sich einen guten Theil des Inhaltes in den weit geöffneten Mund. Dann kniff er die Augen zusammen, zog die Brauen in die Höhe und machte eine so furchtbar nachdenkliche Miene, als müsse er bei Todesstrafe binnen jetzt und fünf Minuten das Perpetuum mobile erfinden.
»Nun?« frug der Prinz.
»Ja, nun! Das ist Milch, Dorchlaucht!«
»Heinz, Du bist ein Esel!«
»Sapperlot, Dorchlaucht, das leide ich nicht, obwohl ich nichts von dem Esel weiß und dessen ungeachtet auch ein Kerl bin, dem der Wind um die Nase gepfiffen hat. Das war dazumal Anno Vierzehn, als Sie mit mir in Frankreich standen und ich hatte mein Bein noch. Wir lagen bei einer jungen Wittwe in Quartier, die theils ganz verteufelt hübsch war, sondern auch ein Auge auf mich geworfen hatte. Eines Tages nun stehe ich an der Hausthür und putze insofern mein Lederzeug; da kommt plötzlich ein – – –«
»Heinz!« unterbrach ihn der Prinz.
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Koste noch einmal!«
Heinrich that es und legte sein Gesicht wieder in die vorige, nachdenkliche Miene.
»Nun?«
»Ja, nun! Es bleibt Milch, Dorchlaucht!«
»Heinz, Du bist ein Esel!«
»Sapperlot, Dorchlaucht, das leide ich wirklich nicht, daher ich vierzig Jahre treu und ehrlich bei Ihnen gedient habe und Sie mir dem entgegen stets auch ein guter Herr gewesen sind. Aus demselben Grunde haben wir manches schlimme Abenteuer erlebt, daher wir einander in allen Gefahren beistanden, was ich Ihnen vorhin auch beweisen wollte, als wir bei der jungen Wittfrau im Quartiere lagen. Obwohl sie nämlich ganz verteufelt hübsch war, hatte sie außerdem ein Auge auf mich geworfen, und ich stand eines Tages an der Hausthür. Ich putzte nämlich mein
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